Spenden Gesine Schwan: Muntere Kooperation bei Spendengeldern

Wie Bundespräsidentschafts-Kandidatin Gesine Schwan mit Spendengeldern der Viadrina-Universität das Engagement ihres Ehemanns unterstützt.

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Ehepaar Eigen und Schwan: die Quelle: AP

Sie sind ein politisches Power-Paar. Sie, die Hoffnung der krisengebeutelten SPD, die Kandidatin für das Amt des Bundespräsidenten. Er, der Kämpfer für eine bessere Welt, Gründer der Anti-Korruptionsvereinigung Transparency International (TI). Gesine Schwan und Peter Eigen genießen höchste Reputation. Und doch werden jetzt Details ihres Zusammenwirkens bekannt, die beider Ruf in ein schlechtes Licht rücken.

Nicht nur, dass Schwan auch im Namen ihres Mannes dem Pharmakonzern Ratiopharm Hilfe bei der ethischen Neuausrichtung des Unternehmens anbot und gleichzeitig einen „nennenswerten Betrag“ – auf jeden Fall mehr als 20.000 Euro – für ihre Viadrina-Universität forderte (WirtschaftsWoche 22/2008). Auch eine fragwürdige 5000-Euro-Spende, die Schwan als Präsidentin der Viadrina-Universität an eine von ihrem Mann gegründete Organisation weiterreichte, wirft eine Menge Fragen auf.

Schwan und Eigen haben 2004 geheiratet. Für beide ist es die zweite Ehe. Damals führte der ehemalige Weltbank-Direktor Eigen noch Transparency International, eine Organisation, die Konzerne und Regierungen bei der Bekämpfung von Bestechung und Korruption berät. TI leistet viel Gutes, hat unter anderem wesentlichen Anteil daran, dass deutsche Unternehmen inzwischen Schmiergeldzahlungen im Ausland nicht mehr im Inland von der Steuer absetzen können. 2005 zog sich Eigen von der TI-Spitze zurück und gründete später die Extractive Industries Transparency Initia-tive, kurz EITI. Diese Organisation kämpft dagegen, dass in Entwicklungsländern die Einnahmen aus Rohstoff-Exporten bei korrupten Machthabern versickern. Zudem hob Eigen das Berlin Civil Society Center (BCSC) aus der Taufe, das Organisationen wie etwa Amnesty International oder TI bei der täglichen Arbeit unterstützt.

Schwan ist seit 1999 Präsidentin der deutsch-polnischen Europa-Universität Viadrina in Frankfurt/Oder. Ihr Credo lautet „Good Governance“, gute Führung etwa in Regierungseinrichtungen und Behörden. Deshalb initiierte die heute 65-Jährige zusammen mit der Humboldt-Universität in Berlin 2003 die Gründung einer Humboldt-Viadrina School of Governance (HVSG). Nach schweren Geburtswehen soll diese Anfang 2009 endlich die Lehrtätigkeit aufnehmen.

Schon um der eigenen Glaubwürdigkeit willen, sollte man meinen, würden Schwan und Eigen peinlichst darauf achten, die finanziellen Interessen ihrer Einrichtungen voneinander zu trennen. Doch das Gegenteil ist der Fall: BCSC und HVSG, die formal unabhängig sind, kooperieren nicht nur munter, sondern schaffen Finanzbeziehungen untereinander und sehen sich als „Zwillingsinstitutionen“.

Am 23. Mai 2007 überwies Schwan, wie sie gegenüber der WirtschaftsWoche bestätigt, von einer Kostenstelle der Europa-Universität Viadrina, „(...) auf der die von mir eingeworbenen Spendengelder liegen (...)“, 5000 Euro an das Berlin Civil Society Center, das ihr Mann gegründet hat. Das Geld landete allerdings vorübergehend auf dem Konto der EITI, die von ihrem Mann geleitet wird. Das BCSC besaß damals noch kein eigenes Konto. Die Dringlichkeit der Überweisung erklärt Eigen so: Das in Gründung befindliche BCSC habe „laufende Ausgaben etwa für einen Assistenten und Miete begleichen“ müssen. Eine spezielle Zweckbindung für die Verwendung des Geldes durch das BCSC habe es nicht gegeben.

Der nordrhein-westfälische Verfassungsrichter Wolfgang Löwer von der Universität Bonn, einer der führenden deutschen Hochschulrechtler, sieht darin einen „grenzwertigen Geldfluss“. Doch Schwan findet die Überweisung korrekt. Weil die Governance-School „auf eine enge Kooperation mit der organisierten Zivilgesellschaft“ hin angelegt sei, habe die Überweisung „voll den Aufgaben und Vorhaben des HVSG-Projekts“ und damit Viadrina-Zwecken entsprochen, sagt Schwan. Zur organisierten Zivilgesellschaft gehört wohl auch Peter Eigens BCSC.

