Verband droht mit Konsequenzen Harte Zeiten für Steuergeld-Verschwender

Die Politik verbrennt Steuergeld - Jahr für Jahr. Der Steuerzahlerbund listet die krassesten Fälle in seinem neuen Schwarzbuch auf. Diesmal allerdings überrascht Verbandschef Holznagel mit einer unverhohlenen Drohung.

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Reiner Holznagel, Präsident des Bundes der Steuerzahler, bei der Vorstellung des neuen Schwarzbuchs. Quelle: dapd

Berlin Seit 40 Jahren kämpft der Bund der Steuerzahler mit seinem „Schwarzbuch“ gegen Steuergeldverschwendung. Doch die Politik schert das offensichtlich wenig. Völlig ungerührt von Kritik versenkt sie Jahr für Jahr das Geld ihrer Bürger: Ein neues Parkhaus, das nicht genutzt wird, eine neue Sporthalle, bei der Parkplätze, Fahrradständer und Zufahrstraßen vergessen wurden oder andere Projekte, deren Kosten durch Fehlplanungen und politische Gedankenlosigkeit ausuferten.

Den Steuerzahlerbund-Präsidenten Reiner Holznagel ärgert dieser scheinbar sorglose Umgang mit Steuergeldern bei Bund und Ländern. Er legt zurecht den Finger in die Wunde, wenn er daran erinnert, „dass jeder Euro Steuergeld zunächst durch die Bürger verdient werden muss, bevor er zu treuhänderischen Verwendung in die Kassen des Staates gegeben wird“.

Im aktuellen „Schwarzbuch“ werden über 100 Fälle öffentlicher Verschwendung aufgelistet. Teilweise erscheinen sie wie Peanuts angesichts der Staatsschuldenkrise, wo mittlerweile Summen aufgerufen werden, die sich kein Mensch mehr vorstellen kann. Das räumt auch Holznagel ein. Doch ist das für ihn kein Grund, zurückzustecken. Vielmehr weist er mit Blick auf die Krisenkosten darauf hin, was geschehen könne, „wenn Staaten den eigenen Anspruch an einen effizienten und zielgerichteten Umgang mit Steuergeld aufgeben“.

Wie leicht der öffentlichen Hand Projekte aus der Hand gleiten, zeigt etwa der neue Berliner Hauptstadtflughafen. Noch nicht einmal eröffnet, trägt der Airport durch schlechtes Management und erhebliche Kostensteigerungen schon den Makel von Steuergeldverschwendung. Auch wenn noch gar nicht sämtliche Kosten beziehungsweise Kostensteigerungen auf dem Tisch liegen, steht bereits fest, dass die Steuerzahler tief in die Tasche greifen müssen, um die Mehrkosten des Flughafenbaus zu finanzieren. Derzeit geht man von Kosten von weit über vier Milliarden aus – Ende noch offen.

Holznagel spricht von einem „Schlamassel“, über das weltweit gespottet werde. Er stellt denn auch der Politik ein verheerendes Zeugnis für dieses Desaster aus: „Mit diesem Bauprojekt haben wir ein weiteres Beispiel dafür, dass Politik und Verwaltungen zu kurzfristig planen,  die Kosten nur mit Minimalansatz durch die politischen Gremien bringen, ausschreibungsrelevante Bestandteile schlichtweh vergessen oder sich politische Änderungswünsche im Nachgang als besonders kostenträchtig herausstellen.“

Natürlich, fügt Holznagel hinzu, dürften nicht alle Probleme der Politik angelastet werden. Aber wenn Politiker, wie im Fall Schönefeld, „in Aufsichtsräten entscheidende und führende Rollen einnehmen, dann müssen sie zu ihrer Verantwortung stehen“. Der Bund der Steuerzahler fordert daher drastische Konsequenzen.

