Radikale Islamisten Trittin wirft Katar Finanzierung von IS vor

Das Emirat Katar muss sich harter Kritik stellen. Unlängst distanzierte sich das Land vom Terror der radikalen Terrorgruppe IS. Grünen-Politiker Jürgen Trittin glaubt jedoch nicht an eine weiße Weste des Golfstaats.

  • Teilen per:
  • Teilen per:
Harte Kritik der Grünen: Jürgen Trittin wirft dem Emirat Katar Terror-Finanzierung vor. Quelle: ap

Berlin Der Außenpolitik-Experte der Grünen-Bundestagsfraktion, Jürgen Trittin, hat dem Wüstenstaat Katar die Unterstützung radikaler Islamisten vorgeworfen.

Mit Blick auf die Aussage des katarischen Außenministers Chaled Al-Attijah, der in einem Gastbeitrag für das Handelsblatt erklärt hatte, man unterstütze „in keiner Weise“ extremistische Gruppen, sagte Trittin Handelsblatt Online: „Die PR-Offensive Katars ist nicht überraschend, der Verdacht einer geduldeten semistaatlichen Finanzierung der Islamisten während des Syrien-Kriegs insbesondere aus Katar ist damit aber nicht ausgeräumt.“

Trittin wies auf das finanzielle Engagement Katars seit Beginn der Umbrüche in der arabischen Welt 2010 hin. Dabei werde ein Muster deutlich, sagte der ehemalige Grünen-Fraktionschef. „Sei es bei der Finanzierung des Wahlkampfes der Ennahda-Partei in Tunesien, der Muslimbrüder in Ägypten oder im Kampf gegen Gaddafi in Libyen. Überall erhielten Islamisten – auch radikale Islamisten – Zuwendungen aus Katar“, so Trittin.

Etliche Quellen gingen zudem von einer Verbindung Katars zur Islamisten-Miliz Islamischer Staat (IS) aus, sagte Trittin weiter. Heute sei IS aber nicht mehr so sehr auf diese Finanzierungsquelle angewiesen. „Sie haben beträchtliche Geldmengen in Mossul erbeutet, treiben Schutzgeld ein, haben Unmengen von Waffen aus der irakischen Armee erhalten und können sich durch den Ölschmuggel refinanzieren“, erläuterte der Grünen-Politiker.

Deshalb rücke die Rolle der Spender aus Katar für IS in den Hintergrund. „Das bedeutet aber nicht, dass man Katar guten Gewissens eine weiße Weste bescheinigen kann und sie – wie in der Vergangenheit – mit deutschen Rüstungsgütern belohnen sollte.“

Mit Ausbruch der Irak-Krise steht der kleine Golfstaat Katar unter verschärfter Beobachtung. Dem finanzkräftigen Emirat wird, nicht nur von Seiten der Grünen, vorgeworfen, die Islamisten-Miliz Islamischer Staat (IS) zu unterstützen. Das Thema ist brisant. Wie brisant, kann man daran sehen, dass sich Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Wochenende dazu genötigt sah, zu dem Thema Stellung zu beziehen.

Sie reagierte damit auf Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU), der am vergangenen Mittwoch in einem Interview mit dem ZDF im Zusammenhang mit der Finanzierung der IS-Terroristen in Syrien und im Irak das „Stichwort Katar“ genannt hatte. Merkel ging daraufhin am Sonntag in einem ARD-Interview auf Distanz. Die IS-Gruppe sei finanziell sehr gut aufgestellt, ohne, soweit sie das wisse, von einem Staat unterstützt zu werden, sagte Merkel.

Vor Müller hatten jedoch auch schon SPD und Grüne von Verbindungen des westlichen Verbündeten zu den IS-Terroristen gesprochen. Selbst Vizekanzler und SPD-Chef Sigmar Gabriel schaltete sich ein. Ohne Katar direkt beim Namen zu nennen sagte Gabriel: „Die Debatte darüber, wer derzeit und in der Vergangenheit Finanzmittel für ISIS (heute IS) gegeben hat, die steht uns ja noch bevor.“ International werde diese Diskussion längst geführt.


