Die Inflation in der Euro-Zone hat angesichts der rekordhohen Zinsen auch im neuen Jahr ihren Rückzug fortgesetzt. Die Verbraucherpreise legten im Februar nur noch um 2,6 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat zu, wie das EU-Statistikamt Eurostat am Freitag in einer ersten Schätzung mitteilte. Volkswirte hatten allerdings mit einem etwas stärkeren Rückgang auf 2,5 Prozent gerechnet. Noch im Januar hatte die Inflation in der 20-Länder-Gemeinschaft bei 2,8 Prozent gelegen nach 2,9 Prozent im Dezember. Damit kommt das Ziel der Europäischen Zentralbank (EZB) einer Teuerungsrate von 2,0 Prozent jetzt mehr und mehr in Reichweite.
„Mit dem Rückgang der europäischen Inflation im Februar bleiben die Aussichten gut, dass die Zielmarke von zwei Prozent in der zweiten Jahreshälfte 2024 erreicht werden kann“, kommentierte die Chefvolkswirtin der staatlichen Förderbank KfW, Fritzi Köhler-Geib die Daten. Das Risiko einer sich verfestigenden Teuerung für Dienstleistungen bestehe jedoch fort. „Laut Umfragen rechnet immer noch rund ein Fünftel der europäischen Dienstleistungsunternehmen mit steigenden Absatzpreisen“, merkte sie an. Aus Sicht von Thomas Gitzel, Chefvolkswirt der VP Bank, wird die EZB den Inflationsrückgang im Februar nicht zum Feiern nutzen. „Stattdessen dürfte die Lohnentwicklung weiter sorgfältig beobachtet werden und vorerst auch keine Zinssenkung lanciert werden“, meint der Experte. „Wir rechnen im Juni mit einer ersten Zinssenkung“, so Gitzel.
Die Kerninflation, in der die schwankungsanfälligen Energie- und Lebensmittelpreise sowie Alkohol und Tabak ausgeklammert bleiben, sank im Februar ebenfalls. Die Rate verringerte sich auf 3,1 Prozent nach 3,3 Prozent im Januar. Auch hier hatten Volkswirte allerdings einen stärkeren Rückgang auf 2,9 Prozent erwartet. Diese Messgröße liefert den Experten zufolge wichtige Hinweise über die zugrundeliegenden Preistrends. Daher wird sie von den EZB-Währungshütern stets sorgfältig beachtet. Die EZB hatte auf ihrer ersten Zinssitzung in diesem Jahr im Januar die Leitzinsen nicht verändert. Sie beließ den an den Finanzmärkten richtungsweisenden Einlagensatz, den Geldhäuser erhalten, wenn sie der Notenbank überschüssige Gelder parken, auf dem Rekordniveau von 4,00 Prozent.
Schneller schlau: Inflation
Wenn die Preise für Dienstleistungen und Waren allgemein steigen – und nicht nur einzelne Produktpreise – so bezeichnet man dies als Inflation. Es bedeutet, dass Verbraucher sich heute für zehn Euro nur noch weniger kaufen können als gestern noch. Kurz gesagt: Der Wert des Geldes sinkt mit der Zeit.
Die Inflationsrate, auch Teuerungsrate genannt, gibt Auskunft darüber, wie hoch oder niedrig die Inflation derzeit ist.
Um die Inflationsrate zu bestimmen, werden sämtliche Waren und Dienstleistungen herangezogen, die von privaten Haushalten konsumiert bzw. genutzt werden. Die Europäische Zentralbank (EZB) beschreibt das wie folgt: „Zur Berechnung der Inflation wird ein fiktiver Warenkorb zusammengestellt. Dieser Warenkorb enthält alle Waren und Dienstleistungen, die private Haushalte während eines Jahres konsumieren bzw. in Anspruch nehmen. Jedes Produkt in diesem Warenkorb hat einen Preis. Dieser kann sich mit der Zeit ändern. Die jährliche Inflationsrate ist der Preis des gesamten Warenkorbs in einem bestimmten Monat im Vergleich zum Preis des Warenkorbs im selben Monat des Vorjahrs.“
Eine Inflationsrate von unter zwei Prozent gilt vielen Experten als „schlecht“, da sie ein Zeichen für schwaches Wirtschaftswachstum sein kann. Auch für Sparer sind diese niedrigen Zinsen ein Problem. Die EZB strebt mittelfristig eine Inflation von zwei Prozent an.
Deutlich gestiegene Preise belasten Verbraucherinnen und Verbraucher. Sie können sich für ihr Geld weniger leisten. Der Privatkonsum ist jedoch eine wichtige Stütze der Konjunktur. Sinken die Konsumausgaben, schwächelt auch die Konjunkturentwicklung.
Von Disinflation spricht man, wenn die Geschwindigkeit der Preissteigerungen abnimmt – gemeint ist also eine Verminderung der Inflation, nicht aber ein sinkendes Preis-Niveau.
Preisschub bei Dienstleistungen immer noch hoch
Die Energiepreise sanken im Februar gegenüber dem Vorjahresmonat nur noch um 3,7 Prozent. Im Januar hatte der Rückgang bei 6,1 Prozent gelegen. Die Preise für Lebensmittel, Alkohol und Tabak nahmen dagegen um 4,0 Prozent zu nach einem Anstieg von 5,6 Prozent im Januar. Industriegüter ohne Energie verteuerten sich um 1,6 Prozent nach zuvor 2,0 Prozent. Die Preise für Dienstleistungen, die zuletzt bei den EZB-Währungshütern besonders im Fokus standen, zogen um 3,9 Prozent an nach 4,0 Prozent im Januar.
EZB-Präsidentin Christine Lagarde versprühte zuletzt Zuversicht, dass sich die Inflation in der Euro-Zone weiter abschwächen wird. Die Auswirkungen der vergangenen Schocks, die die Teuerung hochgetrieben hätten, würden verblassen. Die straffen Finanzierungsbedingungen trügen dazu bei, die Inflation nach unten zu drücken, sagte sie unlängst im EU-Parlament. Die nächste Zinssitzung der Währungshüter findet bereits nächste Woche am Donnerstag in Frankfurt statt. Experten erwarten, dass die EZB dann erneut die Füße stillhalten wird.
Zuletzt hatten mehrere Währungshüter darauf hingewiesen, dass sie vor einer ersten Zinssenkung erst noch weitere wichtige Daten unter anderem zum Lohnwachstum im Euroraum abwarten wollen. Hier sehen Volkswirte nach wie vor Inflationsrisiken. „Gerade im Dienstleistungssektor steigen die Löhne deutlich“, meint etwa VP-Bank-Chefvolkswirt Gitzel. „Die Gefahr von Zweitrundeneffekten ist noch nicht gebannt.“
Die nächste Zinssitzung der Währungshüter findet bereits nächste Woche am Donnerstag in Frankfurt statt. Experten erwarten, dass die EZB dann erneut die Füße stillhalten wird. Zuletzt hatten mehrere Währungshüter darauf hingewiesen, dass sie vor einer ersten Zinssenkung erst noch weitere wichtige Daten unter anderem zum Lohnwachstum abwarten wollen.
Lesen Sie auch: Achtung! Das Biest Inflation lebt noch