Leistungsanforderungen Schuldruck für Eltern

Eltern fühlen sich immer mehr für den Erfolg oder Misserfolg ihrer Kinder in der Schule verantwortlich. Viele setzen alles daran, dass ihr Sohn oder Tochter das Abitur schafft ­– mit ungeahnten Konsequenzen.

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Leistungsdruck: Der Schulalltag dominiert das Familienleben. Quelle: dpa

Notendruck, die bange Frage, auf welche Schule es die Kinder nach der Grundschule schaffen und die Angst vor dem sozialen Abstieg: Keine Frage, der Schulalltag dominiert das Familienleben. Viele Eltern fühlen sich dafür verantwortlich, ob ihr Kind es in der Schule schafft oder nicht. Zu diesem Ergebnis kommt nun auch eine Studie der Konrad-Adenauer-Stiftung und des Bundesministeriums für Familie.

Die Diskussion um Schülertests wie PISA oder Iglu haben dazu beigetragen, dass sich viele Eltern für ihre Kinder den höchsten Schulabschluss wünschen. Während das Gymnasium für mehr als die Hälfte der Eltern — vor allem aus der Mittel- und Oberschicht — die Schulform bleibt, auf der sie ihren Sohn oder Tochter sehen, steht die Hauptschule für einen „Scheitern und sozialen Abstieg“.

Michael Kretschmer, stellvertretender Vorsitzende der Unionsfraktion für Bildung, kritisierte diese öffentliche Wahrnehmung. „Der Mensch fängt nicht erst mit dem Abitur an!“ Das Abitur sei nicht zwangsläufig notwendig, komme doch die Hälfte der Hochschulstudenten über andere Wege wie das Fachabitur. Viele Eltern, die nicht aus der Mittel- und Oberschicht kommen, sehen das auch so. Sie setzen das achtjährige Gymnasium mit Leistungsdruck gleich und schicken ihre Sprösslinge dann lieber auf die Realschule.

Erstaunlich aber ist: Nahezu alle Eltern hadern mit dem Schulsystem. „Selbst diejenigen, deren Kinder sehr gute Noten schreiben“, sagt Katja Wippermann, eine der Autoren der Studie. Dies liege unter anderem an den hohen Ansprüchen des verkürzten Gymnasiums, an dem die Schüler schon nach zwölf statt 13 Jahren Abitur machen. Die Eltern fürchteten einen Konflikt zwischen der Selbstentfaltung der Kinder und den hohen Leistungsanforderungen der Schule und sehen den Erziehungsauftrag der Schulen in Gefahr.

Weil der Druck steigt, helfen vor allem die Mütter am Nachmittag bei den Hausaufgaben, fragen Vokabeln ab und lernen mit ihren Kindern für die nächste Klausur. Das allerdings hat gravierende Folgen: Viele Eltern können sich auch eine längere Berufspause vorstellen , um ihre Kinder zu fördern. Doch es sind vor allem die Mütter von Kindern auf dem Gymnasium, die „ihre beruflichen Ziele zurückstecken.“ Damit aber fördere die Schulkultur, dass die Jugendlichen das traditionelle Rollenbild als völlig normal betrachten.

Als bildungspolitische Konsequenz der Ergebnisse sprechen sich Experten für die Ausweitung qualitativ hochwertige Ganztagsschulen aus. Zwar gäbe es keinen Hebel, den man einfach umlegen kann aber „ein Mehr an Ganztagsschulen ist sicherlich geboten“, sagt Hermann Kues, Staatssekretär im Familienministerium.

Michael Kretschmer machte sich für einen „Nationalen Bildungsrat“ stark, der für die notwendige Kontinuität in der Bildungspolitik sorgen solle. Kretschmer, sich als „bekennender Föderalist“ bezeichnend, erklärte, man dürfe nicht bei jedem Regierungswechsel auf Länderebene eine neue Sau durchs Dorf treiben.

 

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