EZB-Strafzins Jetzt schnappt die Negativzins-Falle zu

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Tresor statt EZB-Konto

Mit dem Strafzins will die EZB Banken eigentlich dazu zwingen, mehr Kredite zu vergeben. Zwar ist die Kreditvergabe in der Euro-Zone leicht angestiegen. Trotzdem leiden die Banken unter den Negativzinsen und kompensieren diese teilweise, in dem sie etwa für Girokonten höhere Gebühren verlangen. Beispiele aus Dänemark oder Schweden zeigen bereits, dass der Negativzins den unerwünschten Nebeneffekt haben kann, dass Banken im Gegenzug die Gebühren für Kredite erhöhen - und die Kreditnachfrage entsprechend noch geringer wird, als sie es ohnehin schon war. Denkbar, dass dieses Szenario auch der Euro-Zone droht. Bisher wehren sich Banken vehement dagegen, Negativzinsen direkt an ihre Kunden weiterzugeben. Zu groß ist der Wettbewerb unter den Instituten, flüchtende Kunden kann sich keiner erlauben.

Flucht ins Bargeld

Drückt die EZB den Einlagezins nun wie erwartet noch weiter ins Minus, droht das gefürchtete Ausweichmanöver ins Bargeld. Laut einem Bericht der "FAZ" wirbt der bayerische Sparkassenverband unter seinen Mitgliedsinstituten bereits offen dafür, Geld lieber im Tresor zu horten, als es bei der EZB gegen eine Strafgebühr anzulegen. Als "EZB-Bargeldschutz" wird diese Möglichkeit offenbar erörtert.

Beobachter hatten bereits befürchtet, dass ein zu stark negativer Zins zu derartigen Ausweichreaktionen führen könnte. Entsprechend aufmerksam registriere die EZB diese Bewegungen, heißt es im Bericht der "FAZ". Solange es nur einzelne kleine Geldinstitute sind, die derartige Überlegungen anstrengen, sind die Effekte zu vernachlässigen. Je mehr Banken und Sparer allerdings darüber nachdenken, das Geld aus dem Finanzkreislauf abzuziehen, desto kontraproduktiver wirkt der Strafzins. Die EZB weiß um diese Gefahr, denkbar wäre daher die Einführung eines gestaffelten Einlagezinses. In dem Fall könnte der höchste Strafzins beispielsweise nur für Überschussreserven gelten, die durch zusätzliche Anleihekäufe der Notenbank entstehen.

Grundsätzlich dürfte der Strafzins kaum wirken, solange die Kreditnachfrage gering bleibt. Für viele Unternehmer ist das Umfeld weiterhin zu unsicher, sie scheuen vor Investitionen zurück und fragen entsprechend auch keine Darlehen nach. Aus Sicht einiger pessimistischer Volkswirte ist das sogar ein positives Zeichen. Würde die Kreditnachfrage nun deutlich zunehmen, heißt es, stiege damit gleichzeitig das Risiko für reihenweise Kreditausfälle in der mittleren Frist. Denn der Aufschwung, so die kritischen Stimmen, sei in der Euro-Zone keinesfalls in Stein gemeißelt.

Banker schlagen Alarm

Umso spannender ist, dass mittlerweile einige Banker selber davor warnen, die negativen Zinsen könnten dafür sorgen, dass Institute ihren Bestand an riskanten Krediten weiter ausbauen. "Einige Banken gewähren Kredite im Übermaß zu Konditionen, die nach meiner Einschätzung auch Potenzial für künftige Risiken im System bergen", sagte der Chef der Schweizer UBS, Sergio Ermotti, im Interview mit Bloomberg TV. Laut Ermotti könnten Risiken etwa bei der Vergabe von Hypotheken entstehen, da Banken dort Kredite ausweiten würden, um die Erträge zu steigern. Ebenfalls hätten Kreditinstitute begonnen, Gebühren für Dienstleistungen zu verlangen, welche früher durch Einlagen subventioniert gewesen seien. Drängt am Ende die Zentralbank Banken ins Risiko?

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