Beginn der Paralympics Von Gleichbehandlung weit entfernt

Deutsche Unternehmen sponsern die Paralympics. Doch im Alltag bleiben Menschen mit Behinderung nach wie vor außen vor. Auch ARD und ZDF nehmen es mit der Gleichbehandlung nicht so eng.

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Spielerinnen des Deutschen Rollstuhlbasketballteams Quelle: dpa

Über 80.000 Zuschauer werden am Mittwochabend im Londoner Olympiastadion sein, darunter Queen Elizabeth II., und mehr als eine Milliarde Menschen werden an den TV-Geräten nach Großbritannien schauen. Zwei Wochen nach dem Ende der Olympischen Spiele feiert die Insel erneut eine Sportparty: die Paralympics 2012.

Zum ersten Mal finden die Wettkämpfe der Behindertensportler auf Augenhöhe mit der größten Sportveranstaltung der Welt statt – möchte man meinen. Denn vorab werden beeindruckende Zahlen verbreitet: 1,8 der rund zwei Millionen Eintrittskarten für die Sportveranstaltungen der  4200 Sportler aus 162 Ländern wurden verkauft. Rund 6500 Journalisten – davon rund 180 aus Deutschland plus etwa 200 Mitarbeiter von ARD und ZDF – sorgen dafür, dass die Ereignisse in die Welt getragen werden.

Zuschauer bleiben auf der Strecke

Vor zwölf Jahren bei den Paralympics von Sydney wurden nur 15,56 Stunden der Spiele in den beiden Hauptprogrammen von ARD und ZDF gewidmet. Nun werden es 65,30 Stunden sein, versprechen die öffentlich-rechtlichen Sender. So weit, so gut. Doch das ist längst noch nicht ausreichend.

Zum Vergleich: Die Olympischen Spiele vor wenigen Wochen wurden sage und schreibe 230 Stunden lang von ARD und ZDF begleitet. Das zeigt: Die Aufmerksamkeit für die Paralympics steigt, sie ist jedoch noch lange nicht auf Olympia-Niveau. Fehlt es den öffentlich-rechtlichen Sendern an Mut? Die ARD erklärte vorab, man hoffen, dass die Zuschauer das Angebot annehmen.  Gerne! Aber die Liveübertragungen finden meist tagsüber statt. Zur Hauptsendezeit, also am Abend, gerne auch nach der Tagessschau, senden die TV-Sender nichts aus London. Die Folge: Für die meisten Zuschauer bleiben die Spiele auf der Strecke.

Sponsor Allianz mit mauer Quote

Die kuriosesten Olympia-Prämien
Goldbarren der Deutschen Bundesbank Quelle: dpa
Flugticket auf den Namen Anuschka Meissner Quelle: dpa
Hannover 96 supporters Quelle: dpa
Die Rockoper "Jesus Christ Superstar" von Andrew Lloyd Webber wird am Dienstag in Erfurt auf den Domstufen unterhalb des Doms (l) und der Severikirche geprobt. Quelle: dpa/dpaweb
Olympics stamps are displayed at Potters Fields, London Quelle: dapd
The Olympic rings glow before dawn on the Sydney Harbor Bridge with the morning lights illuminating the Opera House in Sydney Quelle: AP
South Korean Army soldiers search for landmines Quelle: AP

Zu den Sponsoren: Die Allianz wurde 2011 Partner des Internationalen Paralympischen Komitees (IPC) und Förderer von neun Nationalen Komitees auf lokaler Ebene, darunter des deutschen Behindertensportverbandes. Ziel der Zusammenarbeit ist die Unterstützung von Athleten des deutschen Top-Teams auf ihrem Weg zu den Spielen in London 2012. Ist das alles? Sich den Paralympics zuzuwenden, ist löblich. Noch besser wäre es aber, die Allianz helfe dabei, Menschen mit Behinderung zukunftsorientiert in die Arbeitswelt zu integrieren. 2010 lag die Behindertenquote des Unternehmens bei 4,1 Prozent. Nur acht der 30 Dax-Unternehmer habe eine schlechtere Quote. Die Vorgabe, den Anteil schwerbehinderter Arbeitnehmer auf 5,0 Prozent zu erhöhen, verfehlt die Allianz deutlich. Als Ausgleichsquote zahlt der Konzern pro Jahr 525.000 Euro. Besser macht es die Telekom, die sich neben der Allianz und Audi als Nationale Förderer beteiligt. Sie kommt auf eine Quote von 8,0 Prozent.

Wichtiger Schritt zur Inklusion

Beschäftigung behinderter Mitarbeiter in den Dax-Konzernen Quelle: Eigene Recherchen

Für die kommenden zwei Wochen gilt: Drücken wir den Sportlern die Daumen. Lassen Sie sich überzeugen, dass der Behindertensport vielfältig und individuell und vor allem professionell ist. Für die Sportlerinnen und Sportler ist die öffentliche Aufmerksamkeit ein wichtiger Schritt hin zur Inklusion welche das Verständnis von Normalität und Vielfalt bekräftigt - nicht nur in London, sondern in ganz Europa und der Welt.

Solange die Medien sich nicht selber fordern, um Menschen mit Behinderung  zu fördern und es nicht schaffen, das Interesse von Nicht-Behinderten für den Behindertensport zu wecken, sind die Paralympics noch lange nicht auf derselben Wellenlänge wie die Olympischen Spiele.

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