Finanzstressindikator Brexit wird keine neue Finanzkrise auslösen

Der steigende Stress an den Finanzmärkten wird negative Folgen für die Realwirtschaft haben. Die Gefahr einer Rezession ist allerdings niedriger als nach der Lehman-Pleite 2008, zeigt der aktuelle Finanzmarkt-Stressindex.

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Die größten Netto-Zahler der EU
Touristen in Helsinki Quelle: dapd
Eine Windkraftanlage nahe Dänemark Quelle: dapd
Der Wiener Opernball Quelle: dpa
Da Atomium in Belgien Quelle: REUTERS
Eine Mitarbeiterin in der Schwedischen Botschaft in Minsk Quelle: REUTERS
Frau Antje Quelle: AP
Das Colosseum Quelle: REUTERS

Nach dem britischen Volksentscheid herrscht Aufregung an den Finanzmärkten: Anleger verkaufen Aktien und fliehen in als krisensicher geltende Investments wie Staatsanleihen großer Länder und Edelmetalle.

Der weltweite Finanzmarkt-Stressindex des Kölner Instituts für Kapitalmarktanalyse kletterte am Montag auf minus vier Punkte. Kurz vor dem Brexit-Entscheid lag das Barometer noch auf minus 20 Zählern und ist jetzt in den Bereich eingetreten, der nervöse Anspannung signalisiert.

Dass die Finanzmärkte unter Stress stehen, ist offensichtlich. Der IfK-Stressindex aber liefert über diese Erkenntnis hinaus Anhaltspunkte, welche Folgen dieser Stress für die Realwirtschaft hat.

Das sagen Ökonomen zum Brexit-Entscheid

„Der globale Wachstumspfad dürfte im kommenden Quartal etwas absinken, jedoch nicht so sehr, dass daraus eine Rezession entsteht“, sagt IfK-Chef Markus Zschaber. Die wirtschaftliche Dynamik in Europa werde durch den Brexit mit hoher Sicherheit einen leichten Dämpfer bekommen. Zschaber schätzt den Wachstumsrückgang für die europäische Wirtschaft auf einen halben Prozentpunkt.

So sähen Kaufkurse für die 30 Dax-Aktien aus

Verantwortlich dafür sind laut IfK weniger die Effekte eines tatsächlichen Austritts in zwei Jahren, sondern vor allem die Zurückhaltung und die Verunsicherung durch die aktuelle Situation. Investitionen verzögern sich, die Stimmung der Konsumenten sinkt und der Bankensektor gerät unter Druck.

6500 weltweite Indikatoren fließen in den Stressindex ein

Der Systemstressindex des IFK stellt eine Fieberkurve der Weltfinanzmärkte dar und ist in eine dreistufige Skala unterteilt: Im unteren Bereich mit den Werten minus 100 bis minus 20 sind die Finanzmärkte entspannt, krisenhafte Entwicklungen auf den Finanz- und Gütermärkten nicht in Sicht.

Die Zone zwischen minus 20 und plus 20 steht für mittleren Stress. Hier besteht zwar noch keine akute Gefahr, aber die Finanzmärkte befinden sich schon in einem Zustand nervöser Anspannung, in dem weitere schlechte Nachrichten schnell die nächste Krise ausbrechen lassen können. Der Indikator steigt dann in den Hochdruckbereich auf Werte zwischen plus 20 und plus 100.

Wo die großen Brexit-Baustellen sind

In seine Berechnung fließen 6500 weltweite finanzielle und konjunkturelle Indikatoren ein, darunter Aktien- Währungs- und Rohstoffkurse sowie Zinsen auf Staats- und Unternehmensanleihen oder die Kosten für Versicherungen gegen Kreditausfälle. Je volatiler die Daten sich entwickeln, also je stärker sie schwanken, desto größer ist die Ansteckungsgefahr für die Weltkonjunktur.

Die schwierige Beziehung der Briten zu Europa

Wird der Brexit ähnlich katastrophale Folgen für die globale Wirtschaft haben wie die Lehman-Pleite 2008 und die anschließende Finanzmarktkrise? Das erwartet IfK-Chef Zschaber nicht. Da Großbritannien nicht Teil der Eurozone sei, sieht Zschaber bei einem Austritt des Landes aus der EU keine systemischen Risiken für die Währungsunion und den Euro.

Die Gefahr einer Liquiditätsstörung sei angesichts der von den globalen Notenbanken bereitgehaltenen Notmaßnahmen deutlich reduziert.

Zschaber sieht im EU-Austritt der Briten keinen Automatismus, schließlich sei der Anteil der EU-Befürworter in der Bevölkerung fast so groß wie das Brexit-Lager gewesen. Nach neuen Wahlen könnte eine neue britische Regierung irgendwann ein weiteres Referendum ansetzen, um den „Exit vom Brexit“ einzuleiten.

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