Landtagswahl im Saarland Der Spagat zwischen Sparen und Investieren

Das Saarland hängt seit langem finanziell am Tropf anderer Länder. Daran wird sich vorerst nichts ändern. Hoffnungsträger soll nach dem Ende des Kohlebergbaus unter anderem die IT-Branche sein.

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Anke Rehlinger (SPD), Wirtschaftsministerin des Saarlandes, mit einer Virtual Reality Brille. Nach dem Wegfall des Kohlebergbaus ist die IT der große Hoffnungsträger für den Wirtschaftsstandort Saar. Quelle: dpa

Saarbrücken Gleich zwei große Erfolge hat der Wirtschaftsstandort Saar zuletzt für sich verbucht: Saarbrücken erhält ein bundesweit wichtiges Forschungszentrum für IT-Sicherheit, an dem künftig rund 500 Wissenschaftler arbeiten sollen. Und der Autobauer Ford will in sein Werk in Saarlouis 600 Millionen Euro investieren. Auch die Arbeitslosigkeit ist leicht gesunken – unter anderem w egen der guten konjunkturellen Lage. Die Arbeitslosenquote lag im Februar bei 7,2 Prozent und damit einen halben Punkt unter dem Vorjahreswert. Alles gut also in der saarländischen Wirtschaft?

Bei genauerem Hinsehen zeigen sich Probleme. In einer Analyse kommt die Industrie- und Handelskammer (IHK) Saarland zu dem Ergebnis, dass sich die Wirtschaft an der Saar in den vergangenen Jahren eher verhalten entwickelte. Beim Abbau der Arbeitslosigkeit, der Schaffung neuer Jobs und dem Wachstumstempo hinke das Saarland zwischen 2006 und 2015 im Bundesvergleich hinterher.

Egal, wie die Landtagswahl am Sonntag (26.3.) ausgeht – eines steht laut IHK schon jetzt fest: „Die neue Landesregierung übernimmt kein leichtes Erbe.“ IHK-Hauptgeschäftsführer Heino Klingen mahnt in der Untersuchung als wichtigste Aufgabe die Modernisierung der Infrastruktur an, „damit das Saarland im Wettbewerb der Regionen nicht abgehängt wird“. Erschwert werde dies aber von den chronisch leeren Kassen und der Pflicht, auf die Schuldenbremse zu treten.

Politiker an der Saar betonen nimmermüde, dass die Eigenständigkeit des Bundeslandes bewahrt werden soll - und dazu ist es wichtig, die Verschuldung in den Griff zu bekommen. Die Chancen dafür sind da: Das Saarland zählt zu den Gewinnern bei der Neuordnung der Bund-Länder-Finanzen. Rund 500 Millionen Euro pro Jahr soll das kleinste deutsche Flächenland ab 2020 erhalten, davon jährlich alleine 400 Millionen Euro Sanierungshilfen des Bundes.

Für Regierungschefin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) ist das zwar „keine Garantie, dass alles gut wird, aber eine einzigartige Zukunftschance“, wie sie vor kurzem sagte. Am Sparkurs werden die Landespolitiker jedoch festhalten müssen. Derzeit drücken das Land noch Schulden von mehr als 14 Milliarden Euro (Stand: Ende 2016).

Dank der allgemein guten wirtschaftlichen Entwicklung fiel die Neuverschuldung im vergangenen Jahr mit insgesamt 150 Millionen Euro zwar deutlich geringer aus als geplant. Von einer schwarzen Null ist das aber noch ein Stück entfernt. Was nach Angaben von Finanzminister Stephan Toscani (CDU) auch daran liegt, dass das Saarland nicht an den Investitionen sparen will.

Viel Luft zum Atmen bleibt dennoch nicht. „Der Spagat zwischen Konsolidieren und Investieren bleibt auch in Zukunft schwierig“, mahnt die IHK. Wichtig wird unter anderem sein, wie das Saarland den Strukturwandel nach dem Ende des Kohlebergbaus vor fünf Jahren bewältigt.

Strukturell ist die saarländische Wirtschaft nach Einschätzung der IHK gut aufgestellt und verfügt über eine starke industrielle Basis und wettbewerbsfähige Dienstleister. „Doch trotz dieser Trümpfe konnte sie in den zehn Jahren von 2006 bis 2015 dem Wachstumstempo im Bund nicht folgen“, erklärt Klingen. „Das ist kein gutes Zeugnis für ein Land, das aufholen und im Wettbewerb der Länder seine Eigenständigkeit wahren will.“

Zurückzuführen sind die Rückstände nach Ansicht des IHK-Experten aber auf Faktoren, auf die die Landespolitik kaum Einfluss habe: Ein Bevölkerungsrückgang um fünf Prozent zwischen 2006 und 2015, eine starke Exportorientierung der Industrie, die zum Bremsklotz wird, wenn sich das Wachstumstempo der Weltwirtschaft verlangsamt, und die Investitionsschwäche der öffentlichen Hand.

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