Silvester Das Geschäft mit Knallern und Böllern

Silvester 2022/23 in Berlin Quelle: imago images

Während die Rufe nach einem Böllerverbot lauter werden, liegt der Umsatz mit Feuerwerkskörpern auf einem Rekordhoch. Wie das zusammenpasst und wieso die Preise so stark gestiegen sind.

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Randale, Angriffe mit Feuerwerk und Raketen auf offener Straße, Schüsse aus Schreckschusswaffen: Die Silvesternacht 2023 klang ein bisschen wie ein schlechter Film. Es schien, als versuche man, zwei Jahre Corona-Böllerverbot zu kompensieren.

Als Folge wurde laut diskutiert, ob Deutschland bereit sei für ein bundesweites Böllerverbot, wie es unter anderem die Gewerkschaft der Polizei (GdP) fordert. Innerhalb der Bevölkerung herrscht ebenfalls eine klare Meinung: Ende Oktober hat eine repräsentative Forsa-Umfrage ergeben, dass sich knapp 60 Prozent der Menschen in Deutschland für ein Ende der privaten Silvesterböllerei aussprechen. 20 Prozent würden sogar ein generelles Verbot befürworten. Der Wunsch nach Beschränkungen überwiege dabei in allen Altersgruppen außer bei den 35- bis 49-Jährigen. Außerdem sprechen sich bis zu 70 Prozent der Frauen für entsprechende Gesetzesänderungen aus, bei Männern sind es bis zu 46 Prozent.

Dagegen hält der Bundesverband Pyrotechnik (BVPK): „Die letzte Silvesternacht hatte nichts mit dem Brauchtum zu tun, die bösen Geister zu vertreiben“, kommentiert Ingo Schubert, Vorsitzender des BVPK. „Wir haben in dieser Nacht den Frust in der Bevölkerung gespürt, der sich über die letzten Jahre aufgebaut hat; über gestiegene Kosten, wenig Geld und allgemeine Unzufriedenheit“. Die Übergriffe seien das Ergebnis von Übermut und dem Gebrauch von Rauschmitteln in Verbindung mit in Deutschland illegaler Pyrotechnik, wie Vogelschreck-Pyromunition die aus Schreckschusspistolen verschossen wird. „Nur weil zwei Prozent der Gesellschaft nicht vernünftig mit Pyrotechnik umgehen können, ist es schwer, ein generelles Böllerverbot durchzusetzen“, so Schubert.

Umsatz mit Feuerwerk: 180 Millionen Euro

Das vergangene Jahr war nicht nur beispielhaft für die Ausschreitungen, sondern auch für den mit Feuerwerk generierten Umsatz: 180 Millionen Euro wurden 2022 mit dem Verkauf von Raketen und Co. erwirtschaftet. Offenbar kein Strohfeuer: Der Verband der pyrotechnischen Industrie rechnet zum aktuellen Jahreswechsel mit einem ähnlich starken Ergebnis. „Die Nachfrage war riesig, der Nachholbedarf ganz offensichtlich hoch“, sagte Geschäftsführer Klaus Gotzen. Die Branche sei optimistisch, dass die Nachfrage in diesem Jahr wieder groß sein werde. Vor dem Corona-Tief 2020 und 2021 lag der Rekord noch bei 137 Millionen Euro 2016 und 2017.



„Letztes Jahr sind die ganzen Altbestände in den Verkauf gegangen“, sagt BVPK-Vorsitzender Schubert. Außerdem seien die Preise für Feuerwerke durch die teure Seefracht um 30 bis 50 Prozent gestiegen. Das ist auch in diesem Jahr noch spürbar. So kostete eine Benchmarkbatterie bei Lidl und Aldi vor Corona zwei Euro, heute sind es um die sechs Euro. „Ein Container Gefahrgut aus China hat vor ein paar Jahren um die 10.000 Dollar gekostet, zwischenzeitlich waren es dann aber 30.000 Dollar pro Seefracht“. Ein Container transportiert rund 1200 Kartons. Runtergerechnet sind das um die 25 Euro pro Karton, vorher lag der Preis bei circa acht Euro.

Preise für Böller und Raketen gestiegen

Aber wieso sind die Preise so stark gestiegen? „Ein Böllerverbot gab es so nur in Deutschland, die anderen Länder haben über die Corona-Zeit weiter fröhlich aus China importiert, die jedes Jahr die Preise kontinuierlich um 10 bis 15 Prozent erhöht haben“, erklärt der Pyrotechnik-Experte. Drei Jahre später ist die Preiserhöhung deutlich zu spüren, weil sie in Deutschland auf einen Schlag kam.



Im nächsten Jahr dürfte sich die Lage zwar wieder entspannen, doch China habe vor kurzem den Inlandsmarkt für Feuerwerk geöffnet, was vorher in der Volksrepublik lange verboten war. „Der chinesische Markt ist sehr einfach, es gibt keine Baumusterprüfung und die Qualität wird nicht ganz so wichtig genommen wie in der EU“. Das führe dazu, dass viele Fabriken lieber den chinesischen Inlandsmarkt bedienen. „Das macht es schwerer an Ware zu kommen“, sagt Schubert.

Dabei herrschen in Deutschland im EU-Vergleich sogar noch strengere Regeln beim Verkauf von Böllern. Hierzulande dürfen nicht mehr als 20 Gramm Satzpulver in Raketen zum Einsatz kommen, EU-weit sind es ganze 75 Gramm. Auch Blitzknall-Böller sind hier verboten, „das sind die, die schlimme Verletzungen an den Händen verursachen und Finger abreißen können“, erklärt Schubert. Die erlaubten Schwarzpulver-Böller würden eher zu Brandblasen führen, wenn sie in den Händen explodieren.

Dadurch, dass es in der EU keine einheitlichen Regeln gibt, können gewisse Raketen, die hier verboten sind, im Umland gekauft werden, vor allem in Tschechien oder Polen. Zum Beispiel Blitzknallböller bis 0,5 Gramm, die „auch schon sehr schmerzhaft sein können“, sagt Schubert.

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Trotz gestiegener Preise, schwieriger wirtschaftlicher Lage und Verbotsdiskussion ist die Kauffreude bei Feuerwerkskörpern in diesem Jahr nicht eingeschränkt, sagt Schubert. Wie Ausschreitungen ohne Verbot vermieden werden können? „Anstelle eines generellen Verbots könnten Verbotszonen helfen, vor allem in Innenstädten, wo Sicherheitsabstände nicht eingehalten werden können“, rät Schubert. Am wichtigsten sei aber der Appell an die Vernunft der Menschen.

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