Um Steuerverschwendung künftig zumindest deutlich zu reduzieren, soll es Beamten wegen „Haushaltsuntreue“ an den Kragen gehen. Holznagel plädiert für die Schaffung eines eigenen Straftatbestandes der Haushaltsuntreue. Ob die Politik mitzieht? Jedenfalls hat sie sich verpflichtet, etwas zu tun. Nicht umsonst verweist der Steuerzahlerbund auf einen entsprechenden Passus im schwarz-gelben Koalitionsvertrag. Darin heißt es: "Wir werden Steuerverschwendung gemeinsam mit Ländern und Kommunen entschlossen bekämpfen."


Gefängnis für Steuergeld-Verschwender

Vor diesem Hintergrund ließ der Verband ein Gutachten erstellen. Der Münchner Strafrechtler Bernd Schünemann kommt darin zu dem Ergebnis, dass der geltenden Untreue-Paragraf 266 im Strafgesetzbuch bei Haushaltsuntreue kaum noch anwendbar sei. So seien vor allem die Hürden für den Schadensnachweis zu hoch. Er regt daher eine Sonderregelung an, die Verstöße von Amtsträgern gegen das Gebot der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit unter Strafe stellt, sofern es sich um einen vorsätzlichen Verstoß handle. Außerdem sollten sich Beamte im Zweifel bei den für die Haushaltskontrolle zuständigen Rechnungshöfen oder ihren kommunalen Rechnungsprüfungsämtern vorab grünes Licht für eine Entscheidung geben lassen können.

Der neue Paragraf 349 im Strafgesetzbuch würde demnach Beamte bei einer vorsätzlichen Missachtung des Haushaltsrechtes mit einer Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit einer Geldstrafe bedrohen. Auch für Ausschreibungen, etwa von Bauprojekten, soll es künftig schärfere Vorschriften geben. Geprüft wird laut Holznagel derzeit, welche Steuerverschwendungen justiziabel seien.

Bei all dem Ärger über den sorglosen Umgang mit dem Geld der Bundesbürger, gibt es auch einige Lichtblicke. Das „Schwarzbuch“ nennt exemplarisch auch Fälle, wo Steuergeld gerettet wurde. So wurde etwa der elektronische Entgeltnachweises „Elena“ – ein von der einstigen schwarz-roten Vorgängerregierung angestoßenes Datenspeicherprojekt – wieder gestoppt. Im Jahr 2009 lobte die Bundesregierung das Meldesystem noch als Vorzeigeprojekt für den Bürokratieabbau.

Doch zeigte sich alsbald, dass neben den massiven datenschutzrechtlichen und technischen Problemen vor allem kleine und mittlere Unternehmen durch die lästigen Meldepflichten belastet wurden und das Projekt auch dem Staat teuer kam. Es folgte die Kehrtwende.

Im Koalitionsvertrag zwar noch vorgesehen, wurde „Elena“ im Herbst 2011 begraben. Das anfängliche Hochloben der Koalitionäre drehte sich um 180 Grad. Der Steuerzahlerbund konstatierte: „Lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende.“ Dennoch stellt der Bund im laufenden Jahr 2012 weitere 5,75 Millionen Euro bereit, um das gescheiterte Projekt abzuwickeln, 750.000 Euro davon für kommunikative Maßnahmen, also, wie der Verband spöttelt, für den öffentlichkeitswirksamen Abgesang auf „Elena“.

Auch das Bundesarbeitsministerium geriet ins Grübeln, nachdem der Steuerzahlerbund erstmals im „Schwarzbuch“ 2010 das kostspielige Anheuern von gleich drei PR-Agenturen auf einmal kritisierte, obwohl zugleich knapp 40 Mitarbeiter in vier verschiedenen Referaten für die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit des Ministeriums zuständig waren.  Diesen Missstand griff auch der Bundesrechnungshof in seinem Jahresbericht 2011 auf. Vor allem, dass der interne Personal-Wirrwarr und der teure Zukauf von PR-Experten letztlich zur Steuergeldverschwendung geführt haben.

Immerhin habe das Ministerium reagiert und eine umfassende Aufgabenkritik in Gang gesetzt, um Möglichkeiten einer Aufgabenbündelung auszuloten und Einsparpotenziale zu ermitteln, freut sich der Steuerzahlerbund. Manchmal lohnt es sich eben doch, der Politik auf die Finger zu klopfen.

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