Soviel Winter wie in diesen Tagen war noch nie. Und das nicht nur bloß, weil nach den ergiebigen Niederschlägen der Adventszeit fast überall im Alpenraum beste Wintersportverhältnisse herrschen. Dass ihre Lieblingsjahreszeit in diesem Jahr quasi omnipräsent ist, verdanken Schnee-Fexe und Brettl-Fans einer technischen Entwicklung, die zunächst einmal gar nichts mit Snowboards oder Carving-Skiern zu tun hat.
Statt dessen sorgt neben dem Leistungssprung der Handy-Kameras und dem Absatz-Boom sogenannter Action-Cams à la GoPro oder LiquidImage auch die immer öfter flächendeckende Versorgung der Skigebiete dafür, dass Boarder und Carver ihre Ausfahrten inzwischen millionenfach auf Videoportalen wie Youtube oder Vimeo publizieren oder als Kurzfilme bei Facebook oder Twitter veröffentlichen.
Ski-Orte im Test
Testsieger in Österreich ist das Skigebiet am Wilden Kaiser. Lediglich die Kosten für den Tagesbedarf sind hier "durchschnittlich" hoch. Die Gastronomie wird mit "günstig" bewertet. Die anderen Kategorien "Verleih", "Aktivitäten" und "Zubehör" erhielten das Urteil "sehr günstig". Besonders schlecht schneidet in Österreich der Ort Lech mit dem Skigebiet Arlberg Lech Zürs ab. Lediglich der Tagesbedarf erhält hier die Note "sehr günstig". Alle anderen Kategorien fallen mit "sehr teuer" durch.
In der Schweiz wurden die Orte Samnaun, Grindelwald und Zermatt bewertet, die alle mit unterdurchschnittlichen Werten durchfallen. Alle Orte erhalten in allen Kategorien die Bewertung "sehr teuer". Einzige Ausnahme ist der Ort "Samnaun". Hier ist der Tagesbedarf "sehr günstig".
In Tschechien wurde nur der Ort Spindlermühle bewertet. Er ist der absolute Testsieger und erhielt in allen Kategorien (Gastronomie, Tagesbedarf, Verleih, Aktivitäten und Zubehör) die Bewertung "sehr günstig".
Sieger Nummer zwei im ADAC-Test ist der polnische Skiort Zakopane. In allen Kategorien wird der Ort mit "sehr günstig" bewertet.
Bei den Ski-Orten in Italien lohnt sich ein genauer Blick. Während der Ort Livigno in nahezu allen Kategorien gut bis sehr gut abschneidet (lediglich der Tagesbedarf wird mit "teuer" bewertet), steht St. Ulrich eher schlecht da. Der Ort mit dem Skigebiet Seiser Alm kann in keiner Kategorie ein "günstig" oder "sehr günstig" vom ADAC ergattern.
Frankreich schließt im Test eher schlecht ab. Vor allem in Val d'Isère sind sämtliche Kategorien besonders teuer. Der Ski-Ort Charmonix kann lediglich in der Kategorie "Verleih" mit einem "sehr günstig" punkten.
Auch die deutschen Skigebiete schneiden im ADAC-Test sehr gut ab. Die Gebiete wurden alle mit "günstig" oder "sehr günstig" bewertet. Lediglich in Garmisch-Partenkirchen sind die Ski-Verleihe überdurchschnittlich teuer.
Skispaß in HD-Qualität
So hinterlassen die Powder-Power-Mitschnitte vom Laaxer Vorab-Gletscher, der Tiefschnee-Abfahrt in den Sankt Antoner Schweinströgen oder der Freeride-Tour durch das Vallee Blanche in Chamonix bei den Daheimgebliebenen mindestens eine gute Portion Neid. Und sie ermöglichen den Schneesportlern auch nach der Heimkehr, die Ausflüge in den (möglichst) unverspurten Neuschnee in Full-HD-Qualität noch einmal nach zu erleben.
