Exotischer Planet Der größte Diamant des Universums

Es klingt nach Science Fiction: Ein Stern verwandelt sich in einen Planeten aus Diamant. Im Sternbild Schlange ist das Realität geworden. Doch leider wird sich der ferne Schatz wohl niemals heben lassen.

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Ein verrücktes Paar: Das Bild zeigt den Pulsar PSR J1719-1438 im Zentrum sowie die Umlaufbahn des Diamant-Planeten. Zum Vergleich die Größe unserer Sonne (gelb markiert). Quelle: handelsblatt.com

Einen Planeten aus Diamant haben Wissenschaftler eines internationalen Forschungsteams aufgespürt. Der Edelplanet umkreist einen Himmelskörper, der selbst zu den Exoten im Universum zählt: ein sogenannter Millisekunden-Pulsar. Über das ungewöhnliche Paar berichten die Wissenschaftler aktuell im Wissenschaftsmagazin Science.

Pulsare sind die extremen Endprodukte der Sternentwicklung. Sie entstehen, wenn große Sterne ihren Kernbrennstoff verbraucht haben und in sich zusammenstürzen. Am Ende dieses Prozesses steht ein schnell rotierendes Objekt von der Größe einer Stadt wie Köln, das einen stark gebündelten Strahl von Radiowellen aussendet. Streicht dieser Strahl aufgrund der Rotation der Sternenleiche über die Erde – ähnlich dem Lichtstrahl eines Leuchtturms –, so fangen Radioteleskope ein regelmäßiges Signal auf, das zu pulsieren scheint. Daher der Name „Pulsar“.

Für ihre ungewöhnliche Entdeckung nutzten die Wissenschaftler, zu denen auch der Deutsche Michael Kramer vom Bonner Max-Planck-Institut für Radioastronomie gehört, das 64-Meter-Parkes-Radioteleskop in Australien. Damit gelang es ihnen, winzige Unregelmäßigkeiten im Signal eines Pulsars im Sternbild Schlange aufzuspüren. Verursacht wird diese Störung offenbar durch die Gravitation eines kleineren Begleiters.

Die Art der Unregelmäßigkeiten verriet den Forschern einiges über den kleineren Himmelskörper: Mit einem Durchmesser von nur 60.000 Kilometern ist er etwa halb so groß wie Jupiter, der größte Planet unseres Sonnensystems. Er umkreist den Pulsar in gerade mal zwei Stunden und zehn Minuten in einem Abstand von 600.000 Kilometern – das ist nur wenig mehr als der Radius unserer Sonne. Damit läuft der Planet so nah um den Pulsar, dass ihn die Schwerkraft eigentlich auseinanderreißen müsste.

Zu weit entfernt für irdische Raumschiffe

Doch offenbar handelt es sich um ein sehr kompaktes Objekt. „Die Dichte des Planeten ist mindestens so hoch wie die von Platin und verrät uns viel über seinen Ursprung“, sagt der Leiter des Teams, Matthew Bailes von der Swinburne University of Technology in Australien.

Demnach dürfte der Planet einst selbst ein massereicher Stern gewesen sein, dem seine Nähe zu dem Pulsar zum Verhängnis wurde: Im Lauf der Zeit verlor er 99,9 Prozent seiner ursprünglichen Masse an den „großen Bruder“, der dabei auf extreme Geschwindigkeit beschleunigt wurde: Aktuell dreht sich PSR J1719-1438 – so der wissenschaftliche Name des Pulsars – etwa 10.000-mal pro Sekunde um die eigene Achse - weswegen ihn Astronomen zu einer besonderen Klasse dieser Himmelskörper zählen, den Millisekunden-Pulsaren.

Was von dem Begleiter übrig blieb, besteht überwiegend aus Kohlenstoff und Sauerstoff, denn mit leichteren Elementen wie Wasserstoff oder Helium lassen sich die Beobachtungen der Wissenschaftler nicht erklären. Die von den Forschern berechnete Dichte lässt darauf schließen, dass das Material mit Sicherheit in einem kristallinen Zustand vorliegt – also in einer Form, die auf der Erde bekannt ist unter dem Namen „Diamant“.

Hoffnungen, diesen fernen Schatz einmal bergen zu können, gibt es aber kaum. Das exotische Pärchen dreht seine Runden in einer Entfernung von 4000 Lichtjahren zur Erde. Und ein Raumschiff, das solche Distanzen in annehmbarer Zeit überwinden könnte, lässt sich selbst für den Preis eines planetengroßen Diamanten nicht konstruieren.

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