Zu viel Speck Kunden kritisieren aufgeblasene SAP-Programme

Zuckerbrot und Peitsche für den Konzern: Die Nutzer loben die neue Führung, fordern aber schlankere Software - denn die komplizierten Programme von SAP sind für die Nutzer kaum noch zu steuern.

  • Teilen per:
  • Teilen per:
Den Kunden des Software-Konzerns SAP sind die Programme zu aufgebläht. Quelle: ap

NÜRNBERG. Die Botschaft der Kunden ist eindeutig: SAP hat zu viel Speck angesetzt. Die Programme zur Steuerung von Firmen sind über die Jahre immer gewaltiger geworden, für die Anwender kaum zu steuern. "Wir müssen zurück zu möglichst einfachen Landschaften", forderte Karl Liebstückel, Chef der Vereinigung deutschsprachiger SAP-Anwender, DSAG.

Gestern trafen sich 3 500 SAP-Kunden in Nürnberg. Die DSAG hat Gewicht: Alle Dax-Unternehmen lassen sich durch die Organisation vertreten, sowie drei Viertel aller M-Dax-Unternehmen. "Hier haben wir die Kunden, die seit 38 Jahren bei SAP sind", sagte Michael Kleinemeier, bei SAP für die deutschsprachigen Länder zuständig.

Da muss der Vorstand vor Ort sein. Jim Hagemann Snabe, einer der zwei SAP-Vorstandssprecher, hätte lieber rundum zufriedene SAP-Nutzer. "Ich habe den Traum, auf eine Cocktailparty mit Kunden zu kommen und von diesen umarmt zu werden und zu hören, wir sind so glücklich mit euch", witzelte er in Nürnberg.

Doch die Kunden haben noch viele Wünsche an SAP. Statt nur visionärer Innovationen wollen sie mehr pragmatische Neuerungen, die schnell Erfolg bringen. Und transparente Preislisten. "Alleine die Preisliste für die Wartung ist 100 Seiten lang", klagte Liebstückel.

SAP-Deutschlandchef Kleinemeier zeigte Verständnis für die Kritik an der Komplexität, ergänzte aber: "Das ist kein reines SAP-Problem, die Systeme sind über die Zeit gewachsen." Er sei derzeit bei einem Kunden, der 38 SAP-Systeme im Einsatz habe und diese nun auf eines reduziere.

SAP und die DSAG leben seit Jahren eine enge Symbiose. Traditionell versucht die Organisation, Konflikte zwischen dem Software-Lieferanten und seinen Abnehmern auf direktem Wege zu klären. Als allerdings SAP vor zwei Jahren abrupt die Wartungspreise erhöhen wollte, entfachte sich eine heftige und in der Öffentlichkeit ausgetragene Auseinandersetzung. An deren Ende musste die SAP-Spitze um den damaligen SAP-Chef Léo Apotheker klein beigeben. "Das war für uns der größte Erfolg. Wir sind selbstbewusster geworden", sagte DSAG-Chef Liebstückel.

Snabe warb für Verständnis, wenn Innovationen nicht immer so in den Markt kommen, wie es die Abnehmer erwarten. SAP stecke in einem Dilemma. "Sie sagen uns, gebt uns Innovationen, aber bitte fasst dabei unsere bestehenden System nicht an." Allerdings: Es klemmt auch bei kleinsten Verbesserungen. "Wir brauchten für unsere Instandhaltung auf einer Seite einen Refresh-Knopf, der Änderungen anzeigt. Das hat sechs Jahre gedauert", sagte Liebstückel. SAP versprach, Änderungen in kleineren Paketen schneller zu liefern.

Kritik gibt es an der neuen Business Suite von SAP, ein Rund-um-Paket, das Module wie Kundenmanagement oder Warenwirtschaft verbinden soll. "Es gibt kein einheitliches Datenmodell, es gibt keine einheitliche Benutzeroberfläche. Das treibt die Kosten bei uns Anwendern in die Höhe", klagt Waldemar Metz, für die Informationstechnologie des Antriebsspezialisten SEW Eurodrive zuständig.

Positiv sei, dass SAP - seit die neue Doppelspitze mit Snabe und Bill McDermott am Ruder sei - wieder zuhöre. "Der Dampfer SAP hat unter der neuen Spitze einen Kurswechsel vollzogen. Den merken wir", freute sich Metz.

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%