Katar lanciert Image-Kampagne in Deutschland

Der Außenminister des Golfemirats, Chaled Al-Attijah, Katar erklärte hingegen, man unterstütze „in keiner Weise“ extremistische Gruppen. „Wir finanzieren weder die IS noch andere extremistische Gruppen“, schrieb Al-Attijah, im Handelsblatt vom Montag. Katar lehne die Ansichten dieser Extremisten, ihre gewaltsamen Methoden und ihre Ziele ab.

„Durch entschlossenes und gemeinsames Handeln müssen wir der sektiererischen Gewalt im Irak und in Syrien ein Ende setzen“, lautete der Appell des Politikers, der über die deutsche Unternehmensberatung CNC lanciert wurde. Die PR-Offensive Katars kommt nicht von ungefähr.

Der Katari Scheich Hamad Bin Dschassim Bin Dschabir Al Thani ist größter Aktionär bei der Deutschen Bank, bei VW hält die Katar Holding 15,6 Prozent und bei Hochtief hat Katar einen Aktienanteil von 10 Prozent. Zudem investieren die Kataris in Siemens.

In Deutschland begegnet die Politik der Verteidigungsrede Al-Attijahs mit großer Skepsis. Der CDU-Bundesvize Thomas Strobl stellte Katars gar als Investor in Deutschland infrage. „Es ist ein großes Problem, wenn es von denen, die an deutschen Unternehmen beteiligt sind, eine finanzielle Unterstützung für Terroristen gibt“, sagte Strobl dem Handelsblatt (Dienstagausgabe). „Das gilt umso mehr, als die Terroristen unsere Werteordnung bekämpfen.“

Damit gehe es um „essenzielle Sicherheitsinteressen“ Deutschlands. „Ich rate allen Unternehmen, ein wachsames Auge zu haben und noch wachsamer zu sein, wenn sie sich Investoren ins Boot holen.“

Scharfe Kritik an Katar kam auch aus der SPD. Katars Einfluss auf die Konflikte in der Region wirke „nicht eben krisenentschärfend“, sagte der SPD-Bundesvize Ralf Stegner. Er räumte aber zugleich ein, dass sich „die Validität der Vorwürfe“ gegen den Golfstaat nur schwer beurteilen ließen, ohne die Faktenlage genau zu kennen.

Dennoch hält Stegner Konsequenzen im Hinblick auf Rüstungsexporte für unabdingbar. „Keine deutschen Waffenexporte mehr in Spannungsgebiete oder in Diktaturen. Das gilt mittelbar und unmittelbar für Staaten wie zum Beispiel Katar“, sagte der SPD-Politiker.

Die Bundesregierung unterstützt im Kampf gegen IS den harten Kurs der USA – womöglich mit den gegebenen Folgen für die Hintermänner. Der Fraktionsvorsitzende von CDU und CSU im Bundestag, Volker Kauder, unterstützt Amerika darin, die Terrorgruppe Islamischer Staat (IS) auch in Syrien zu verfolgen. „Wir müssen die IS dort bekämpfen, wo sie ist“, sagte Kauder dem Handelsblatt . „Das gilt nicht nur im Irak, sondern auch in Syrien“. Die Terrororganisation kenne keine territorialen Grenzen. Daher unterstütze er das Vorgehen der USA in Syrien und stellte zugleich klar: „Die Aufgabe kann und muss in erster Linie Amerika leisten.“ Er sei den Amerikanern für ihr Engagement dankbar.

Am Wochenende hatte sich Kauder im Nordirak vor Ort ein Bild über die Lage gemacht. Am Dienstag hatte Amerika mit Aufklärungsflügen über Syrien begonnen, um mögliche Luftangriffe vorzubereiten.

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%