Pharmaverband klagt Arzneimittelausgaben um 3,1 Prozent gestiegen

Die Regelung zur Nutzenbewertung neuer Arzneimittel stört die Pharmaindustrie. Sie sieht darin eine Innovationsbremse. Gesundheitsminister Gröhe lobt dagegen die preisdämpfende Wirkung.

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Warnung an die Arzneimittelindustrie: Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe. Quelle: dpa

Berlin Die forschenden Pharmaunternehmen beklagen, dass neue Arzneimittel immer schwerer den Zugang zum Markt finden. Das Ziel des Gesetzgebers, den Patienten einen unmittelbaren Zugang zu modernen Arzneimitteln zu ermöglichen, sei bislang noch nicht erreicht worden, heißt es im Arzneimittelatlas 2014 des Verbandes der forschenden Pharmaunternehmen (vfa), der am Dienstag veröffentlicht wurde. Das sogenannte Arzneimittelmarkt-Neuordnungsgesetz (AMNOG) erweise sich als „Innovationsbremse“ zulasten der Patienten.

„Das Pendel schlägt einseitig zugunsten von Einsparungen aus und hinterlässt Versorgungsdefizite“, monierte vfa-Hauptgeschäftsführerin Birgit Fischer. „Die Ausgaben- oder Preisprobleme der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) sind offensichtlich gelöst. Leider zeigen sich aber zunehmend Versorgungsprobleme im Gesundheitssystem: So muss Deutschland unnötige Schutzlücken bei Masern, Gebärmutterhalskrebs oder Infektionen mit Rotaviren beklagen.“

Die Ausgaben der GKV für Arzneimittel stiegen den vfa-Angaben zufolge im vergangenen Jahr um 3,1 Prozent auf 30,09 Milliarden Euro. Nach einem Rückgang im Jahr 2011 und einem geringen Anstieg 2012 lagen die Arzneimittelausgaben diesen Angaben zufolge leicht unter dem Niveau des Jahres 2010 mit 30,18 Milliarden Euro.

Die Rabatte der Hersteller betrugen 2013 demnach 5,67 Milliarden Euro. Das seien 749 Millionen Euro oder 15,2 Prozent mehr gewesen als 2012.

Die Krankenkassen verzeichneten unterdessen eine deutliche Zunahme der Ausgaben für Heil- und Hilfsmittel. Im ersten Halbjahr 2014 seien die Aufwendungen für Heilmittel, etwa bei körperlichen (Physiotherapie) oder sprachlichen Problemen (Logopädie), um 7,1 Prozent gestiegen. Bei den Hilfsmitteln, zu denen Rollstühle, Krankenbetten oder Hörgeräte zählen, nahmen die Ausgaben um 9,5 Prozent zu, wie die Barmer GEK in ihrem Heil- und Hilfsmittelreport 2014 mitteilte. In einer älter werdenden Gesellschaft nehme der Bedarf an Heil- und Hilfsmitteln zu. Deshalb müssten Preis- und Mengenentwicklung beobachtet werden, hieß es.

Das Bundesgesundheitsministerium verwies vor kurzem darauf, dass diese Ausgaben nach drei Jahren mit moderaten Zuwächsen wieder deutlich stiegen. In den ersten sechs Monaten 2014 legten sie um 8,9 Prozent zu. Ohne dämpfende Regelungen wäre der Anstieg noch deutlicher gewesen, so das Ministerium.

Zudem warnte Gesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) die Arzneimittelindustrie, ihre Marktmacht zulasten der Versicherten zu missbrauchen. Der starke Anstieg der Arzneimittelausgaben im ersten Halbjahr geht zu einem großen Teil auf ein sehr teures, aber anerkannt wirksames Medikament gegen Hepatitis C zurück.

Gröhe, Forschungsministerin Johanna Wanka (CDU) und Wirtschaftsstaatssekretär Uwe Beckmeyer (SPD) starteten am Montag einen Pharma-Dialog mit Vertretern der Arzneimittelhersteller und der Wissenschaft. Ziel sei es, den Pharmastandort Deutschland in Forschung, Entwicklung und Produktion zu stärken, um gleichzeitig eine hochwertige und sichere Arzneimittelversorgung sicherzustellen.

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