Die Tiefschnee-Trips sind seit eh und je der Traum aller ambitionierten Schnee-Fans. Doch so günstig wie in diesem Winter waren die Voraussetzungen fürs Powern in Powder nie zuvor. Denn in dieser Saison paart sich die gute Schneelage mit einem bisher unerreichten Angebot an Pulverschnee-tauglichen Skiern.
Denn nachdem sich die Carving-Bauform – breite Skispitzen und -enden gepaart mit einer mehr oder minder schlanken Brettl-Taille – im vergangenen Jahrzehnt de facto als Universal-Muster für Skier aller Zielgruppen etabliert hat, geht der Trend zuletzt wieder stärker zu etwas breiteren Skiern. Die sind beim Kurven auf planierten Pisten nicht ganz so bissig, haben aber dafür im Pulver deutlich stärkeren Auftrieb.
Bissige Pisten-Skier
Zwar ist der Ausritt abseits der Piste per se auch weiterhin nur etwas für gute Skiläufer – die zudem immer die Lawinenlage im Auge behalten müssen. Doch mit All-Mountain-Brettern der neuesten Generation, wie den von der Zeitschrift DSVaktiv gerade für ihre Vielseitigkeit ausgezeichneten Modellen Atomic Blackeye Ti, Dynastar Outland 80 Pro, K2 Rictor, Fischer Motive 80 oder Stöckli Y-77, kommen auch weniger trainierte Pulver-Freunde viel weniger angestrengt durch den Pulver, als das mit reinen Carvern der letzten Generation noch der Fall gewesen wäre.
Quadratur des Kreises
Dabei gelingt den Konstrukteuren ein wenig so etwas wie die Quadratur des Kreises, denn gutes Fahrverhalten auf festgefahrenen Pisten und Leichtgängigkeit sowie guter Auftrieb im Tiefschnee erfordern ganz unterschiedliche Ansätze in der Konstruktion der Bretter.
Bissige Pisten-Skier, speziell die sportlichen Race- oder Slalom-Carver bringen ordentlich Vorspannung auf den Schnee, um so, einmal auf die Kante gesetzt, wie auf Schienen und mit dem Zirkel gezeichnet schnellste Kurven in den Schnee zu zeichnen. Je stärker tailliert, desto enger und dynamischer. Die Bretter für die freie Wildbahn dagegen fahren sich umso leichter, je weicher und breiter sie gebaut sind.
Um das Ziel eines möglichst ausgewogenen Fahrverhaltens in beiden Schneesituationen zu erreichen, integrieren die Hersteller mittlerweile auch in die primär für den Pistengebrauch gedachten Skier einen Bauform, die ursprünglich nur in den breiten Spezialbrettern für reine Offpiste-Skiläufer zum Einsatz kam: Die sogenannte Rocker-Technologie.
Schwimmen auf dem Schnee
Dahinter verbirgt sich eine Brettl-Bauweise, bei deren Anblick Alpin-Traditionalisten – jedenfalls bei reinen Freeride-Skiern – auf den ersten Blick einen Totalschaden des Materials vermuten würden. Denn die anfangs nur für den Ausritt in den Tiefschnee konzipierten Rocker sehen aus, als wäre der Ski nach einem heftigen Crash mit einem Baum an der Spitze mindestens gestaucht – wenn nicht gar durchgebrochen.
Tatsächlich haben die Gelände-Skier nicht nur deutlich weniger Vorspannung als Modele in klassischer Bauform für die Piste, sind also unbelastet auch weniger stark bis gar nicht durchgebogen. Die Rocker sind sogar im vorderen Drittel nach oben aufgebogen. Das schafft im knie- bis hüfttiefen Pulverschnee noch ein zusätzliches Plus beim Auftrieb.
Wo reguläre Pisten-Ski selbst bei zurückhaltender Fahrweise schneller im Tiefschnee auf Tauchstation gehen, als der Fahrer "Pulver" sagen kann, schwimmen echte Rocker wie von alleine auf der Schneeoberfläche und ermöglichen selbst weniger geübten Alpinsportlern ein entspanntes Schweben im Pulver.
