Merkel-Kritiker innerhalb der CDU abgebügelt „Einfach mal die Klappe halten und arbeiten“

Die Kanzlerin ist mit ihrem Flüchtlingskurs auch in den eigenen Reihen in Erklärungsnot. Doch jetzt bekommen die Skeptiker Klartext zu hören. Unionsfraktionschef Volker Kauder und CDU-Vize Julia Klöckner teilen aus.

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Bundeskanzlerin Angela Merkel (l, CDU) und die Parteivorsitzende der CDU Rheinland-Pfalz, Julia Klöckner, in Berlin in der CDU-Parteizentrale. Quelle: dpa

Berlin Führende CDU-Politiker haben die Kritiker des Flüchtlingskurses von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) aus den eigenen Reihen zurechtgewiesen. Unionsfraktionschef Volker Kauder und CDU-Vize Julia Klöckner griffen die Initiatoren einer Unterschriftenaktion in der Fraktion am Montag in Sitzungen der CDU-Führungsgremien scharf an. Klöckner sagte nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur aus Teilnehmerkreisen an deren Adresse: „Einfach mal die Klappe halten und arbeiten. Machen und nicht nur reden.“ Auch andere Mitglieder der CDU-Spitze kritisierten demnach, die interne Debatte sei in den laufenden Landtagswahlkämpfen nicht hilfreich.

Kauder nannte es „eigenartig“, dass sich Abgeordnete in einem Brief an die Kanzlerin wenden wollten, obwohl sie immer wieder Gelegenheit hätten, Merkel in der Fraktionssitzung anzusprechen.

In der Unionsfraktion unterzeichneten nach dpa-Informationen etwa 50 der 310 Abgeordnete den kritischen Brief. Er soll Merkel an diesem Dienstag erreichen. In den Reihen der Initiatoren hatte man gehofft, viel mehr Parlamentarier zu einer Unterschrift bewegen zu können. In dem Schreiben heißt es laut Entwurf: „Wir stehen vor einer Überforderung unseres Landes.“ Deshalb sei eine Änderung der Zuwanderungspraxis notwendig.

Die saarländische Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer verlangte in den CDU-Gremien, das bisher Geleistete bei der Bewältigung der Flüchtlingskrise nicht kaputtzureden. Von einem Staatsversagen, von dem etwa der Parlamentarische Staatssekretär im Finanzministerium, Jens Spahn (CDU), geredet hatte, könne man nicht sprechen. So sei im Saarland die Flüchtlingsunterbringung bislang weitgehend ohne die Belegung von Turnhallen gelungen.

Ohne Namen zu nennen, mahnte Kauder, Wirtschaftspolitiker der Fraktion sollten sich stärker ihren eigentlichen Aufgaben zuwenden und nicht mit Kritik vorpreschen. Gerade sie müssten wie Merkel alles dafür tun, die offenen EU-Grenzen zu erhalten. Dies wurden vor allem als Kritik am Vorsitzenden der Unions-Mittelstandsvereinigung, Carsten Linnemann, und am Chef des Parlamentskreises Mittelstand, Christian von Stetten, verstanden, die beide den Brief der Kritiker an Merkel unterzeichnen wollten.

Die Kanzlerin forderte demnach, man solle nicht nur negativ argumentieren, sondern über das sprechen, was erreicht worden sei. So könnten die zurückgehenden Zahlen der an den Grenzen eintreffenden Flüchtlingen auf zweierlei Arten gewertet werden: Man könne negativ urteilen, es seien immer noch zu viele. Die Zahlen könnten aber auch als Indiz verstanden werden, dass die bisher in die Wege geleiteten Maßnahmen zu wirken begännen. Auch Parteivize Ursula von der Leyen stützte laut Teilnehmern den Kurs der Kanzlerin.

CDU-Vize Armin Laschet hatte schon vor den Sitzungen betont: „Es ist gut, dass man eine Zeit diesen Kurs auch einmal durchhält, ihn immer wieder präzisiert.“ CDU-Generalsekretär Peter Tauber sagte über den angekündigten Brief an Merkel: „Grundsätzlich bin ich der Meinung, Abgeordnete müssen keine Briefe schreiben, die können mit der Bundeskanzlerin und der Parteivorsitzenden direkt reden.“

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