So wählt das Netz "Veggie-Day" belebt den lustlosen Wahlkampf

Ein irrelevantes Thema wird wie aus dem Nichts zum Wahlkampfschlager. Was der "Veggie-Day" über den Wahlkampf aussagt und wie im Netz darüber diskutiert wird.

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Auf Facebook und Twitter wurde über den

Wirklich neu ist die Forderung nach einem "Veggie Day" ja nicht. Seit April kann man im Wahlprogramm der Grünen nachlesen, dass in öffentlichen Kantinen einmal pro Woche nur vegetarisches Essen gereicht werden soll. In etwa einem Dutzend Unimensen ist der Vegetariertag auch seit einiger Zeit üblich, unter anderem in Tübingen, Bonn, Leipzig, Berlin oder Heidelberg.

Während der Bundestagswahlkampfs analysieren die WirtschaftsWoche und der Datenspezialist Attensity mit einer Sprachanalysetechnik, wie das Netz über Parteien und Politiker diskutiert.

Trotzdem sorgt der "Veggie Day" für Aufregung, seit "Bild" das Thema hervorgekramt hat. Das Fleischverbot passt auch zu gut zum Klischee der lustfeindlichen Spaßverderberpartei, genüsslich protestierten Junge Union und Junge Liberale mit Würsten vor der Grünenzentrale.

Die Kampagne trifft im langweiligen Wahlkampf einen Nerv: Auch auf Facebook und Twitter wurde darüber so intensiv debattiert wie über lange kein Thema. Mit dem Tool So-wählt-das-Netz wertet die WirtschaftsWoche gemeinsam mit dem Datenanalysespezialisten Attensity während des Bundestagswahlkampfs die Social Media Plattformen aus.

In den vergangenen Wochen dominierte dabei der NSA-Skandal. Doch der "Veggie Day" wurde in kurzer Zeit zu einem der fünf am häufigsten diskutierten Thema und ließ mit 1.394 Beiträgen "Überwachung" oder "NSA" hinter sich.

