Islamismus in Frankreich und Europa Ausgrenzung nährt den Fundamentalismus

In Frankreich haben Terroristen mehr Anschläge verübt als in anderen europäischen Ländern. Das ist kein Zufall, sondern verweist auf die tieferen gesellschaftlichen Ursachen des Islamismus.

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Islamismus in Frankreich, woher die Bedrohung stammt. Quelle: imago images

Seit den Terroranschlägen im November 2015 herrscht in Frankreich der Ausnahmezustand. Fünfmal schon wurde er verlängert, zuletzt bis zum Juli dieses Jahres. Die französische Regierung glaubt, so den islamistischen Terrorismus besser bekämpfen zu können.

Ausgangssperren, Durchsuchungen und Hausarreste bleiben so auch ohne richterlichen Beschluss erlaubt. Das Attentat von Nizza, bei dem ein Mann mit einem Lastwagen 86 Menschen tötete – ausgerechnet am Nationalfeiertag, am 14. Juli 2016, wurde dennoch nicht verhindert.

Den tieferen Ursachen des Terrorismus ist mit dem Ausnahmezustand allerdings nicht beizukommen. Man hat in Frankreich erkannt, dass es notwendig ist, Muslime und den Islam besser ins Land zu integrieren, um so eine Radikalisierung zu verhindern.

Dazu sollen etwa die Imame Französisch sprechen und in Frankreich ausgebildet werden, außerdem hat der jetzige Premier- und frühere Innenminister Bernard Cazeneuve eine religiöse Vereinigung angekündigt, die neue Geldquellen erschließen soll, etwa für den Bau von Moscheen, dabei aber auch Geld vom Staat erhalten soll. So soll der Einfluss ausländischer Geldgeber verringert werden. Ob das allerdings den gewünschten Erfolg bringt, ist fraglich.

Frankreichs Antwort auf den Terror

Die Ursachen liegen vermutlich an ganz anderer Stelle: „Die soziale Exklusion und häufig soziale Missstände wie Armut sind ein idealer Nährboden für die Radikalisierung – und dieser ist leider in vielen französischen Vorstädten vorhanden“, sagt Jens Althoff, Büroleiter der Heinrich-Böll-Stiftung in Paris. Die Regierung tue zu wenig dagegen, setze nach den Terroranschlägen vor allem einseitig auf Repression. 

 „Sowohl in Deutschland als auch in Frankreich müssen Vereine und Initiativen unterstützt und gestärkt werden, die vor Ort Prävention betreiben und gegen Radikalisierung vorgehen“, so Althoff. Das sollte am besten mit einem gemeinsamen Programm auf europäischer Ebene gelöst werden. Gleichzeitig muss aber, und das vor allem in Frankreich, die Jugendarbeitslosigkeit bekämpft werden, denn die liegt bei muslimischen Jugendlichen in den „Banlieue“ genannten Vorstädten bei über 40 Prozent. Die Attentäter von Paris und Nizza sind ebenso wie der Berliner Attentäter Anis Amri zuvor als Kleinkriminelle aufgefallen. Sie wuchsen in belgischen und französischen Vororten auf.

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