EU-Verpackungsverordnung „Hunderte Recyclingbetriebe sind in Gefahr“

Plastikverpackungen sollen mit der neuen EU-Verordnung auf ein Minimum heruntergefahren werden. Quelle: imago images

Das EU-Parlament hat sich geeinigt: Die Verpackungsverordnung kommt. Die Recyclingwirtschaft brauche das Gesetz dringend, sonst könne sie nicht überleben, sagt deren Chef-Lobbyist.

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Am Montag haben die Länder zum letzten Mal im EU-Parlament über die Verpackungsverordnung verhandelt. Jetzt geht es in die formelle Abstimmung. Seit vier Jahren ist das Gesetz Thema. Die Richtlinie verpflichtet Unternehmen etwa, bis 2030 nur noch recyclingfähige Verpackungen einzusetzen. Gewisse Einwegverpackungen für Lebensmittel werden verboten. Andreas Bruckschen, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands der Deutschen Entsorgungs-, Wasser- und Kreislaufwirtschaft (BDE), sieht eine Branche in Gefahr.

WirtschaftsWoche: Herr Bruckschen, die Verpackungsverordnung wurde nach jahrelangen Diskussionen durchgewunken. Wie ist die Stimmung in der Recyclingwirtschaft?
Andreas Bruckschen: Die Wirtschaft ist sich insgesamt einig, dass wir diese Verpackungsverordnung brauchen. Alle sind davon überzeugt, dass wir diesen Prozess zu mehr Kreislaufwirtschaft eigentlich voranbringen müssen – und das trifft ganz besonders auf Deutschland zu. Denn hierzulande werden enorme Mengen an Verpackungen produziert. Es wäre wirklich schlimm gewesen, wenn das nicht gelungen wäre. Insbesondere für den Recyclingmarkt.

Wieso?
Rezyklate, also wiederverwertete Kunststoffabfälle, sind in der Produktion häufig teurer als herkömmliche Kunststoffe aus Erdöl. Die Nachfrage nach Rezyklaten ist derart eingebrochen, dass einige unserer Mitgliedsunternehmen wirklich überlegen, ob sie weiterhin Kunststoffrecycling betreiben sollen. Sie haben viel Geld in solche Anlagen investiert, die nun nicht mehr rentabel sind. Daher ist die Verordnung so wichtig, weil sie einen Mindesteinsatz von Rezyklaten in Verpackungen vorsieht und damit die Nachfrage nach vorantreibt.

Quelle: PR

Zur Person

Wie sieht dieser Markt denn aus?
Es sind insbesondere die Mittelständler, die sich auf Recycling spezialisiert haben. Das heißt, die kümmern sich um die Erfassung, Sortierung und Verwertung der Materialien. Und wenn sich keine Abnehmer für ihr Rezyklat finden, dann lohnt sich der ganze Aufwand nicht mehr. Es gibt Hunderte solcher Betriebe, die in Gefahr sind.



Sobald das Gesetz in Kraft tritt, müssen manche Regeln sofort umgesetzt werden. Wie weit ist die deutsche Wirtschaft?
Jedes Jahr wird ein sogenannter Mindeststandard für Verpackungen erstellt und weiterentwickelt. Aber das ist eben nur ein Mindeststandard, das sind kleine Schritte.

Das heißt, die meisten Unternehmen halten sich an die Mindeststandards, aber gehen noch nicht den Schritt weiter?
Genau, das ist der Punkt. Einige Unternehmen treiben mit ökologischen Verpackungen die Kreislaufwirtschaft maßgebend voran. Aber so engagiert sind nicht alle Unternehmen. Zwar verweigert niemand diese Entwicklung, aber alle haben unterschiedliche Lösungswege.

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Anfang Juni wird ein neues EU-Parlament gewählt. Was passiert, wenn die Verordnung nicht mehr in dieser Legislaturperiode durchkommt?
Nach derzeitigem Stand ist das neue Parlament verpflichtet, sich mit diesem Gesetzesprozess weiter zu beschäftigen. Denn anders als im Bundestag gibt es in der EU ein Kontinuitätsprinzip. Die Frage ist nur, wer dann Berichterstatter für das Gesetz wird. Ob es der alte bleibt oder jemand neues für den Gesetzesvorschlag zuständig ist. Man rechnet ja mit einem politischen Rechtsruck bei den Wahlen. Bislang war Kreislaufwirtschaft kein zentrales Thema der Rechtsparteien. Dadurch kann sich die Verpackungsverordnung noch einmal verzögern und wenn die Recyclingbranche weitere zwei Jahre warten muss, könnten die Anlagen bis dahin schon längst abgeschaltet sein.

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