Herr Heilmann, Sie waren Unternehmer und wurden Politiker. Warum?
Mich hat schon immer interessiert, wie das Zusammenleben von Menschen organisiert wird. Vor sechs Jahren hat sich dann die Gelegenheit ergeben, in die Politik einzusteigen. Das hat mich gereizt.
Sie wurden für die CDU Justizsenator in Berlin. Heute sind Sie ein Berufspolitiker.
Einspruch, Berufspolitiker wurde ich mit meiner Ernennung zum Senator.
Sie gelten spätestens seit Ihrer Investition in Facebook als vermögend. Sie müssten gar nicht mehr arbeiten.
Ich wünsche mir für alle Menschen, dass ihre Arbeit auch Berufung ist, Ihnen die Arbeit Freude macht. Ich habe das Glück, das sowohl für meine Tätigkeit als Politiker als auch als Unternehmer sagen zu können.
Sie könnten ein neues Unternehmen gründen.
Ich habe schon viele Unternehmen gegründet. Ich glaube, man wird irgendwann nicht mehr besser.
Zur Person
Thomas Heilmann (53) ist Unternehmer, Politiker und ehemaliger Honorarprofessor an der Universität der Künste Berlin. Bereits 1990 gründete er die Werbeagentur Delta-Design, die 1991 in "Scholz & Friends" aufging. Bis 2001 war Thomas Heilmann deren geschäftsführender Gesellschafter in der Niederlassung Berlin, anschließend bis 2008 Vorstandsvorsitzender von "Scholz & Friends".
Seit 1980 ist Thomas Heilmann Mitglied der CDU und wurde 2009 zum stellvertretenden Vorsitzenden des Berliner Landesverbandes gewählt. Er war von Anfang 2012 bis Ende 2016 Senator für Justiz und Verbraucherschutz des Landes Berlin.
Fehlt es in der Politik an wirtschaftlicher Expertise?
Die Regierung verfügt über genügend Expertise oder die Möglichkeiten, sich diese zu besorgen. Auch die Beamten und Ministerialmitarbeiter verfügen über wirtschaftliche Kenntnisse. Das Problem sind die Parteien, hier fehlt Wirtschaftskompetenz.
Braucht die Politik mehr Unternehmer im Bundestag?
Ich fände es gut, wenn mehr Unternehmer und Seiteneinsteiger den Weg in die Politik finden. Es fehlen auch Pastoren, die in die Politik wechseln – oder Sportler. Wir brauchen solche Leute als Gegengewicht zu den Berufspolitikern.
Warum entscheiden sich so wenige Unternehmer für die Politik?
Politiker werden buchstäblich jeden Tag kritisiert. Das wirkt auf viele abschreckend. Zugleich halten die Berufspolitiker die Türen fest geschlossen. Ich hatte Glück, dass ich es trotzdem hinein geschafft habe.
Ohne eine Parteikarriere geht oftmals nichts.
Die berühmte Ochsentour. Wer in die Politik will, klebt erstmal zehn Jahre lang Plakate. Jeder muss sich ganz hinten anstellen, selbst Führungskräfte aus der Wirtschaft.
Was kann man dagegen tun?
Beide Seiten brauchen Verständnis für einander. Wir sollten Politiker besser bezahlen, denn sie verdienen oft so schlecht, dass sie nach der Politik einen Anschlussjob brauchen. Wenn Sie dann eine Beschäftigung finden, gelten sie als charakterschwache Lobbyisten oder Verräter. Das ist albern. Wir müssen mehr Wechsel zwischen Wirtschaft und Politik ermöglichen – in beide Richtungen.
Helmut Schmidt wurde für seinen Job als Herausgeber der „Zeit“ nicht kritisiert.
Auch Helmut Schmidt wurde kritisiert. Wir wollen doch alle eine leistungsfähige Gesellschaft. Und wenn Politiker dann in die Wirtschaft gehen, wird es plötzlich kritisiert. Das ist für mich nicht logisch. Es ist doch verständlich, dass jemand nicht vom Jobcenter leben will.