Millionengeschäft Nokia und Sony wollen mit Live-Games Kasse machen

Neue Computerspiele verschmelzen virtuelle Welten mit der Wirklichkeit. Bei der Jagd durch die Realitäten hoffen Hersteller auf ein Millionengeschäft.

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Fast Foot Challenge. Live-Bild mit Standortanzeige der elektronischen Hatz auf dem Spieleportal im Internet

Der junge Mann hetzt über das Pflaster der Berliner Friedrichstraße, den Blick auf das Display seines Handys gerichtet. Immer wieder beobachtet er die Umgebung, fixiert Passanten. Dann läuft er weiter, springt in Hauseingänge und taucht schließlich im Getümmel der Shoppingpaläste unter. 20 Minuten lang geht das so. Dann stellt sich dem Gejagten ein Mann in den Weg: „Stopp, Sie sind verhaftet!“

Eine anachronistische Agentenjagd in der einstigen Frontstadt der Supermächte? Nicht ganz. Die Hatz auf Berlins Einkaufsmeile heißt Fast Foot Challenge und ist ein neues digitales Spiel, das reales Handeln und virtuelle Unterhaltung vereint. Bei dem Mix aus dem Brettspielklassiker „Mr. X“ und Räuber und Gendarm verfolgen die Spieler einander per Handydisplay. Während der Gejagte die Verfolger ständig auf einer Art Radarschirm sieht, erfahren die Jäger nur alle paar Minuten den Standort ihrer Zielperson.

Zwischen Realität und Cyberspace

Freizeitspaß an der Schnittstelle von echtem Leben und Cyberspace – das ist eines der Top-Themen in der weltweiten Avantgarde mobiler Computerspieler. Für sie wird die Realität zum Spielplatz und sie selbst darin zu lebenden Spielfiguren. Besser und echter als jeder rechnergenerierte Avatar. Und ihre per Internet vernetzten, per GPS-Chip lokalisierbaren Handys sind die Gamecontroller.

Die Technik ist so neu, dass die Branche nicht einmal einen einheitlichen Begriff für sie gefunden hat. Mal heißen die Spiele Location Based Game, wegen des Bezugs des Spielgeschehens zum realen Spielort. Mal sprechen die Entwickler von Augmented Reality Games, weil das Duett aus Multimediahandy und Zentralrechner im Web, der das Spiel koordiniert, die Realität um eine neue, virtuelle Ebene ergänzt: Auf dem Handy werden dann reale Bilder mit zusätzlichen Informationen aus dem Netz angereichert – vergleichbar den simulierten Abseitslinien oder Abstandsradien bei Fußballübertragungen, die anzeigen, ob der Torschuss gültig war.

Simulationen werden immer aufwendiger

Im Augmented-Reality-Spiel kann ein leerer Strand zu einem Labyrinth voller Drachen mutieren, dessen Gänge und Bewohner nur auf dem Handymonitor sichtbar sind. Bei der digitalen Verfolgungsjagd WiFi Army wiederum bewegen sich Teams durch reale Straßen, auf der Suche nach gegnerischen Spielern. Die aber sind nur auf dem Telefondisplay anhand digitaler Markierungen erkennbar und müssen per Handykamera „abgeschossen“ werden.

Das Verschmelzen der Realität mit virtuellen Welten markiert einen Paradigmenwechsel im Spieledesign. Seit Jahren feilen die Hersteller an immer aufwendigeren Simulationen, um Grafikeffekte der Computerspiele realistischer zu machen. „Jetzt aber gehen wir den umgekehrten Weg und machen die perfekteste aller 3-D-Welten zum Spielplatz – die Realität“, sagt Georg Broxtermann, einer der Gründer der Karlsruher Programmierschmiede Orbster. Die badischen Softwarehersteller stecken hinter dem Augmented Reality Game „GPS-Mission“, einer Art digitaler Schnitzeljagd für das Handy.

Unter www.gpsmission.com können sich Spieler anmelden, um dort gespeicherte Missionen zu erledigen oder eigene Rätselpfade für die Community zu hinterlegen, vom Musikquiz in Brasilien über einen Fitness-Check in Tapei bis zur Fotosafari in Australien. Mehrere Zehntausend Nutzer weltweit, so Broxtermann, haben sich bereits auf der Plattform registriert.

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