Noten-Affäre um CDU-Vize Laschet „Kniffel-Armin verpasst den Bonus“

16 Jahre lehrt Armin Laschet ehrenamtlich an der Elite-Hochschule Aachen. Dann verschwinden Klausuren und der Vorsitzende der NRW-CDU gibt Ersatznoten – für nie geschriebene Arbeiten. Die SPD spottet.

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Der Chef der NRW-CDU, Armin Laschet, steht wegen mysteriöser Notenvergaben als ehrenamtlicher Dozent an der RWTH Aachen im Fokus. Quelle: dpa

Düsseldorf Am liebsten will Armin Laschet gar nichts sagen, als er am Dienstag vor den Türen der Düsseldorfer Landtagsfraktion zur „Noten-Affäre“ befragt wird. Hat er als ehrenamtlicher Dozent der renommierten Exzellenz-Hochschule RWTH Aachen mehr oder weniger freihändig Noten vergeben? So berichten es mehrere Medien. Das Wissenschaftsministerium fordert einen Bericht von der Hochschule und kündigt eine rechtliche Prüfung an.

Erst nach einer Stunde stellt sich der CDU-Landes- und Fraktionschef den wartenden Journalisten. Heraus kommt eine Geschichte mit mehreren Sonderbarkeiten: Auf dem Postweg sollen vor Monaten Klausuren von über 30 Teilnehmern des Master-Europastudiengangs der RWTH verloren gegangen sein. So schildert es Laschet, der die Arbeiten als Lehrbeauftragter zu bewerten hatte. Um den Studenten eine Wiederholung der Klausur zu ersparen, habe er der Universität vorgeschlagen, eine Bewertung anhand seiner Notizen zu rekonstruieren.

Merkwürdig: Dabei kamen auch Noten für Studierende heraus, die gar nicht an der Klausur teilgenommen hatten – und ausnahmslos gute. „Das ist sehr kompliziert“, sagt der CDU-Politiker, der auch Vizechef der Bundespartei ist. Wie das passieren konnte, sei noch unklar.

Offenbar habe Laschet die Noten ausgewürfelt, spottet der Generalsekretär der NRW-SPD, André Stinka. Die Bilanz der „Noten-Affäre“ sei: „Kniffel-Armin verpasst den Bonus.“

Nebulös ist, inwieweit die Hochschule im Vorfeld über die unorthodoxen Ersatzbewertungen im Bilde war. „Natürlich war das abgesprochen“, sagt Laschet. Die Dekanin der Philosophischen Fakultät der RWTH, Christiane Roll, teilt dagegen mit, Laschet habe die nachträgliche Bewertung anhand seiner Notizen noch vor der Rücksprache mit dem Prüfungsausschuss vorgenommen.

„Das kann ein Missverständnis in der Kommunikation sein“, sagt die Sprecherin der RWTH, Renate Kinny, der Deutschen Presse-Agentur. „Herr Laschet ist im Gefühl, er hätte vermittelt, dass er so vorgehen wird.“ Einwendungen der betroffenen Studierenden habe es nicht gegeben. Dass Klausuren eines kompletten Seminars auf dem Postweg verloren gehen, sei ihr aus der 135-jährigen Geschichte der Hochschule nicht bekannt. Eine Konsequenz sei nun aber gezogen worden: Prüfer nehmen nur noch Kopien mit nach Hause, die Originale bleiben an der Hochschule.


Laschet findet Vorgang „Ärgerlich“

Spekulationen, ob Laschet das Malheur möglicherweise mit einem Noten-Lifting vertuschen wollte, weist Kinny zurück. Eine 2,3 als schlechteste Note sei bei Veranstaltungen dieser Art nicht ungewöhnlich. Die Klausuren waren im vergangenen Sommer nach einem fünftägigen Ausflug in den Berliner Politikbetrieb entstanden.

„Ärgerlich“ sei der ganze Vorgang, räumt Laschet ein. Die nachträgliche Bewertung verteidigt er aber als sachgerechte Lösung. Ein Fehler sei es allenfalls gewesen, die benoteten Klausuren seines Blockseminars „Die Europapolitik in der Berliner Republik“ nicht persönlich abzugeben. Dazu war er allerdings auch nicht verpflichtet.

Generell müssen verschwundene Klausuren nach Darstellung des Wissenschaftsministeriums nachgeschrieben werden. Wenn die Arbeiten aber bereits abschließend bewertet und das Ergebnis zuverlässig festgehalten worden sei, könnte davon abgesehen werden. Bei den Aachener Klausuren sei das aber noch nicht geprüft.

Dass sein Rückzug aus der Hochschule - nach immerhin 16 Jahren - zwingend war, weiß der Aachener Laschet. „Politik und Wissenschaft, das ist eine sensible Frage. Wenn das jetzt in einen parteipolitischen Streit gerät, ist es richtig, einen klaren Strich zu ziehen.“

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