Rocker-Technologie funktioniert
Das Vergnügen allerdings war in den vergangenen Jahren schlagartig vorbei, wenn’s wieder auf die planierte Piste ging. Denn da wurden und werden reinrassige Gelände-Bretter zur Herausforderung. Bei höherer Geschwindigkeit leidet der Geradeauslauf, die Skier werden unruhig und beginnen zu schlackern. Und wegen der weichen Bauweise fehlt ihnen auf Eis und Harsch-Schnee der Griff. Da wird der Schwung schnell zum Himmelfahrtskommando. Und sogar auf griffigem, aber hartgefahrenem Schnee erinnert die Kehre eher an Kurvenfahrten mit einem Auto, bei dem die Lenkung ausgeschlagen ist.
Genuss-Skier oder harte Bretter
Keine guten Voraussetzungen also für die als Allmountain-Ski angepriesenen Cross-Over aus Pulver- und Pisten-Ski. Und dennoch haben die Entwicklungsteams von Atomic bis Stöckli offenbar geschafft, das zusammenwächst, was nicht zusammen passt. Andreas König, einer der Testleiter beim Skitest des Deutschen Skiverbandes, jedenfalls ist voll des Lobs: "Hier gibt es richtig schlüssige Konzepte. Somit gilt auch für die Piste: Die Rocker-Technologie mit dem richtigen Gesamt-Setup funktioniert."
Der Trick mit dem die Ski-Bauer die Welten vereinen ist, Design-Elemente beider Bauformen in einem Ski zusammenzuführen. Zum einen biegen sich Allmountain-Bretter, ähnlich wie Gelände-Skier, an der Spitze und am Ende leicht nach oben. Damit sind sie einerseits gutmütiger und weniger anstrengend zu fahren und machen auch im Pulver Spaß. Andererseits bringen die neuen Kombi-Ski im mittleren Bereich eine stärkere Vorspannung und Taillierung mit. Ordentlich aufgekantet geht’s so dann auch mit den Allroundern ab in die Kurve.
Ob einem dieses Fahrverhalten liegt, muss allerdings dann jeder Fahrer unbedingt selbst ausprobieren. Denn auch wenn Ski mit mehr oder weniger Rocker-Genen inzwischen schon die Kategorie der Genuss-Skier dominieren und auch bei den Allmountain-Brettern rasant Land gewinnen, wer Wert auf wirklich sportliches Fahrverhalten legt, sollte doch besser zur echten Ware greifen – soll heißen, zum Race- oder Slalom-Carver.
Der zirkelt dann in bewährter Manier seine Radien in die Schneeoberfläche und lässt die Oberschenkel nach einem forschen Skitag vernehmlich nach Sauna und Massage rufen. Aber für eingeschworene Fans forcierter Richtungswechsel (wie mich) sind auch die besten Allmountain-Wollmilch-Rocker-Carver nur zweite Wahl.
Erst testen, dann kaufen
Insofern gilt auch im Zeitalter der Cross-Over-Ski noch der alte Rat, keinen Ski zu kaufen, den man nicht vorher ausgiebig auf der Piste getestet hat. Denn so vielfältig wie die Bauformen moderner Skier sind eben auch die Anforderungen, die jeder Schneefan an sein Material stellt. Den Durchblick im Brettln-Wald aus Race- und Sportcarvern, Slalom- und Genus-Ski, Allroundern, Freeridern oder eben Allmountain-Ski gewinnt halt nur, wer sie ausprobiert.
Ich jedenfalls bleibe erst einmal meinen reinrassigen Carver treu, wenn ich in diesen Tagen wieder in den französischen Alpen Pisten- und Höhenkilometer sammle. Und wenn’s in den Tiefschnee geht, dann leihe ich mir ein Paar reinrassige Pulver-Rocker.
Wie das ausgeht, können Sie übrigens nach meiner Rückkehr online anschauen, denn der Gadget-Inspektor hat dieses Mal auch zwei aktuelle Outdoor-Kameras im Gepäck. Deren Test sehen Sie dann nach meiner Rückkehr. Wie schon gesagt: Mehr Winter war nie.