Astronomie Forscher bringen Licht ins Dunkel der Sterngeburt

Die Geburt der Sterne liegt buchstäblich im Dunkeln: Tief im Inneren von Gas- und Staubwolken, aus denen kein Licht nach außen dringt, beginnt Materie unter der eigenen Schwerkraft zu kollabieren. Jetzt haben Astronomen im Inneren solcher Wolken ein neues astronomisches Phänomen nachgewiesen, das ihnen Informationen über die früheste Phase der Sternentstehung liefert.

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Der bekannte Orion-Nebel ist Teil einer riesigen Molekülwolke, in der neue Sterne entstehen. Quelle: ap

HB DÜSSELDORF. Sterne entstehen, wenn besonders dichte Gebiete kosmischer Gas- und Staubwolken, ("Molekülwolken") unter der eigenen Schwerkraft kollabieren und sich dabei soweit verdichten und aufheizen, dass Kernfusionsreaktionen einsetzen. Auch unsere Sonne ist so entstanden, und die Kernfusionsreaktionen sind für das stete Leuchten unseres Heimatsterns verantwortlich, das Voraussetzung für alles Leben auf der Erde ist. Die in der kollabierenden Wolke enthaltenen Staubteilchen sind das Rohmaterial für die Entstehung von erdähnlichen Planeten um die neu entstandenen Sterne.

Was in den Frühstadien eines solchen Kollapses passiert, ist noch weitgehend ungeklärt. Jetzt hat ein internationales Forscherteam um Laurent Pagani vom Observatoire de Paris und Jürgen Steinacker vom Max-Planck-Institut für Astronomie ein neuartiges Phänomen entdeckt, das eine Vielzahl von Informationen über eben diese früheste Phase der Stern- und Planetenentstehung verspricht: den "Kernschein" der Wolken.

Dabei handelt es sich um unsere Galaxie durchflutendes Infrarotlicht, das von Staubteilchen im Inneren solcher Wolken gestreut wird. Das gestreute Licht liefert den Forschern eine Vielzahl von Informationen. So können sie Rückschlüsse ziehen auf die Größe und Dichte der Staubteilchen, das Alter der Wolke, die räumliche Verteilung des Gases, die Entstehung des Rohmaterials für die spätere Bildung von Planeten und verschiedene chemische Prozesse im Inneren der Wolke.

Die Entdeckung beruht auf Beobachtungen mit dem Nasa-Weltraumteleskop Spitzer. Bei der Untersuchung der rund 360 Lichtjahre entfernten Molekülwolke L 183 stießen Steinacker und Pagani vor einigen Monaten auf eine unerwartete Mittelinfrarotstrahlung, die aus den dichtesten Regionen der Wolke zu stammen schien. Mit aufwändigen Simulationen konnten die Astronomen zeigen, dass es sich um die Streustrahlung größerer Staubteilchen (Durchmesser rund 1 Mikrometer) handeln musste.

In einer aktuellen Veröffentlichung im Magazin "Science" beschreiben die Wissenschaftler jetzt insgesamt 110 solcher Strahlungsquellen, die sie im Gefolge ihrer ersten Entdeckung mit dem Spitzer-Teleskop aufspüren konnten. Alle liegen zwischen 300 und 1300 Lichtjahre von der Erde entfernt. Die große Zahl der Entdeckungen belegt, dass es sich um ein weit verbreitetes astronomisches Phänomen handelt: Kernschein ließ sich in rund der Hälfte der untersuchten Wolken nachweisen und ist auch dort mit den dichtesten Wolkenregionen assoziiert.

Die Entdeckung des Kernscheins motiviert eine Vielzahl neuer Beobachtungsprojekte - sowohl für das Weltraumteleskop Spitzer als auch für das James Webb-Weltraumteleskop, das 2014 gestartet werden soll. Bereits jetzt liefert die neue Beobachtungsart neue Einblicke in das Innere der Geburtsstätten von Sternen: Das unerwartete Vorhandensein größerer Staubteilchen (Durchmesser rund 1 Mikrometer) zeigt, dass Staubteilchen bereits in der Vorphase des Wolkenkollapses verklumpen und dadurch größer werden.

Interessant ist auch das Beispiel einer Region im südlichen Sternbild Vela, in deren verschiedenen Wolken kein Kernschein nachweisbar war. Steinacker und seine Kollegen vermuten, dass Sternexplosionen (Supernovae), von denen man weiß, dass sie in diesem Gebiet stattgefunden haben, die größeren Staubteilchen zerstört haben könnten.

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