Wie Rot-Grün die Deutschen zwangsbeglücken will
Die Grünen wollen nach der Bundestagswahl einen fleischlosen Tag in Kantinen einführen. Der Vorschlag wabert schon eine ganze Zeit lang durch die Partei und wurde schon mehrmals scharf kritisiert. So verglich beispielsweise der CDU-Politiker Josef Rickfelder im Januar 2013 den "Veggie-Day" in Kantinen und Schulen mit dem Eintopftag der Nationalsozialisten und nannte ihn eine "Gängelung der Bürger", gegen die man sich wehren müsse. Trotzdem wollen die Grünen nach der Bundestagswahl den "Veggie-Tag" einführen, an dem in Kantinen und Mensen ausschließlich vegetarisch und vegan gekocht werden soll. „Ein Veggie Day ist ein wunderbarer Tag zum Ausprobieren, wie wir uns mal ohne Fleisch und Wurst ernähren“, sagte die Vorsitzende der Grünen-Bundestagsfraktion, Renate Künast. Mit dem Vegetariertag will die Partei den Fleischkonsum der Bundesbürger senken. Es ist nicht das erste Mal, dass sich Politiker so in das Privatleben der Bürger einmischen (wollen). Quelle: dpa
Auf umweltschädliche Plastiktüten sollte nach Überlegungen in den Reihen der Grünen künftig eine Steuer von 22 Cent erhoben werden. Die Verwendung erdölbasierter Kunststoffe müsse dringend eingeschränkt werden, sagte die umweltpolitische Sprecherin der Grünen im Bundestag, Dorothea Steiner, der Bild-Zeitung. Quelle: dpa
Auch die Forderung nach einer gesetzlichen Frauenquote kommt von Rot-Grün. Mittlerweile stößt auch die CDU, allen voran Arbeitsministerin Ursula von der Leyen, ins gleiche Horn. Quelle: dpa
Seit dem 01.08.2013 haben Familien einen Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz für ein- und zweijährige Kinder. Ginge es nach dem Willen von Nordrhein-Westfalens Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD), müssen alle Kinder ab dem ersten Lebensjahr in eine Kita gehen. Sie sprach zwar nicht ausdrücklich von einer Kita-Pflicht, sagte aber: "Bisher waren wir uns mit der CDU einig, dass Bildung schon in der Kita beginnen muss. Dann müssen wir aber auch sicherstellen, dass alle Kinder da sind, statt eine Prämie zu zahlen, damit sie fernbleiben." In der CDU stieß dieser Vorschlag auf harsche Kritik. So hatte sich beispielsweise Familienministerin Kristina Schröder echauffiert: "Wer eine Kita-Pflicht ab dem ersten Geburtstag will, muss ein ziemlich verqueres Menschenbild haben." Quelle: dpa
2012 wollten SPD und Grüne den Autofahrern an den Kragen: Sie wollten aber nicht nur Autobahnraser bremsen, auch in den Innenstädten sollte es beschaulicher zugehen. Sie forderten ein generelles Tempolimit von 30 Stundenkilometern in Städten, um die Straßen sicherer zu machen. "Mit Rot-Grün stünde ganz Deutschland auf der Bremse", schimpfte damals CDU-Politiker Hermann Gröhe. Quelle: dpa/dpaweb
Auch den steuerfreien 450-Jobs soll es nach dem Willen von Rot-Grün an den Kragen gehen. "Alle Verdienste über 100 Euro im Monat sollen steuer- und abgabenpflichtig werden, mit reduzierten Beiträgen für geringe Einkommen", fordert Grünen-Spitzenkandidatin Katrin Göring-Eckardt. So könne mehr Beschäftigung entstehen. "Die Leute wären besser abgesichert und könnten wieder mehr Rentenansprüche aufbauen." Für Studenten, Hausfrauen und Hartz-IV-Empfänger, die sich mit den Minijobs etwas dazu verdienen, wäre das allerdings ein Schlag ins Gesicht. Quelle: dpa
In Nordrhein-Westfahlen wollte dir rot-grüne Landesregierung die Ladenöffnungszeiten verändern: Geschäfte sollten nur noch maximal 13 mal im Jahr Sonntags geöffnet haben dürfen. Außerdem plante Rot-Grün ein Verkaufsverbot an Samstagen ab 22 Uhr. Quelle: AP

Das hat vor allem Folgen für die Grünen: In mehr als tausend der Tweets und Kommentare, die sich einer Partei zuordnen ließen, kamen die Grünen vor. Elf Prozent davon hatten einen eindeutig negativen Tenor, keine vier Prozent stimmten den Grünen zu.

So musste die Partei bei den Zustimmungswerten Federn lassen und liegt nach einem Minus von zwei Punkten wieder bei acht Prozent. Den größten Zugewinn verbuchte die FDP mit sechs Prozent auf insgesamt 5,9 Prozent. 

Die Veränderungen lagen natürlich nicht nur am "Veggie-Day". Dominierendes Thema der letzten Tage waren die Wahlplakate, die inzwischen von den meisten Parteien vorgestellt wurden.

Mehr als 3.000 Beiträge wurden dazu in der vergangenen Woche ausgewertet, mit mehr als 1.000 Erwähnungen am häufigsten ging es dabei um die Plakate der SPD, bei der erst später präsentierten CDU waren es 919. 

Der Tenor ist dabei eher negativ: Knapp ein Viertel der Tweets und Facebook-Kommentare kritisiert die CDU-Plakate, positiv sind nur fünf Prozent. Bei der SPD beträgt das Verhältnis 14 zu 7.

Viel Lob gibt es dagegen für die kleinen Parteien: 41 Prozent sind es bei der Alternative für Deutschland (AfD), negativ sind 19 Prozent der Plakat-Tweets zur AfD. Die Piratenpartei kommt gar auf 45 Prozent Positivkommentare, bei nur sieben Prozent Kritik.

So bestätigt sich das Gesamtbild der letzten Zeit: Die Piraten liegen mit 36 Prozent Zustimmung vorn - zumindest in den sozialen Netzwerken.

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