Interview „Die EZB sollte in einem besonderen Maß sensibel sein“

Personalberater Hans Ochmann über den Streit um Beförderungen bei der EZB. Im Interview erklärt der Kienbaum-Geschäftsführer, worauf es ankommt, um Unzufriedenheit bei den Mitarbeitern zu vermeiden.

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Der Geschäftsführer der Personalberatung Kienbaum berät mittelständische Unternehmen und Großkonzerne bei Einstellungsverfahren, der Auswahl von Führungskräften und Mitarbeitern sowie Mitarbeiterbefragungen.

Die EZB hat einen neuen Chef für ihr Büro in Brüssel ernannt – ohne die Stelle auszuschreiben. Ist das normal?

Grundsätzlich ist das ein gängiges Verfahren. In der Privatwirtschaft erfolgen häufig direkte Ernennungen auf Vorstands- und hohen Managementebenen. Die EZB als öffentliche Einrichtung sollte allerdings mit Hinblick auf die vergangene Mitarbeiterbefragung im Herbst des letzten Jahres in einem besonderen Maß sensibel sein. Bei ihrer Mitarbeiterbefragung hatten viele Beschäftigte Zweifel geäußert, ob es gelingt, die kompetentesten Mitarbeiter zu befördern. Gerade dann ist Transparenz extrem wichtig.

Warum ?

Immer wenn das Gefühl von Willkür auftritt, gibt es ein Vertrauensproblem. Darunter leidet die Motivation und Zufriedenheit der Mitarbeiter erheblich.  Die Mitarbeiter müssen das Gefühl haben, dass jeder die gleiche Chance hat.

Wie soll das funktionieren?

Zum einen muss für jeden nachvollziehbar sein, welche Anforderungen für eine Stelle gelten. Außerdem muss der Besetzungsprozess transparent sein. Zum Beispiel sollten freie Stellen veröffentlicht werden.  Außerdem sollten externe Gutachter in den Auswahlprozess einbezogen werden.

Inwiefern?

Bei der Entscheidung sollten Personalvertreter und  - ab einer gewissen Management-Ebene – auch externe Berater beteiligt sein. Für die Glaubwürdigkeit des Auswahlprozesses ist es wichtig, dass die Anforderungen an die Position sowie der Prozess der Stellenbesetzung für alle transparent und nachvollziehbar sind. Außerdem sollten geeignete Kandidaten für einen Posten nach objektiven eignungsdiagnostischen Methoden ausgewählt werden.

Was meinen Sie?

Zum Beispiel Assessment Center, bei denen die Bewerber vor verschiedene Probleme gestellt werden und ihr Umgang damit bewertet wird. Oder Management Audits, bei denen Bewerber nach strukturierten Interviews und Testverfahren bewertet werden.

Die EZB kann Kandidaten, die ein Einstellungsverfahren durchlaufen haben und nicht zum Zuge gekommen sind, auf eine Reserveliste setzen. Sie können dann für ähnliche Positionen direkt ernannt werden. Sollten die Reservelisten als Ranking veröffentlicht werden?

Nein, das halte ich nicht für sinnvoll. Ein gezwungenes Ranking könnte die Reputation derjenigen beschädigen, die in der Rangliste weiter hinten liegen. Das ist auch in der Privatwirtschaft nicht üblich. Es geht darum, einen Pool an Führungskräften zu haben, die für bestimmte vakante Stellen infrage kommen.

Aber die Anforderungen für eine Stelle können auf Personen zugeschnitten werden. Eröffnen geheime Reservelisten nicht großen Spielraum, um Kandidaten zu bevorzugen? 

Wichtig ist, dass der Prozess für die Besetzung der Stelle und die Auswahl der Kandidaten für die Reserveliste transparent ist. Die Anforderungen für eine Stelle dürfen eben nicht bewusst auf eine Person zugeschnitten sein. Dann sind aus meiner Sicht auch Reservelisten kein Problem. 

 

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