Topraks Technik Talk

Der Breitband-Schwindel

Deutschland ist gut ausgestattet mit Hochgeschwindigkeitsinternet: 92 Prozent aller Haushalte können mit schnellen Internetzugängen versorgt werden. Doch mit dem Ausbau der Leitungen ist es nicht getan. Denn die Leitungen halten nicht, was sie versprechen.

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Telekom-Techniker bei der Quelle: gms

Beim Thema Breitbandausbau können wir in Deutschland eigentlich zufrieden sein. Derzeit liegt der Versorgungsgrad mit Breitbandanschlüssen (ab ein Megabit pro Sekunde) bei 92 Prozent. In über 70 Prozent der Haushalte sind prinzipiell Übertragungsraten von mindestens zwei Megabit pro Sekunde (Mbit/s) verfügbar. Bis 2014 sollen 75 Prozent der Haushalte Übertragungsraten von 50 Mbit/s und mehr zur Verfügung haben. Ehrgeizige Pläne.

Doch bei genauerer Betrachtung werden die Probleme offenbar, die von der Bundesregierung, der Netzagentur und den Providern dringend gelöst werden müssen.

So ist heute schon die Definition von Breitband als Internetanschluss mit mindestens einem Megabit pro Sekunde veraltet. Im Zeitalter von Diensten wie der Videoplattform YouTube und täglichen Software-Updates übers Internet sollten es schon mindestens sechs Mbit/s sein. Alles andere verdient den Namen Breitband nicht.

Megabit-Schwindel

Ein wirkliches Problem ist allerdings der Schwindel mit den Zugangsgeschwindigkeiten. Viele Internetprovider locken neue Kunden mit Versprechen wie sechs Mbit/s. Ganz klein davor steht der Zusatz "bis zu". Doch die sechs MBit/s werden niemals erreicht und der Kunde muss froh sein, wenn er 4 Mbit/s bekommt. Mit Tools wie dem DSL-Manager oder dem Geschwindigkeits-Test der Webseite wie-ist-meine-ip.de" kann man die tatsächliche Download- oder Upload-Rate ermitteln. Statt der sechs Mbit/s sind es dann eben nur drei Mbit/s, je nachdem wie viele Anwender, die an der gleichen Vermittlungsstelle hängen, gerade online sind. Die Provider wissen genau, dass die versprochenen Geschwindigkeiten so gar nicht zustande kommen, trotzdem werben sie weiterhin damit.

In juristischen Foren wird darüber diskutiert, welche Abweichung für den Kunden noch zumutbar sei. Meistens gelten 20 Prozent als gerade noch zumutbar. Viele Internetanschlüsse bewegen sich weit außerhalb dieser Toleranz. Das ist Irreführung der Verbraucher. Man sollte die Provider dazu verpflichten, nur noch mit einer garantierten Mindestbandbreite zu werben. Dann würde im Werbe-Flyer stehen, "mindestens zwei Mbit/s" und der Kunde wäre zufrieden, wenn er dann drei MBit/s bekäme.

Kein wirksames Mittel gegen Spam

Spam-Schinken - ebenfalls als Quelle: AP

Irgendwann sind diese Probleme alle ausgestanden, jeder Haushalt hat satte 50 MBit/s und die Daten fließen so selbstverständlich aus dem Glasfaserkabel wie heute das Wasser aus dem Hahn. Doch hier kommt schon das nächste Problem: Spam. Glaubt man den Sicherheitsexperten, dann sind zurzeit ungefähr 80 Prozent des E-Mail-Verkehrs Werbe-Mails. Da werden Milliarden Euro in den Ausbau der Netze und Server investiert, die dann fröhlich von Cybergaunern und Spammern für ihre Zwecke missbraucht werden. Bisher hat die Industrie noch kein wirksames Mittel gegen diese digitale Werbeflut gefunden.

Chance für Paid Content

Sollte die schöne neue Breitband-Welt einmal zur Realität in jedem Haushalt werden, könnte das auch den Weg frei machen für Paid Content, also Bezahlinhalte im Web. Der Hauptgrund hierfür ist, dass durch die hohen Downloadraten bei Breitband auch Multimedia-Inhalte wie HD-Videos, Web-TV oder Konzertübertragungen in guter Audio-Qualität möglich werden. Denn nur durch Multimedia-Inhalte wird Breitband wirklich ausgeschöpft. Dass es die nicht kostenlos geben kann, ist klar. Und Bezahlsysteme wie T-Pay, Paypal oder Clickandbuy sind schon längst ausgereift. Wenn sich das Bezahlen im Web für Videos oder Konzertübertragungen erst einmal durchgesetzt hat, könnten Online-Magazine oder Newsdienste folgen.

Das hätte einen positiven Nebeneffekt. Denn wenn Online-Magazine zusätzliche Einnahmen generieren, stärken sie auch die Unabhängigkeit gegenüber den Werbeeinahmen. Was sich wiederum auf die Qualität der Informationen auswirken könnte.

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