Ebola-Forschung im Sicherheitslabor Arbeiten mit dem Todesvirus

Hunderte Menschen sind in Westafrika schon an Ebola gestorben – ein Ende der Epidemie ist nicht absehbar. Beim Kampf gegen das Virus zählt das Hochsicherheitslabor der Uni Marburg zu den weltweit führenden Adressen.

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Eine Forscherin arbeitet im Labor des Instituts für Virologie der Universität Marburg. Das Marburger Labor ist eines von nur drei in Deutschland, das die Anforderungen der höchsten Biologischen Schutzstufe 4 (BSL4) erfüllt. Quelle: dpa

Marburg Eine Labormitarbeiterin in einem gelben, gummiartigen Vollschutzanzug arbeitet mit einer Pipette, sie ähnelt einer Astronautin. Ein schwarzer Schlauch verbindet sie mit einem Anschluss an der Wand, der sie mit Frischluft versorgt. Überdruck im Anzug verhindert, dass Partikel von außen eindringen. So sieht es aus, wenn Mitarbeiter des Hochsicherheitslabors an der Universität Marburg Virenerbgut aus der Blutprobe eines Ebola-Verdachtsfalls sichern.

Das Marburger Labor ist eines von nur drei in Deutschland, das die Anforderungen der höchsten Sicherheitsstufe BSL 4 erfüllt. Ein weiteres gibt es am Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin (BNI) in Hamburg, das andere betreibt das Friedrich-Loeffler-Institut (FLI) auf der Insel Riems. Ein viertes entsteht derzeit am Robert Koch-Institut (RKI) in Berlin.

Nur hier darf mit hochansteckenden Viren gearbeitet werden, für die es noch keine wirksamen Medikamente oder Impfstoffe gibt. An deren Entwicklung sind die Forscher beteiligt. Stephan Becker, Leiter des Marburger Instituts für Virologie, könnte demnächst eine Studie zur Wirkung eines vielversprechenden Ebola-Impfstoffes durchführen. „Die Voraussetzungen dafür wären hier bei uns ideal“, sagt er.

Es geht um das in Kanada entwickelte Vakzin VSV-EBOV. Solche Impfstoffe könnten vorbeugend verhindern, dass sich Menschen mit Ebola infizieren – ähnlich wie zum Beispiel ein Grippeimpfstoff. Die US-Gesundheitsinstitute (NIH) kündigten Ende August gleich mehrere Studien zu verschiedenen Impfstoffen am Menschen an, die im Herbst anlaufen sollen. Zusammen mit einem Pharmakonzern starteten sie erste Tests an etwa 20 Teilnehmern.

Nicht nur für die Forschung, auch für Diagnosen ist das Marburger Labor wichtig. Sollte am internationalen Drehkreuz Frankfurt ein Reisender ankommen, der Ebola-Symptome wie Fieber, Durchfall und Erbrechen zeigt, würde er zunächst an der Uniklinik Frankfurt isoliert. Bestätigt sich ein Kontakt zu eventuell infizierten Menschen in einem Land wie Liberia oder Guinea, bringt die Frankfurter Feuerwehr sofort eine Blut- und Speichelprobe nach Marburg.


Alle Geräte sind doppelt vorhanden

„Die Arbeit, die wir hier machen, ist sicher“, betont Becker. Vier Sicherheitsschleusen müssen die Mitarbeiter passieren, um in das Labor zu kommen. Die Schutzanzüge werden vor und nach der Arbeit in einer chemischen Dusche desinfiziert, die technische Ausstattung des Gebäudes muss besondere Standards erfüllen, alle wichtigen Versorgungsgeräte sind doppelt vorhanden.

Seit dem Ausbruch der Epidemie seien immer mindestens drei Mitarbeiter des Labors in Rufbereitschaft, um eine Probe untersuchen zu können, sagt Laborleiterin Olga Dolnik. Zweimal wurden sie seit dem Auftreten der ersten Fälle in Westafrika tätig, in beiden Fällen bestätigte sich der Verdacht nicht. Man könne innerhalb von sechs bis acht Stunden nach der Einstufung eines Patienten als Verdachtsfall eine sichere Diagnose liefern, sagt die Humanbiologin.

Die Marburger schicken zudem regelmäßig Mitarbeiter nach Westafrika, die mit anderen europäischen Wissenschaftlern vor Ort bei Diagnosen helfen und einheimische Mitarbeiter schulen. Das sei wichtig, denn nur die Einheimischen selbst könnten die Epidemie besiegen. „Die Menschen müssen selbst verstehen, dass sie sich an die Quarantänemaßnahmen halten müssen“, sagt Becker.

Außerdem trage man mit der Forschung dazu bei, dass sich eine Infektionskrankheit in Deutschland nicht so schnell ausbreiten könnte, weil Strategien für den Ernstfall entwickelt wurden. Je stärker Ebola in Westafrika wütet, desto wichtiger wird das – denn die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass irgendwann ein infizierter Fluggast in Deutschland ankommt.

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