So entwickelt sich die Weltwirtschaft Wie die USA den Rest der Welt abhängen

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China

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„Neues Normal“ steht im Pekinger Parteisprech für ein Wirtschaftswachstum rund um sieben Prozent. Das heißt, dass China zwar weiter wächst, die zweistelligen Raten des vergangenen Jahrzehnts jedoch nicht wiederkommen. Um 7,3 Prozent ist Chinas Wirtschaft 2014 gewachsen, für das kommende Jahr werden Zuwachsraten zwischen 6,5 und 7,5 Prozent erwartet.

Ein weiterer Stimulus wie nach der weltweiten Finanzkrise, als China mit milliardenschweren Investitionen in die Infrastruktur die globale Wirtschaft stabilisiert hat, gilt als ausgeschlossen. Zu sehr leidet China noch immer unter den Nachwirkungen dieser Kapitalinjektion. Nach und nach werden die Überkapazitäten in der Kohle- und Stahlbranche abgebaut, auch die Bilanzen vieler ineffizienter Staatsunternehmen können nur in kleinen Schritten bereinigt werden.

Ökonomen neigen dazu, den Mund zu voll zu nehmen. In den Sechzigern galt es als sicher: Die Sowjetunion hängt die USA ab. US-Ökonom Larry Summers glaubt, derzeit seien die Ökonomen in puncto China zu optimistisch.
von Niklas Dummer

Dafür aber gelingt es China inzwischen, auch mit moderaten Wachstumsraten die Arbeitslosigkeit gering zu halten – das Hauptanliegen der stabilitätsfixierten Kommunistischen Partei. „Chinas Wirtschaft ist heute größer, und der arbeitsintensive Servicesektor gewinnt an Bedeutung“, sagt Wao Tang, Ökonom der UBS in Peking. Chinas Arbeitslosenrate liegt im Moment bei mehr als vier Prozent, 6,5 Prozent sind seiner Einschätzung nach ausreichend, um in den nächsten Jahren elf Millionen neue Jobs entstehen zu lassen. Hinzu kommen demografische Faktoren. Vor allem die 1980 eingeführte Ein-Kind-Politik führt inzwischen zu einem enormen Fachkräftemangel.

Chinesische Unternehmen richten ihren Blick stärker nach außen: So stiegen die Investitionen in den ersten zehn Monaten des Jahres im Ausland um knapp 18 Prozent auf 80 Milliarden Dollar. Auf dem Apec-Treffen im November nannte Staatschef Xi Jinping die Summe von 1,25 Billionen Dollar als Zielmarke für die nächsten zehn Jahre. Dagegen gingen die ausländischen Direktinvestitionen in China um 1,2 Prozent zurück.

Die größte Gefahr für Chinas Wirtschaft geht vom Immobiliensektor aus. In diesem Jahr gingen die Hausverkäufe um rund zehn Prozent zurück, die Preise fielen um ein halbes Prozent. Zwar ist die Nachfrage in den großen Metropolen im Osten des Landes weiterhin stabil. Vor allem in den kleineren Städten im Landesinneren gibt es jedoch bereits massive Preiseinbrüche. Diese treffen das Land gleich doppelt: Unmittelbar leidet die arbeits- und kapitalintensive Baubranche. Hinzu kommt aber, dass viele überschuldete Lokalregierungen auf steigende Preise angewiesen sind, da sie sich vor allem über den Verkauf von Grundstücken finanzieren.

Noch verfügt die Regierung über ein Arsenal an Instrumenten, um den Preisverfall zu stoppen. Dazu gehören eine Lockerung des Hukou-Systems, um Landbewohnern den Immobilienerwerb in Städten zu erleichtern, eine Verringerung der Mindestanzahlungen sowie Erleichterungen beim Kauf von Zweitwohnungen.

Mit dem Immobilienbereich direkt verbunden ist Chinas zweite große Sorge, der aufgeblähte Kreditsektor. Um die Verschuldung in den Griff zu bekommen, müsste die Regierung den Geldhahn zudrehen. Doch die Regierung fürchtet die Nebenwirkungen. So hat die People’s Bank of China Ende November den Kreditzins sogar erhöht, um vier Basispunkte auf 5,6 Prozent. Die Zentralbank steht damit vor einem Dilemma. Denn mittlerweile macht in China die Rede von der „Disinflation“ die Runde, da die Impulse auf dem Geldmarkt kaum noch Wirkung zeigen. Die Teuerungsrate liegt mit 1,4 Prozent weit unter der politischen Vorgabe von 3,5 Prozent.

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