Unternehmer Merckle: keine Quelle: dpa-dpaweb

Nach dieser Argumentation aber dürfte Schwan bis zu eine Million Organisationen nach eigenem Gusto mit Viadrina-Geld füttern. So viele Organisationen rechnen Wissenschaftler der Humboldt-Universität allein in Deutschland dem nur diffus definierten Bereich Zivilgesellschaft zu.

„Ein Rechnungshof oder ein Staatsanwalt könnte Bedenken haben, dass hier Geld zweckwidrig verwendet worden sei“, befindet Hochschulprofessor Löwer. „Geld, das eine Universität als Spende erhält, muss für universitäre Zwecke verwendet werden“, so der parteilose Jurist, „das erwartet auch der Zuwendungsgeber.“ Dass Schwan „einem zukünftigen privaten Kooperationspartner einer noch nicht existierenden Einrichtung Viadrina-Geld zukommen lässt“, hält Löwer für „nicht unproblematisch“. Sein Fazit: „ Zu prüfen wäre, ob dieser Geldfluss die Grenze des Zulässigen nicht überschreitet.“

Es gibt noch mehr Merkwürdigkeiten. Die Viadrina-Einrichtung HVSG und Eigens neue Organisationen residieren in Berlin unter einem Dach. Angemietet hat das Gebäude in der Wilhelmstraße 67, das die Governance-Schule einmal beherbergen soll, die SG gemeinnützige GmbH im Jahr 2006. Die Firma wurde vom Viadrina-Professor Stephan Breidenbach mit Kapital ausgestattet und wird von ihm geführt. Doch in das Schulgebäude zogen bisher keine Studenten, sondern unter anderem die Eigen-Organisationen EITI und BCSC ein. Schwan legt gegenüber der WirtschaftsWoche darauf Wert, dass „ (...) beide Untermieter (...) den regulären und somit keinen vergünstigten Mietpreis“ zahlen.

Verfassungsrichter Löwer hält auch den Brief an Ratiopharm-Geschäftsführer Gerd Lehmann für problematisch, in dem Schwan anbot, dem Pharmakonzern „uneingeschränkte Glaubwürdigkeit“ zu verschaffen, und im nächsten Satz die Zahlung eines „nennenswerten Betrages“ an die HVSG anregte. Schwan nutzte für das auch im Namen ihres Ehemanns verfasste Schreiben das Briefpapier der Viadrina mit dem historischen Wappen.

„So was geht nicht“, sagt Löwer über diesen Brief. Er sieht darin eine „unzulässige Vermischung von privater Tätigkeit und Amtstätigkeit. Das ist nicht nur ein Verstoß gegen Good-Governance-Regeln, sondern auch gegen Dienstrecht.“

Schwan ging in dem Brief auf die Imageprobleme von Ratiopharm ein. „Wir könnten Sie dabei unterstützen, saubere Mitstreiter zu finden...“, schreibt sie verheißungsvoll. Eigen rechtfertigt die Forderung nach einer finanziellen Zuwendung: „Ratiopharm sollte so ein starkes Indiz geben, wirklich die eigenen Management-Methoden verändern zu wollen.“ Tatsächlich war der damalige Ratiopharm-Chef Philipp Merckle daran interessiert, seinem Unternehmen neben einer generellen Neuausrichtung mithilfe von Transparency zu einem zusätzlichen Nachweis der Integrität zu verhelfen. Ende Mai 2007 trafen er und sein Geschäftsführer Lehmann sich mit Eigen und Peter Schönhöfer, einem renommierten Pharmakritiker und Mitglied der Arbeitsgruppe „Gesundheitswesen“ bei Transparency Deutschland. Die Herren loteten Möglichkeiten einer Zusammenarbeit aus, das Ergebnis blieb jedoch vage. Erst gegen Ende des Treffens gesellte sich Eigens Gattin zu der Runde.

Schwan drängte sich nun, so sieht es Merckle, in die sich anbahnende Geschäftsbeziehung zwischen Transparency und Ratiopharm. Nach dem Schwan-Schreiben vom Juni 2007 gewann der damalige Ratiopharm-Chef den Eindruck, „dass aus der avisierten Kooperation mit Transparency nichts wird, wenn wir nicht spenden“. Die „Koppelung“ zwischen Dienstleistung und Spende, die Schwan in ihrem Schreiben suggerierte, jetzt aber bestreitet, lehnte Ratiopharm ab. Anschließend verloren Schwan und Eigen ihr Interesse an Ratiopharm. „Es entspricht für mich der Lebenswirklichkeit“, sagt Peter Eigen, „dass eine Absage meiner Frau in diesem Fall auch für mich galt.“ Dabei vertraten beide unterschiedliche Organisationen. Zum Brief seiner Frau meint Eigen: „Da waren die Sachverhalte nicht besonders geschickt dargestellt. Die Dinge waren darin ein bisschen unglücklich miteinander verbunden.“

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