Künast kritisiert Maas „Außer Kleinkram steht er mit leeren Händen da“

Die SPD setzte einst durch, den Verbraucherschutz vom Landwirtschafts- ins Justizministerium zu verlagern. Heiko Maas hat als zuständiger Minister einiges angeschoben. Die Grünen sprechen von einer mageren Bilanz.

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Magere Bilanz: Die Grünen lassen an der Verbraucherpolitik von Bundesminister Heiko Maas (SPD) kein gutes Haar. Quelle: AP

Berlin Die Vorsitzende des Verbraucherausschusses des Bundestages, Renate Künast (Grüne), hat Justizminister Heiko Maas (SPD) Versagen in der Verbraucherpolitik vorgeworfen. Maas habe zwar den Verbrauchern manches versprochen. „Aber gebrannt hat er für den Verbraucherschutz nicht“, sagte Künast dem Handelsblatt. „Und umgesetzt hat er so gut wie nichts. Außer Kleinkram steht er jetzt mit leeren Händen da.“ Seine Bilanz nach vier Jahren Große Koalition sei in Sachen Verbraucherpolitik „mehr als mager“.

Konkret kritisiert Künast, dass es noch immer „keine handfesten Regelungen“ gebe, um Dispozinsen zu deckeln und die Banken beim Thema Gebühren in ihre Schranken zu weisen. An dem neu eingeführten Verbandsklagerecht gegen den Missbrauch von Kundendaten durch Unternehmen im Internet bemängelt die Grünen-Politikerin „zu viele und zu hohe Hürden, um in der Praxis zu wirken“. Für größtenteils wirkungslos hält Künast zudem die Pflicht für Unternehmen sogenannte Nachhaltigkeitsberichte zu veröffentlichen. Das jetzt beschlossene Gesetz zur Umsetzung der CSR-Richtlinie lasse „viel zu viele Spielräume und gilt nur für wenige Unternehmen“.

Scharfe Kritik äußerte Künast an Maas‘ Umgang dem Abgas-Skandal. Seit Bekanntwerden der Vorwürfe gegen den Volkswagen-Konzern habe der Minister die Einführung von Musterfeststellungsklagen versprochen. Doch noch immer liege dem Parament kein Gesetzentwurf vor, „weil die Bundesregierung lieber auf Schmusekurs mit der Automobilwirtschaft geht, statt den Verbrauchern die Möglichkeit des kollektiven Klagerechts einzuräumen, wenn sie von Unternehmen hinters Licht geführt werden“.

Was Maas als abgehakt betrachtet, ist auf der Webseite des Ministeriums aufgelistet. „Versprochen. Gehalten!“ steht dort – und darunter die Projekte, die in Vorbereitung sind oder schon umgesetzt wurden, wie etwa die Mietpreisbremse, das Kleinanlegerschutzgesetz oder die von Künast kritisierte Erweiterung der Verbandsklagebefugnisse im Datenschutz.

Anders als Künast blicken Verbraucherschützer „mit einem guten Gefühl auf diese Legislaturperiode“, wie es in einem Bilanzpapier des Verbraucherzentrale Bundesverbands (VZBV) heißt, das dem Handelsblatt vorliegt. Ein „enormer Vorteil“ sei beispielsweise, dass das Verbraucherministerium ein Initiativrecht habe und selbst Gesetzentwürfe einbringen könne. Das war nicht immer so.


Erwartungen an die zukünftige Regierung

Erst mit dem Regierungswechsel 2013 wanderte der Verbraucherschutz vom Landwirtschafts- ins Justizministerium. „Die Zusammenführung der Verbraucherpolitik mit dem Recht hat den wirtschaftlichen Verbraucherschutz gestärkt“, hatte Maas kürzlich dem Handelsblatt gesagt. Der VZBV sieht in der Neuordnung der Zuständigkeiten sogar einen der „entscheidenden“ Gründe, warum „viele“ Vorhaben in den vergangenen Jahren durchgebracht worden seien.

Kritisch sieht der Chef-Verbraucherschützer Klaus Müller allerdings auch, dass es nach wie vor keine Möglichkeit der Verbraucher-Musterklage gibt. Der VZBV-Chef fordert daher, dass das neue Klageinstrument in den Wahlprogrammen und in einem späteren Koalitionsvertrag festgeschrieben werde. „Es sollte dann eines der ersten Vorhaben sein, das die neue Regierung umsetzt.“

Konkreten Handlungsbedarf sehen die Verbraucherschützer zudem bei der Gesetzlichen Krankenversicherung. „Hier fordern wir, dass Arbeitnehmer und Arbeitgeber gleichermaßen zur Finanzierung beitragen“, sagte Müller. Eine neue Bundesregierung solle außerdem konsequent gegen die drohende Vorsorgelücke vorgehen. „Für eine effiziente Altersvorsorge bedarf es eines Non-Profit-Produkts“, sagte der VZBV-Chef. „Jeder Euro, der nicht in Provisionen fließt, bedeutet für Verbraucher mehr Rendite.“

Künast, die selbst einmal Verbraucherschutzministerin war, erwartet von einer zukünftigen Regierung die Verbraucherrechte wieder ernst genommen würden. „Sie müssen der globalisierten und digitalisierten Verbraucherwelt angepasst werden und sich an den Alltagssorgen der Verbraucher in Bereichen wie Finanzen, Gesundheit, Digitales, Ernährung und Wohnen orientieren“, sagte die Grünen-Politikerin. Verbraucherpolitik regle faire Vertragsfreiheiten für den Alltag aller. Sie müsse daher zur „tragenden Säule von Gerechtigkeit“ werden, so Künast.

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