Koalitionsverhandlungen Union und SPD streiten weiter um Versandapotheken

Die Union beharrt auf dem Verbot des Versandhandels mit rezeptpflichtigen Medikamenten und will so Apotheken zu schützen. Die SPD hält dagegen.

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GroKo-Verhandlungen: Konflikt um Versandapotheken bleibt ungelöst Quelle: dpa

Berlin Es war der Europäische Gerichtshof, der mit seiner Entscheidung, das deutsche Verbot für Versandapotheken im Ausland stelle eine verbotene Ausländerdiskriminierung dar, das deutsche Apothekenwesen auf den Kopf gestellt hat. Denn seither werben in anderen EU Ländern stationierte Versandapotheken wie DOC Morris ungeniert neue Kunden für rezeptpflichtige Medikamente mit satten Bonus-Zahlungen und Rabatten. Für deutsche Versandhändler gilt dagegen weiterhin das Rabattverbot. Sie stehen seither auf verlorenem Posten. Die mehr als 19.000 stationären Apotheken berichten in der Folge bereits von Umsatzeinbußen.

Vor allem sie wollte der noch amtierende Gesundheitsminister Hermann Gröhe retten, indem er im vergangenen Jahr in aller Eile einen Gesetzentwurf für ein Verbot des Versandhandels mit rezeptpflichtigen Medikamenten auf den Weg brachte. Damit scheiterte er allerdings am Widerstand des alten und voraussichtlich auch neuen Koalitionspartners SPD.

Bei den Koalitionsverhandlungen lebte der alte Konflikt, zunächst von der Öffentlichkeit nicht beachtet, nun wieder auf. Die Schlacht ist noch nicht geschlagen. Denn die SPD-Vertreter blieben in der zuständigen Arbeitsgruppe unerbittlich. „Um die Arzneimittelversorgung besonders in ländlichen Regionen sicherzustellen, bleibt der Versandhandel mit verschreibungspflichtigen Medikamenten gestattet“, heißt es im Abschlusspapier der Arbeitsgruppe. Zum Ausgleich sollen die Präsenzapotheken vor Ort bei drohender Unterversorgung ein erhöhtes „Beratungs- und Sicherstellungshonorar“ erhalten. Die Union hält eine „Stärkung“ der Apotheken vor Ort dagegen nur über ein Versandhandelsverbot für möglich. Immerhin machen die Apotheker im Durchschnitt 80 Prozent ihres Umsatzes mit verschreibungspflichtigen Medikamenten.

Bei den Oppositionsparteien sorgt der ungelöste Konflikt für Unverständnis. „Das Festhalten der Union am Versandverbot für verschreibungspflichtige Arzneimittel ist zu diesem Zeitpunkt nur noch absurd“, sagte die Arzneimittelexpertin der Grünen, Kordula Schulz-Asche, dem Handelsblatt. „Die Union versteht die Herausforderungen und Probleme der Gesundheitsversorgung im ländlichen Raum offensichtlich nicht. Während die Frage, wie man zum Beispiel eine wohnortnahe Geburtshilfe gewährleisten kann, im Einigungspapier völlig ungeklärt bleibt, streitet man sich seit eineinhalb Jahren wie die Kesselflicker weiter über ein unnötiges Versandhandelsverbot.“

Dabei habe nicht zuletzt das umfangreiche Gutachten des Bundeswirtschaftsministeriums eindeutig gezeigt, „dass die Probleme der Arzneimittelversorgung auf dem Land ganz woanders liegen.“ Um die Apotheke vor Ort zu stärken, müsse der Beruf aufgewertet werden, etwa dadurch, dass Apotheken am Medikationsplan für Patienten mit hohem Arzneimittelbedarf beteiligt werden. Für den ist bislang allein der Arzt zuständig. „Besonders die Union sollte sich endlich mal mit den tatsächlichen Herausforderungen der Gesundheitsversorgung auseinandersetzen, anstatt nur weiter den lautesten Interessenvertretungen hinterherzurennen“, sagte Schulz-Asche.

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