Kritik an „Foto-Ministerin“ SPD verliert Geduld mit Ursula von der Leyen

Die SPD-Spitze macht Verteidigungsministerin von der Leyen wegen der Pannen bei der Bundeswehr schwere Vorwürfe. Dabei kann sie nur bedingt etwas für die Probleme. Hinter den Attacken stecken auch andere Motive.

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Wie viel Inszenierung darf sein? Ursula von der Leyen in einer Transall auf dem Flug in den Nordirak. Quelle: ap

Berlin Eigentlich ist Thorsten Schäfer-Gümbel nicht so der Hau-Drauf-Typ. Und eigentlich soll hier Yasmin Fahimi stehen. Doch die SPD-Generalsekretärin ist krank. So spricht der SPD-Vize am Montag nach der Präsidiumsschalte im Atrium des Willy-Brandt-Hauses. Und nutzt die Chance, um kräftig wie kaum ein Sozialdemokrat zuvor gegen die Verteidigungsministerin auszuteilen. Mit der man regiert.

„Ich sehe Frau von der Leyen ständig auf Fotoreisen“, lästert der Hesse, als wäre die SPD in der Opposition. Die CDU-Politikerin rede von Tabubrüchen und Paradigmenwechseln in der deutschen Außenpolitik, mache hier einen flotten Spruch, da einen flotten Spruch.

Und dann werde bekannt, dass trotz eines Etats von rund 32 Milliarden Euro Flugzeuge am Boden bleiben müssen und Hubschrauber kaputt sind. Oder Maschinen für den Ebola-Hilfseinsatz in Afrika Probleme haben – am Montag wurde bekannt, dass eine Transall-Transportmaschine auf dem Weg in den Senegal defekt auf Gran Canaria feststeckt.

Von der Leyen brauche nicht mehr Geld, schließlich werde in diesem Jahr aus ihrem Etat rund eine Milliarde an den Bundeshaushalt zurückfließen. 2013 seien sogar 1,5 Milliarden Euro zurückgeflossen.

„Die Verteidigungsministerin muss jetzt Managementqualitäten beweisen und die Bundeswehr mit den vorhandenen Mitteln fit machen“, fordert auch SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann. Schäfer-Gümbel rät ihr, „ein bisschen weniger Fototermine zu machen und sich mehr mit dem Handwerk zu beschäftigen“.

Er ist das Sprachrohr von SPD-Chef und Vizekanzler Sigmar Gabriel, der bisher nur intern in einer Fraktionssitzung über sie gelästert hatte: Selbst wenn sie im Kopierraum ihres Ministeriums stehe, schaue sie in die Ferne und lasse sich fotografieren.


Kontrahent Steinmeier

Es scheint so, als ob die SPD nur darauf gewartet habe, auf von der Leyen loszugehen. Dafür gibt es wohl zwei Gründe: Zum einen ist da der Dualismus mit Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD), der zum Beispiel schnell einer Beteiligung an Luftschlägen gegen die Terrormiliz Islamischer Staat eine Absage erteilte – und damit von der Leyen überrumpelte. Er gibt den diplomatischen Profi, der auch von der Leyens Aussage in der „Zeit“ („Wichtiger als die Frage, ob und welche Waffe wir am Ende liefern, ist die Bereitschaft, Tabus beiseite zu legen“) nicht teilt. Es gibt hier eine CDU/SPD Konkurrenz, wer Takt und Richtung vorgibt.

Und dann ist da schon der Blick auf die Zeit nach der Ära Angela Merkel. Wenn die Bundeskanzlerin nicht noch einmal antritt, könnte sie 2016 das Amt in die Hände eines Nachfolgers legen. Oder in die von Ursula von der Leyen. Daher scheint die SPD jede Chance nutzen zu wollen, die Ministerin ein wenig zu beschädigen. Gerne wird zudem gestreut, sie sei auch bei vielen Unions-Leuten unten durch.

Der Zustand der Bundeswehr-Ausrüstung lässt sich allerdings nicht so ohne weiteres von der Leyen alleine anlasten. Dass der Verteidigungsetat 2013 nicht voll ausgeschöpft wurde, geht auf das Konto ihres Vorgängers Thomas de Maizière (CDU), der bis Dezember 2013 im Amt war. Die Kürzung der Ausgaben für Ersatzteile stammt von 2010. Damals war Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) Minister.

Allerdings muss von der Leyen sich vorwerfen lassen, dass sie auf den schlechten Zustand der Ausrüstung erst am vergangenen Freitag mit einer Krisensitzung im Ministerium reagierte. Zu dem Zeitpunkt war die Debatte über Konsequenzen schon in vollem Gang.

Von der Union bekam die Ministerin am Montag dennoch demonstrativ Unterstützung. Merkel stärkte ihr klar den Rücken. „Sie legt die Dinge auf den Tisch, sie schafft einen Überblick über die Lage, wie sie ist“, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert. Über mehr Transparenz im Rüstungsbereich wurde aber auch schon in der vergangenen Legislaturperiode im Zuge der Affäre um die Skandal-Drohne „Euro Hawk“ gesprochen - dennoch gibt es immer wieder Überraschungen.

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