Pro-Erdogan-Kundgebung in Köln Polizei rechnet mit 30.000 Teilnehmern

Der Putschversuch in der Türkei belastet auch das Klima unter den Deutschtürken. Erdogan-Anhänger planen nun eine Großkundgebung in Köln. Die Polizei befürchtet, dass sich der Konflikt auf deutsche Straßen verlagert.

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Aus Sorge vor Ausschreitungen sollen bei der Pro-Erdogan-Demonstration am Sonntag in Köln mehr als 2000 Polizeibeamte im Einsatz sein. Quelle: dpa

Köln/Berlin Nach dem gescheiterten Putsch in der Türkei blickt Deutschland mit Sorge auf eine Großkundgebung für Präsident Recep Tayyip Erdogan an diesem Sonntag in Köln. Erwartet werden bis zu 30.000 Teilnehmer. Die Polizei kündigte am Freitag an, gegen jede Form von Gewalt hart vorzugehen. Die Stimmung zwischen Erdogan-Anhängern und -Gegnern ist seit dem Putschversuch vor zwei Wochen auch in Deutschland sehr aufgeladen, wo etwa drei Millionen Menschen mit türkischen Wurzeln leben.

Türkische Forderungen, auch hierzulande gegen die Bewegung des islamischen Predigers Fethullah Gülen vorzugehen, stießen auf breite Ablehnung. Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) sagte: „Genau das werden wir selbstverständlich nicht machen.“ Für die Behauptung, die Gülen-Bewegung stehe hinter dem Putsch, gebe es „keine Belege“. Erdogan wirft Gülen vor, Drahtzieher des Putsches zu sein. Die Bewegung betreibt in Deutschland nach eigenen Angaben etwa 30 Schulen.

Die Türkei hat bei der Bundesregierung auch die Auslieferung von zwei ehemaligen Staatsanwälten beantragt, die Gülen nahestehen und sich einer Verhaftung im vergangenen Sommer durch Flucht ins Ausland entzogen. Dazu hieß es am Freitag aus deutschen Regierungskreisen: „Wir haben keine Erkenntnisse dazu, dass sich die beiden Staatsanwälte tatsächlich in Deutschland aufhalten.“ Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte zuvor schon klargestellt, dass die deutschen Behörden streng nach rechtsstaatlichen Kriterien entscheiden.

Aus Sorge vor Ausschreitungen sollen bei der Pro-Erdogan-Demonstration am Sonntag mehr als 2000 Polizeibeamte im Einsatz sein. Der Kölner Polizeipräsident Jürgen Mathies sagte: „Wir sind auf besondere Gewaltformen vorbereitet.“ Mathies schloss auch ein Verbot der Veranstaltung nicht aus. Zudem sind vier Gegenkundgebungen angemeldet.

Für Protest sorgte ein Schreiben des türkischen Generalkonsuls in Stuttgart, Ahmet Akinti, an die baden-württembergische Landesregierung. Darin forderte der Karrierediplomat, Vereine und Einrichtungen der Gülen-Bewegung zu überprüfen und einer „neuen Bewertung“ zu unterziehen. Kretschmann lehnte dies strikt ab. Das Schreiben habe ihn „in höchstem Maße befremdet“, sagte der Grünen-Politiker der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ (Freitag).

Der CSU-Bundestagsabgeordnete Stephan Mayer sagte dem MDR, mit pauschalen Anschuldigungen gegen Gülen-Anhänger werde die Türkei keinen Erfolg haben. Die Linke-Abgeordnete Sevim Dagdelen warnte: „Erdogan will seine Diktatur auch auf Deutschland ausdehnen. Das dürfen wir nicht zulassen.“

Die Integrationsbeauftragte des Bundes, Aydan Özoguz (SPD), richtete eine scharfe Warnung an türkische Verbände. Wer in Deutschland zu Hass und Gewalt anstachele, müsse mit strafrechtlichen Konsequenzen rechnen, sagte sie dem „Tagesspiegel“ (Freitag). Der Vorsitzende der Türkischen Gemeinde in Deutschland, Gökay Sofuoglu, sagte der dpa, durch die türkische Gesellschaft gehe ein Riss. „Es werden Freundschaften aufgekündigt. Und auch innerhalb von Familien gibt es Probleme.“

Der CDU-Politiker Jens Spahn stellte die doppelte Staatsbürgerschaft infrage. Wessen Herz für Erdogan schlage und wer für ihn und seine AKP auf die Straße gehe, solle das besser in der Türkei tun, sagte Spahn dem „Tagesspiegel“ (Freitag). „Und dem müssen wir eine klare Entscheidung abverlangen.“

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