TTIP Bundestagsabgeordnete dürfen Dokumente einsehen - ohne Handy

Um den Vorwurf der Geheimniskrämerei zu entkräften, richtet Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel einen Leseraum für TTIP-Dokumente ein. Dort herrschen strenge Auflagen.

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TTIP: Sigmar Gabriel will einen der größten Kritikpunkte am Transatlantischen Freihandelsabkommen entkräften. Quelle: dpa

Die Gespräche zum Transatlantischen Freihandelsabkommen (TTIP) stecken in einer schweren Krise. Nun will Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) einen der größten Kritikpunkte entkräften, nämlich den der Geheimniskrämerei und Kungelei zulasten der Verbraucher. Dafür richtet sein Ministerium einen Leseraum mit acht Plätzen ein, wo Bundestagsabgeordnete, Minister und Regierungsbeamte ab dem 1. Februar die Verhandlungspapiere einsehen dürfen.

Allerdings sind strenge Auflagen vorgesehen, damit sich zwar die Abgeordneten informieren können, aber nichts direkt in die Öffentlichkeit sickert. Verboten sind im Leseraum Handys, PCs, Kameras und dergleichen - auch soll es Aufpasser im Raum geben. Immerhin sind handschriftliche Aufzeichnungen erlaubt.

Was Deutsche und Amerikaner über TTIP denken

Gabriel sieht in dem Leseraum einen Kompromiss zwischen dem Beharren - vor allem der USA - auf Geheimhaltung der Verhandlungen und dem öffentlichen Informationsbedürfnis. Gleichwohl kritisieren die TTIP-Kritiker auch diese Maßnahme. Die Nichtregierungsorganisation Foodwatch spricht von „Leseräumen als Hochsicherheitstrakt“.

Dagegen begrüßt Bundestagspräsident Norbert Lammert, dass die Bundestagsabgeordneten nun Einsicht in die konsolidierten Verhandlungsdokumente des geplanten transatlantischen Freihandelsabkommens nehmen können. Es bleibe jedoch abzuwarten, ob die technischen und zeitlichen Möglichkeiten zum Studium der Dokumente dem Informationsbedürfnis und den Informationsrechten der Abgeordneten des Deutschen Bundestages genügen, erklärt Lammert.

Ärger um die Schiedsgerichte

Wer von den gut 600 Bundestagsabgeordneten wann einen der acht Leseplätze im Bundeswirtschaftsministerium benutzen darf, regelt übrigens die Bundestagsverwaltung. Das Bundeswirtschaftsministerium hält sich hier heraus, um sich nicht dem Vorwurf auszusetzen, bestimmte Abgeordnete zu benachteiligen. Künftig soll auch der Bundesrat in die konsolidierten TTIP-Papiere schauen dürfen. „Konsolidiert“ bedeutet dabei, dass die jeweiligen Verhandlungspositionen der USA und der EU-Kommission kenntlich gemacht werden und ersichtlich ist, wo bereits eine Verständigung erreicht wurde.

Bei den Grünen im Bundestag, die zu den Hauptkritikern bei TTIP zählen, fragen sich einige Abgeordnete, wieviel Transparenz Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel beim Freihandelsabkommen tatsächlich gewähren will. Nach Gabriels Ankündigung, einen Leseraum mit Unterlagen zur Vertragsverhandlung für Parlamentarier zu öffnen, sei noch nicht bekannt, wieviel Einblick sie tatsächlich bekämen: Wie lange ist der Raum geöffnet? Wie viele Abgeordnete einer Fraktion dürfen für wie lange rein? Und ganz wichtig: Wie dürfen sie die Informationen verwenden, was darf an die Öffentlichkeit weitergegeben werden?

Bei letzterer Frage lautet die Antwort wohl: so wenig wie möglich. Dass ein Leseraum nun in Berlin überhaupt eingerichtet wird, ist dem großen politischen Widerstand in Deutschland gegen TTIP zu verdanken. Bisher durften in Berlin nur Regierungsmitglieder und -beamte Einblick in die Dokumente nehmen, und zwar in einem Leseraum in der US-Botschaft unter strengsten Auflagen. Der soll nun geschlossen werden, wenn Gabriel zum Lesen einlädt.

Die nächste Verhandlungsrunde der TTIP-Gespräche soll vom 22. bis zum 26. Februar in Brüssel stattfinden. Zentral wird dabei das Thema „Investitionsschutz“ sein: Erstmals wird der EU-Textvorschlag für einen modernen Investitionsschutz in den Verhandlungen behandelt.



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