Wale, Haie, Riesenkalmare Forscher rechnen Meeresriesen kleiner

Ein 20 Meter großer Hai, ein 19 Meter langer Kalmar  – das klingt nach wahren Meeresgiganten. Doch viele dieser marinen Riesenwesen sind offenbar deutlich kleiner als vermutet, wie Forscher jetzt nachgewiesen haben.  

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Nicht acht, sondern nur gut sieben Meter groß wird der Weiße Hai maximal. Viele Exemplare sind jedoch höchstens halb so groß, wie die Forscher ermittelten. Quelle: dpa

Durham Die Größenangaben vieler Meeresgiganten sind offenbar deutlich übertrieben. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie, die jetzt im Fachblatt „PeerJ“ erschienen ist. Die Forscher eines internationalen Teams nahmen insgesamt 25 Arten unter die Lupe, darunter den Blauwal, den Riesenkalmar und den Weißen Hai, und glichen die bekannten Größenangaben der Arten mit verschiedenen Datenbanken und historischen Aufzeichnungen ab.

Zudem prüften sie Exemplare aus Museen, tauschten sich mit anderen Forschern aus und schauten sogar, ob Tiere bei Ebay verkauft wurden, um deren Größe zu erfahren. In ihre Studie flossen nur Angaben ein, die sich wissenschaftlich belegen ließen – auf diese Weise verloren einige der Meeresriesen deutlich an Größe.

Besonders drastisch zeigt sich das für den Meeresbiologen Craig McClain vom US-amerikanischen National Evolutionary Synthesis Center (NESCent/Durham) am Beispiel des Riesenkalmars (Architeuthis dux). „Schon vor einigen Jahren fiel mir auf, dass immer wieder gesagt wurde, der Riesenkalmar könne bis zu 19 Meter lang werden – eine unglaubliche Länge“, erinnert sich McClain, Hauptautor der Studie. Tatsächlich konnte sein Team lediglich eine Länge von 12 Metern für den „Riesenkraken“ verifizieren.

Im Falle der Riesenkalmare wird jedoch auch ein Grund für die übertriebene Größenangabe deutlich: Wenn diese verwesen, lockern und dehnen sich die Muskeln der Tiere – dies könnte dafür gesorgt haben, dass frühe Berichte über die Länge von Riesenkalmaren übertriebene Angaben machen. Weitere Fehlerquellen könnten unterschiedliche Messmethoden und Umrechnungsfehler bei den Längenangaben sein.

Der beeindruckende Walhai (Rhincodon typus), bekannt als größter Fisch der Welt, verlor durch die Arbeit der Wissenschaftler gut 2,5 Meter seiner Maximallänge. Nach Ansicht der Forscher ist lediglich die Größenangabe von 18,8 Meter verbrieft.

Beim Weißen Hai (Carcharodon carcharias) korrigierten die Wissenschaftler die Maximalgröße von über 8 auf 7,13 Meter. Im Durchschnitt hätten Weiße Haie allerdings eine Länge von 3,81 Meter.

Gerade nach Haiangriffen würde aber oft über wesentlich größere Tiere berichtet. Hier vermuten die Forscher einen Zusammenhang zwischen der Schwere der Attacke und der Wahrnehmung der Größe. „Schließlich ist eine Geschichte über einen kümmerlichen Hai, der Schaden zufügt, nicht ganz so beeindruckend“, heißt es dazu in der Studie.


Der Wettbewerbsvorteil des Blauwals

Für die beteiligte Biologin Meghan Balk von der Universität von New Mexico macht die Studie deutlich, wie stark die Größe innerhalb einer Spezies variieren kann. Schon die Entwicklung von der Geburt eines Lebewesens bis zum ausgewachsenen Status beinhalte eine Vielzahl an Größen.

„Gerade die größten Vertreter einer Art sind oft nicht die besten“, so Balk. Die Frage laute, wie nützlich es sei, groß zu sein. Nicht selten würde eine anormal große Körpergröße Lebewesen anfälliger für gesundheitliche Problemen machen.

Beim Blauwal (Balaenoptera musculus), dem größten Tier der Welt, bedeutet Größe hingegen einen Wettbewerbsvorteil: In Zeiten einer Futterknappheit erlaubt ihm seine Masse, zu Plankton-reicheren Gefilden zu wandern, ohne unterwegs zu verhungern. Er kann auch nach der aktuellen Studie 33 Meter lang werden, was in etwa dem bislang angegebenen Wert entspricht. Allerdings werde er je nach Region auch oft viel kürzer, und insbesondere die Messungen vor 1920 seien wenig vertrauenswürdig, so die Forscher.

Bei insgesamt 25 überprüften Spezies an Meeresgiganten nahm die Arbeit selbst gigantische Ausmaße an. Das Forscherteam entschied sich daher auch für die Hilfe sozialer Netzwerke und Medien: So waren auch Studenten eingeladen, teilzunehmen und ihre Ergebnisse auf dem Weblog storyofsize.com zu posten sowie zu twittern.

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