Keine Bedenken aus der CDU Rückendeckung für Russland-Kontakte der Bahn

Als der Siemens-Chef Putin getroffen hat, war die Aufregung groß. Die Deutsche Bahn unterhält ebenfalls Kontakte nach Russland – wegen eines möglichen Großauftrags. In der Union wird das für richtig gehalten.

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Der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Bahn AG, Rüdiger Grube: Lukrativer Auftrag von Russland in Aussicht. Quelle: dpa

Berlin Der außenpolitische Sprecher der Unions-Bundestagsfraktion, Philipp Mißfelder, hat trotz des Ukraine-Konflikts keine Bedenken gegen die Pflege von Geschäftsbeziehungen deutscher Firmen mit Russland. Der CDU-Politiker verteidigte mögliche Gespräche von Bahnchef Rüdiger Grube mit der russischen Staatsbahn mit dem Hinweis, dass die EU bisher gegen Russland keine Wirtschaftssanktionen verhängt hat. „Es wäre übereilt und falsch, etwaige Sanktionen umzusetzen, die noch gar nicht beschlossen sind“, sagte Mißfelder Handelsblatt Online. „Wenn die Deutsche Bahn bereits jetzt die langfristig angelegten Verhandlungen abbricht, würde dies wohl nicht zur Deeskalation beitragen.“

Hintergrund ist ein Bericht des Handelsblatts. Demnach verhandelt der Vorstandschef der Deutschen Bahn AG seit einiger Zeit über einen lukrativen Auftrag mit Russland. Die russische Staatsbahn RZD plant den Bau einer Bahnstrecke von Moskau ins fast 800 Kilometer entfernte Kasan. Zur Fußball-WM 2018 soll das Projekt fertig sein. Baukosten: mehr als 20 Milliarden Euro. Bei RZD-Chef Wladimir Jakunin will Grube dafür werben, dass ein deutsches Konsortium aus Siemens, Deutscher Bank, Deutscher Bahn und weiteren Eisenbahnfirmen den Zuschlag erhält.

Nach Handelsblatt-Informationen aus Industriekreisen wird er in dieser Woche zwar nicht, wie ursprünglich geplant, zu Jakunin nach Moskau reisen. Das Treffen mit dem Manager, der wegen der Krim-Krise auf der Sanktionsliste der USA steht, soll in Frankreich stattfinden. Die beiden treffen sich demnach in Paris. Mit dabei: Guillaume Pepy, Chef der französischen Bahn SNCF, die auch zum Zug kommen möchte.

Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte zuletzt ebenfalls keine Bedenken gegen die Russland-Kontakte deutscher Konzerne geäußert. Merkel habe „vom Grundsatz nichts dagegen, dass diese Wirtschaftskontakte aufrechterhalten werden“, hatte die stellvertretende Regierungssprecherin Christiane Wirtz Ende März erklärt. Zu einzelnen Kontakten, auch der bundeseigenen Deutschen Bahn, äußerte sich die Sprecherin damals nicht. Sie betonte, dass wirtschaftliche Investitionen auf verlässlichen Rahmenbedingungen beruhen müssten. Dazu gehöre, dass die Werteordnung eingehalten wird.

Die Bahn legte Wert auf die Feststellung, dass von Grube derzeit keine Reise nach Moskau geplant sei. Spekulationen, Grube werde sich stattdessen in Paris mit dem Präsidenten der russischen Eisenbahnen treffen, wies die Bahn zurück. Es sei „schlichtweg falsch“, dass Grube und Jakunin „in geheimer Mission“ über die Beteiligung eines deutschen Konsortiums an der geplanten Hochgeschwindigkeitsstrecke Moskau-Kasan sprechen wollten. In Paris tagt diese Woche der Weltverband der Eisenbahngesellschaften, deren Präsident Jakunin ist.


BASF-Chef kritisiert Sanktionen gegen Russland

Bei der Bilanzvorlage Ende März hatte Grube seine Russland-Reise angekündigt. Nach Angaben eines Bahnsprechers führt er regelmäßig Gespräche mit der Spitze der russischen Bahn. Wirtschaftsvertreter waren wegen ihrer Russland-Kontakte während der Krim-Krise zuletzt scharf kritisiert worden. Für Wirbel sorgt insbesondere Siemens-Chef Joe Kaeser wegen seiner Visite beim russischen Präsidenten Wladimir Putin in Moskau. Die Linksfraktionsvize Sahra Wagenknecht lobte dagegen den Besuch.

Die deutsche Wirtschaft will sich ihre Geschäfte mit Russland trotz der Krim-Krise nicht verderben lassen. Man werde die „Geschäfte mit Russland fortsetzen, solange kein Sanktionsregime dies ausdrücklich unterbindet“, sagte der Geschäftsführer des Ost-Ausschusses der deutschen Wirtschaft, Rainer Lindner, dem Handelsblatt. Denn eine Unterbrechung der Wirtschaftskontakte würde keine Lösung des Konflikts bringen, sondern auf allen Seiten - in Russland, Deutschland und der Ukraine - zu negativen Effekten und dem Verlust von Jobs führen, betonte Lindner.

Scharfe Kritik an der Sanktionspolitik des Westens kam vom Chemieriesen BASF. Dann müsse man auch eine Kosten-Nutzen-Rechnung erstellen und fragen, wer am meisten leidet. „Und man muss wissen, wie man von Sanktionen wieder herunterkommt“, sagte der Chef des weltgrößten Chemiekonzerns, Kurt Bock, der „Süddeutschen Zeitung“. Politiker oder Historiker müssten entscheiden, ob Boykott-Maßnahmen zu einem Wandel führten. „Ich habe da meine Zweifel.“ BASF erwirtschaftet derzeit etwa eine Milliarde Umsatz mit Kunden in Russland. Zudem ist der Konzern an der Erdgasförderung in Sibirien beteiligt. Der Gesamtumsatz von BASF lag 2013 bei rund 74 Milliarden Euro.

Was eine Unterbrechung von Geschäftskontakten bedeuten kann, musste bereits Rheinmetall erfahren. Der Rüstungskonzern wollte Russland für mehr als 100 Millionen Euro eine Gefechtsübungszentrale verkaufen, doch angesichts der Krise untersagte Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) den Export. Auch Autozulieferer Schaeffler, der derzeit in der Region Uljanowsk ein Werk aufbaut, oder der Handelskonzern Metro, der seine Börsenpläne in Russland verschoben hat, fürchten wirtschaftliche Schäden, sollten die Sanktionen gegen Moskau verschärft werden.

Dabei lässt sich in den kommenden Jahren in Russland gut verdienen: Von den Olympischen Winterspielen in Sotschi haben deutsche Firmen schon mit Aufträgen über 1,5 Milliarden Euro profitiert. Jetzt stehen sie Schlange, um sich am Bau der Stadien und Infrastruktur für die Fußball-WM 2018 zu beteiligen, berichten deutsche Wirtschaftsvertreter in Moskau.

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