Wehrmachts-Panzer im Karnevalszug Vom Umzugswagen ins Polizei-Verhör

Anti-Asyl-Panzer in Wehrmachts-Optik, Flüchtlinge als „Plage“: In mehreren deutschen Städten haben die Karnevalsumzüge ein juristisches Nachspiel. Der Vorwurf: Volksverhetzung. Die Verantwortlichen reagieren entsetzt.

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Ein Panzer zur Abwehr von Asylbewerbern: Dieser Umzugswagen hat nicht nur bundesweit für Empörung gesorgt – auch die Staatsanwaltschaft schaltet sich ein. Quelle: dpa

Düsseldorf Zunächst sah alles nach einem gelungenen Umzug aus: Hunderte Faschings-Fans kamen zum Umzug des Oberilmtaler Carneval-Vereins (OCV) in Reichertshausen, verkleidet als Braunbär, Pinguin oder Erdbeere. Das Prinzenpaar Maximilian I. und Alexandra II. verteilte Unmengen von Süßigkeiten an die Zuschauer am Straßenrand.

Und auch eine Gruppe von Flüchtlingen aus dem benachbarten Jetzendorf nahm an dem Umzug am Sonntag teil, berichtet der Zugleiter des OCV, Konrad Moll dem „Donaukurier“. Doch der letzte von zehn Wagen war es, der außerhalb des beschaulichen Ilmtals in Oberbayern für Furore sorgte und dem OCV bundesweit Schlagzeilen einbrachte.

Der Karnevalswagen hatte die Form eines Wehrmachtspanzers, an den Seiten waren die Schriftzüge „Ilmtaler Asylabwehr“ und „Asylpaket III“ angebracht. Unter dem Kanonenrohr die Frage: „Asyl wir schaffen das???“. Das Foto des Umzugswagens ging bundesweit durch die Presse. Der Schauspieler Florian Simbeck, bekannt aus den „Erkan-und-Stefan“-Filmen, hatte zuerst Fotos des Umzugswagens bei Facebook veröffentlicht und damit auf der Facebook-Seite des OCV einen Shitstorm ausgelöst.

Für die Wagenbauer hat der Asyl-Panzer nun juristische Konsequenzen. Die Staatsanwaltschaft Ingolstadt ermittelt wegen des Verdachts der Volksverhetzung. „Wir sind jedoch nicht nur auf dieses Delikt beschränkt“, sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Handelsblatt Online. Auch andere mögliche Vergehen, wie Beleidung oder Aufruf zu Straftaten würden geprüft. Ermittelt werde gegen „mehrere Personen“. Es lägen zudem mehrere Anzeigen vor.


Narren im Heuschrecken-Kostüm

Der Veranstalter des Faschingsumzuges ist nun um Schadensbegrenzung bemüht: „Ich bedauere die Unachtsamkeit außerordentlich“, sagte Zugleiter Konrad Moll am Montag der Deutschen Presse-Agentur. „Ich war mir der Tragweite nicht bewusst“, sagte Moll. In der Kürze der Zeit habe er die Brisanz der Aufschrift nicht erkannt. Moll nannte es „eine Katastrophe“, dass der OCV nun in die ausländerfeindliche Ecke gestellt werde.

Dabei ist der Reichertshausener Asyl-Panzer nicht der einzige Umzugswagen, der in dieser fünften Jahreszeit die Staatsanwaltschaften beschäftigt. So schickten Karnevalisten im thüringischen Wasungen einen als Zug gestalten Wagen mit der Aufschrift „Balkan-Express“ auf die Straße. Auf der Lokomotive war zudem die Aufschrift „Die Ploach kömmt“ („Die Plage kommt“) zu lesen. Neben dem Zug liefen Narren im Heuschrecken-Kostüm.

Nun ermittelt Staatsanwaltschaft Meiningen im Falle des Wasunger „Balkan-Express“ – bei der Behörde liegt eine Strafanzeige wegen Volksverhetzung vor. So könnte es einigen Wasunger Narren ähnlich ergehen, wie den Verantwortlichen des Asyl-Panzers in Oberbayern: Dabei handelt es sich laut „Süddeutscher Zeitung“ um ein Brüderpaar.

Sie müssen nicht nur einen Kater aushalten, sondern auch unangenehme Fragen der Polizei über sich ergehen lassen. Am Sonntagabend seien die beiden „Buben“ nicht mehr befragt worden, sagte OCV-Vorstand Tobias Winkelmeier der „Süddeutschen“. Dafür seien sie noch zu betrunken gewesen.

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