Kritik an Regierungsplänen Bundesdatenschützerin fordert mehr Befugnisse

Lange gab es die Forderung nach mehr Unabhängigkeit für den obersten deutschen Datenschützer. Nun will die Regierung diesen Schritt gehen. Doch Amtsinhaberin Voßhoff ist noch nicht zufrieden. Die Opposition auch nicht.

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Die Bundesbeauftragte für Datenschutz, Andrea Voßhoff: Bisher keine Sanktionsmöglichkeit gegen Unternehmen der Post- und Telekommunikationswirtschaft. Quelle: dpa

Berlin Der Bundesdatenschutzbeauftragten Andrea Voßhoff (CDU) gehen die Gesetzespläne zur Stärkung der Unabhängigkeit ihres Amtes noch nicht weit genug. Ein weiteres wichtiges Element für eine effektive Datenschutzaufsicht sei die Erweiterung der Sanktions- und Eingriffsbefugnisse, sagte Voßhoff der Nachrichtenagentur dpa. „Die hierzu notwendigen gesetzlichen Änderungen sollten zeitnah in einem weiteren Gesetzgebungsverfahren angegangen werden.“

Die Linke kritisierte die aktuellen Regierungspläne als völlig unzureichend. Und auch die Grünen sind unzufrieden. Fraktionsvize Konstantin von Notz verlangte eine Aufstockung der Mitarbeiter in der künftig komplett unabhängig vom Innenministerium agierenden Behörde. Die Grünen unterstützten das Bestreben Voßhoffs, für ihre Bundesbehörde die einer Landesbehörde zustehenden Befugnisse zu erhalten. „Ansonsten bliebe insbesondere ihre Aufsichtszuständigkeit im Telekommunikationssektor rechtlich fragwürdig zahnlos“, sagte von Notz Handelsblatt Online.

„Doch auch weitere Punkte wie die personelle Ausstattung müssen jetzt Berücksichtigung finden“, sagte der Grünen-Politiker weiter. Von Notz begründete dies mit der Bedeutung des Datenschutzes, die sich in den vergangenen Jahren durch den technischen Fortschritt und immer neue Geschäftsmodelle im Handel mit Daten vervielfacht habe. Bundesinnenminister Thomas De Maizière (CDU) müsse daher „endlich für einen Datenschutzaufsicht auf Augenhöhe mit anderen Bundesbehörden sorgen“, betonte von Notz. „Sonst sind die Ankündigungen der schwarz-roten Bundesregierung, sich für den EU-Datenschutz einsetzen zu wollen, das Papier des Koalitionsvertrages nicht Wert, auf dem sie stehen.“ Derzeit hat das Amt knapp 90 Mitarbeiter.

Das Bundeskabinett hatte vergangene Woche eine Gesetzesänderung auf den Weg gebracht, wonach Voßhoffs Amt in Zukunft komplett unabhängig vom Innenministerium agieren soll. Bislang ist es an das Innenressort angebunden und untersteht seiner Dienstaufsicht.


Landesdatenschutzbeauftragte haben mehr Rechte

Durch die Gesetzesänderung bekommt Voßhoffs Amt den rechtlichen Status einer obersten Bundesbehörde - wie etwa der Bundesrechnungshof, der eine selbstständige und weisungsfreie externe Finanzkontrolle des Bundes betreibt. Die Datenschutzbeauftragte soll den Plänen zufolge in Zukunft ausschließlich parlamentarischer und gerichtlicher Kontrolle unterliegen.

Hintergrund für die Gesetzesänderung ist eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH). Die obersten EU-Richter hatten mehr Unabhängigkeit der deutschen Datenschutzaufsicht eingefordert. Auch Voßhoff und ihr Amtsvorgänger Peter Schaar hatten eindringlich neue Strukturen verlangt - ohne Kontrolle durch die Regierung und mit direkten Sanktionsmöglichkeiten gegenüber Telekommunikationsfirmen.

Ein Landesdatenschutzbeauftragter beispielsweise kann schon jetzt eine rechtswidrige Datenweitergabe eines Adresshändlers untersagen und mit einem Bußgeld ahnden. Die Bundesbeauftragte dagegen kann dies nicht - was sie als Manko empfindet.

Voßhoff hätte sich außerdem bei der aktuellen Änderung mehr Personal gewünscht. Aus ihrem Amt hieß es, dem erhöhten Personalbedarf, der mit der nun geplanten Umstrukturierung zur obersten Bundesbehörde einhergehe, werde im Gesetzentwurf nicht ausreichend Rechnung getragen. Der personelle Mehraufwand, der durch die nötige Herauslösung aus dem Innenressort entstehe, dürfe nicht zulasten der Facharbeit gehen.

Auch die Linke beklagte sich über die Personalsituation bei der Datenschutzaufsicht. Während das Personal bei anderen Bundesbehörden wie Verfassungsschutz oder Bundeskriminalamt um insgesamt mehr als 250 Stellen aufgestockt werde, bekomme Voßhoffs Amt nun gerade mal vier Stellen zusätzlich, sagte der stellvertretende Linksfraktionschef Jan Korte der dpa.

„Der Gesetzentwurf ist ein Zeichen der Geringschätzung und Missachtung“, kritisierte Korte. Voßhoff dürfe das nicht auf sich sitzen lassen. Die Bundesregierung habe die Chance verpasst, die Datenschutzbehörde zu stärken und sie gemäß ihren gewachsenen Aufgaben auszustatten. Korte beklagte auch, die Änderung komme viel zu spät - erst jetzt, da die EU Druck auf Deutschland gemacht habe.

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