Von Nullen und Einsen

Geht's auch mal ein bisschen innovativer?

Natürlich nervt der ständige Hype um die Produkte der Firma Apple selbst angestammte Fans so langsam. Im Kern macht er aber Sinn: Wie man am iPhone sehen kann, hechelt die Konkurrenz regelmäßig hinterher. Aber warum eigentlich? Müssen Microsoft, Nokia, Palm oder Blackberry tatsächlich alles nachäffen, was die Steve-Jobs-Firma vorgibt?

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Äpfel und Computer gehören seit der Apple-Gründung zusammen Quelle: Benicce - Fotolia.com

Vorab muss ich eines einräumen: Ich bin, spätestens nach Einführung von Mac OS X um 2001 herum, eingefleischter Benutzer von Apple-Rechnern. Meine persönliche Mac-Maschinensammlung umfasst aktuell ein halbes Dutzend Exemplare, hinzu kommt ein kleiner Berg an iPods, ein iPhone und natürlich jede Menge Kleinkram. Ich bin dabei nicht religiös auf die Marke fixiert (nun ja, außer bei Steve Jobs-Keynotes vielleicht), sondern verwende sie ausschließlich aus dem Grund, dass die von der Firma angebotene Technik für meine Arbeit schlicht und ergreifend besser funktioniert als konkurrierende Hardware. Mit Windows habe ich nur noch zu tun, wenn ich es als virengesichertes Fenster in einer Virtualisierungsumgebung starten muss, weil irgendein obskures Dateiformat - und davon gibt es wirklich nicht mehr viele - unter der Microsoft-Technik besser funktioniert.

Trotzdem geht mir der Hype um Apple zeitweise auf den Senkel - keine Firma schafft es so galant, eine ganze Medienindustrie für ihre PR einzuspannen. Doch die Grundlage, die hinter all diesen bunten Bildern steckt, ist tatsächlich echte Innovation: Der Geist, Dinge besser zu machen. (Dass das nicht immer funktioniert, ist natürlich auch klar.) So sagte Apple-Designer Jonathan Ive kürzlich auf einer Veranstaltung vor Kollegen sinngemäß, Apple gehe es nicht in erster Linie ums Geldverdienen, sondern darum, die besten Geräte herzustellen. Alles andere, der finanzielle Erfolg, komme später. Das hat, trotz aller Höhen und Tiefen, wirklich gut geklappt - so gut, dass man Apple heute vorwerfen kann, selbst ein wenig zum "Evil Empire" zu mutieren.

Die Konkurrenz schläft

Was mich bei alledem jedoch stets verwirrt, ist die aktuelle Innovationslosigkeit der Konkurrenz. Da wird viel gebastelt, doch sowohl in Sachen Mobil-Hardware als auch auf dem PC-Desktop tut sich erstaunlich wenig. Das iPhone ist Windows Mobile und Co. meilenweit voraus. Windows Vista kam bei der Kundschaft nicht an, und ob Windows 7 verlorenes Vertrauen wettmachen kann, bleibt abzuwarten - trotz (natürlich) gigantischer Verkaufszahlen, weil Windows eben Standard ist. Nicht, dass es auch bei einem Konzern wie Microsoft unmöglich wäre, Innovationen in den Markt zu drücken. Die - allerdings lange Zeit unprofitable - Spielekonsole Xbox 360 ist ein Beispiel dafür - und Vorhaben wie das "Project Natal", die ein ganz neues Game-Erlebnis versprechen, obendrein.

Aber warum gottverdammt nur muss in anderen Bereichen Apple jedes Fitzelchen nachgetan werden? Die Jobs-Firma bringt einen App Store für Handy-Anwendungen heraus, und jeder dahergelaufene Geräte- oder Mobilfunkanbieter muss folgen, sei es nun Samsung, Verizon, RIM (Blackberry), Microsoft (Windows Mobile) oder Nokia. Die Ergebnisse sind teilweise desaströs, vor allem werden sie stets mit einer Verzögerung von ein bis zwei Jahren umgesetzt, wenn Apple längst wieder ganz andere Dinge tut.

Das letzte Gerücht besagt, dass Microsoft eine eigene Ladenkette hochziehen will, mit Filialen, die gleich neben den in den USA in jeder größeren Stadt zu findenden Apple Stores platziert werden - acht Jahre nach Apple! Der Witz an der Sache ist: Apple selbst ist eigentlich gar nicht einmal so innovativ, wie sein Image verheißt. Oft werden halb gare Entwicklungen abgewartet, um sie dann so zu optimieren, dass sie wirklich funktionieren und den Kunden vor allem in der Benutzung Spaß machen.

Das war bei MP3-Spielern so (auch vor dem iPod gab es die schon!), gilt für die Touchscreen-Steuerung (Smartphones und PDAs hatten die schon ewig, erinnern Sie sich noch an die schrecklich fitzeligen Stifte?) und sogar für fensterbasierte Betriebssysteme (Apple ließ sich hierbei stark von Xerox PARC inspirieren).

Wie sagte Thomas Edison so schön: "Genius is one per cent of inspiration, ninety-nine per cent of perspiration", ein Prozent Idee trifft auf 99 Prozent Schweiß. Bei Apple passt beides nach wie vor zusammen.

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