Mobilität Deutschlands schnellste Städte

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Kluge Ticket-Apps

15.000 Kunden testeten das papierlose Ticket Touch & Travel der Deutschen Bahn zwischen Köln und Berlin. Ab November kommt es bundesweit. Quelle: Laif/Hans-Christian Plambeck

Die Deutsche Bahn nimmt sich an dem System ein Beispiel und startet einen ähnlichen Google-Ansatz der Mobilität. Der Konzern bietet Fahrgästen über das System Touch & Travel, das Anfang November an allen Fernverkehrshalten in Deutschland eingeführt wird, eine kluge Möglichkeit an, über eine zentrale Adresse Tickets zu kaufen, ohne Tarife kennen zu müssen.

Nutzer von Smartphones wie Apples iPhone oder Handys mit Android-Betriebssystem von Google können sich im Kundenportal der Bahn dafür anmelden. Sie hinterlegen Kontodaten und Bahncard-Nummer und erwerben ihr Ticket per Knopfdruck, sobald sie in einen ICE oder Intercity steigen. Bei Ankunft melden sie sich per Knopfdruck ab. Das Bahnsystem lokalisiert den Standort per GPS, berechnet den Preis und belastet das Konto.

Das System errechnet Preise erst, wenn die Fahrt beendet ist, und lässt sich mit dem Nahverkehr kombinieren. Inzwischen können Fahrgäste im Rhein-Main-Gebiet und bei den Berliner Verkehrsbetrieben ihr Ticket über Touch & Travel kaufen. Sie brauchen sich über die richtige Fahrkarte keinen Kopf machen: Das System registriert, ob die Summe der gelösten Einzelfahrkarten höher ist als ein Tagesticket. Der Kunde zahlt dann den niedrigeren Preis.

Die Bahn könnte sich so zum Ticketbroker entwickeln, über dessen System alle Fahrkarten bundesweit zu kaufen sind. Hinzu kommen Verkehrsinfos, die das Unternehmen für Smartphone-Nutzer anbietet. Der DB Navigator gehört zu den meistgeladenen Apps. Derzeit testet der Konzern eine Navigations-App für die S-Bahn in München: Nutzer sehen in Echtzeit, wo sich die S-Bahn-Züge aktuell befinden.

Siemens: Die Dell-Strategie

Eigentlich sollte der Konzernumbau bei Siemens 2010 beendet sein. Daran, dass es sich Vorstandschef Peter Löscher vor einem Jahr doch anders überlegte, ist vor allem einer schuld: Roland Busch, damals Strategiechef des Konzerns. Die rapide wachsenden Megacitys der Welt im Blick, warb Busch für die Schaffung eines neuen Geschäftsbereichs Infrastruktur und Städte. Hier wollte Busch alles bündeln, was Städte bei Siemens einkaufen können, vom Stromnetz bis zur Gebäudetechnik. Löscher ließ sich überzeugen. Am 1. Oktober 2011 nahm die neue Sparte ihre Arbeit auf.

Neben Industrie, Energie und Gesundheit bildet sie den vierten großen Sektor im Unternehmen. Geschäftsfelder aus den anderen Sektoren mit einem Gesamtumsatz von über 16 Milliarden Euro sowie rund 81.000 Mitarbeiter wurden bei Infrastruktur und Städte neu zusammengefasst. An der Spitze steht der frisch gebackene Konzernvorstand Busch – der Erfinder des Konzepts muss es jetzt auch umsetzen.

Die zahlreichen Mobilitätstechnologien des Konzerns liegen nun größtenteils in seiner Verantwortung. An dem, was Siemens Städten an Mobilitätslösungen anzubieten hat – Bahnwaggons und Lokomotiven für den Nahverkehr, Flughafenlogistik, Ladestationen und Motoren für Elektroautos oder auch Mautsysteme und Verkehrsleittechnik –, hat sich durch die neue Konzernstruktur erst einmal nichts geändert.

Wohl aber an der Art, wie Siemens diese Technologien verkauft. „Alles aus einer Hand“ heißt die neue Losung des Spartenchefs. Mit Dutzenden Key-Account-Managern geht der Konzern auf die wichtigsten Kunden los: die Bürgermeister. Ein Kundenbetreuer ist jeweils nur für eine Stadt zuständig. So wissen Bürgermeister immer, wen sie anrufen müssen, egal, um welche Technik aus dem Siemens-Bauchladen es gerade geht. „Für unsere Produkte gibt es weltweit einen Markt von mehr als 300 Milliarden Euro“, sagt Busch. Mit der neuen Vertriebsstruktur könne Siemens sich „ein viel größeres Stück als bisher“ aus diesem Kuchen herausschneiden.

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