Werner knallhart
Nochmal mit Adidas auflaufen: Die offiziellen Trikots der deutschen Fußball-Nationalmannschaft für die kommende Fußball-Europameisterschaft 2024- Quelle: dpa

Ärger um DFB und Nike: Sollen wir etwa aus Mitleid patriotisch shoppen?

Nike statt Adidas – reihum zeigte sich die Politik enttäuscht von ach so wenig Deutschlandliebe des Fußballbundes. Ist es jetzt soweit, dass wir nur noch als Einkaufspatrioten unsere Wirtschaft retten? Und wenn ja: Wie soll das gehen? Eine Kolumne.

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Würden Sie die folgende These mit Ihrem guten Namen unterschreiben? Nicht die im Vergleich zu Adidas viel flauschigere Qualität der Nike-Trikots oder deren edles Garn haben den DFB in die Arme der Amerikaner getrieben. Wenn irgendetwas an einer Profifußballerausrüstung Hightech ist, dann ja wohl die Schuhe. Und die dürfen sich die Spieler ihren Füßen zuliebe ja ohnehin seit Jahren frei aussuchen – unabhängig vom DFB-Ausrüsterdeal.

Es geht um Geld und Ruhm. Nike zahlt mehr als das Doppelte. Das Angebot ist also doppelt so gut. Fertig.

Hier auf Adidas zu setzen, hätte in der Tat eine Menge Standort-Patriotismus erfordert, wie ihn sich Wirtschaftsminister Robert Habeck gewünscht hätte. Einen Patriotismus im Gegenwert von 400 Millionen Euro über die Laufzeit des Nike-Deals bis 2034. „Wir haben uns dazu entschieden, 400 Millionen Euro in den Sand zu setzen, einfach um Adidas treu zu bleiben.“ Das klänge schon anders, ne? Man hätte den DFB für bescheuert erklärt.

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Ein Wirtschaftsminister, der sich wünscht, dass Unternehmen millionenschwere Nachteile in Kauf nehmen, wenn sie auf deutsche Hersteller setzen: Hüstel! Ist das der moderne Patriotismus in Zeiten, in denen Deutschland dank schlechter Standortpolitik abschmiert?

Standort-Patriotismus heißt jetzt also: sich mit Nachteilen abfinden

Da treibt es einem die Tränen in die Augen. Aber in einigen Fällen ist das ja tatsächlich gelebte Wirtschaftspraxis. Es gibt Firmen, die die Flüge ihrer Belegschaft immer noch standardmäßig bei der guten, alten Lufthansa buchen, weil das irgendwie schon immer so war. Wegen Miles and More und so. Auch wenn es bei der neuen Konkurrenz billiger wäre – bei gleichem Service an Bord.

Firmen, die ihre Dienstwagen wie unbesehen bei deutschen Herstellern bestellen, weil: Wie sähe das denn aus, wenn statt eines Audis plötzlich ein Peugeot um die Ecke käme? Standort-Patriotismus aus Tradition – auch wenn der teurer ist. Bis zu welchem Schmerzpunkt wollen wir uns diese ehrenamtliche Subventionierung des Standortes Deutschland noch leisten?



Denken wir das einmal weiter: Deutschlands Wirtschaftskrise wird von Experten auch auf die maue Binnennachfrage zurückgeführt. Die Deutschen halten ihr Geld zusammen. Würden wir das tun, was unser Wirtschaftsminister sich für den DFB gewünscht hat, dann würden wir unser Geld standort-patriotisch in deutsche Produkte und Dienstleistungen investieren.

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In vielen Fällen greifen selbst private Endverbraucher willentlich zu deutschen Produkten oder kaufen bei deutschen Anbietern. Und zwar aus vernünftigen Gründen:

  • Äpfel, Spargel, Erdbeeren aus der Region – wegen Klima und Geschmack.
  • Küchen und Schlafzimmermöbel made in Germany halten ein Leben lang.
  • Von deutschen Waschmaschinen braucht man im Leben, wenn es gut läuft, gerade mal drei.
  • Walmart hat Deutschland wieder verlassen, weil wir uns lieber bei unseren Lidl, Aldi, Rewe, Netto, Penny und Edeka eindecken. Weil billiger, weil oft Produkttestsieger und weil um die Ecke.
  • Galeria Karstadt Kaufhof geht ein. Otto hat verstanden: Die Kunden wollen online shoppen.
  • Die Jungs von Flixbus haben alle internationalen Konkurrenten weggebissen. Weil sie besser sind.

Kundenmitleid ist kein Geschäftsmodell. Dafür braucht es kein Mitleid als Standortvorteil. Damit lockt man nur die Nostalgiker. Für echte Schlagkraft braucht es Qualität, Service und gute Preise. Wer will, dass wir Deutsches konsumieren, muss nur liefern.

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Ich finde es richtig, wenn etwa Edeka und Rewe amerikanische Lebensmittelriesen wie Coca-Cola oder Kraft Heinz auslisten und sogar eigene Marken entwickeln, um etwa bei Ketchup bessere Preise für die Kunden und mehr Marge für sich selbst rauszuschlagen. Da ziehe ich als Kunde gerne mit. Das weckt in mir den Wunsch hierzulande zusammenzuhalten.

Aber oftmals können wir gar nicht anders: Ich hätte nichts gegen ein deutsches Smartphone, nichts gegen einen weltweit erfolgreichen Social-Media-Konzern aus Deutschland, nichts gegen einen echten Elektrovolkswagen für unter 20.000 Euro, nichts gegen eine KI auf Weltniveau aus Brandenburg, eine Kreditkarte von einem Frankfurter Anbieter, eine Musik-App nicht aus Schweden, sondern von hier, und einen intelligenten Lautsprecher für mein digital steuerbares Zuhause made in Germany.

Gerne wieder her mit dem besten Angebot der Welt von hier. Bis dahin bandelt der DFB mit Nike an, kauft die Deutsche Bahn ihre ICE jetzt nicht nur bei Siemens, sondern auch bei Talgo in Spanien und gucken wir Spitzenunterhaltung nicht in der (gescheiterten) Deutschland-Mediathek, sondern bei Apple TV +.

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