DRSC Bilanzierungsrat steht vor dem Aus

Deutschland droht seinen Einfluss auf internationale Bilanzierungsregeln zu verlieren: Zwölf Jahre hat sich das Deutsche Rechnungslegungsstandards Committee bei der Entwicklung globaler Bilanzierungsnormen für die Interessen der deutschen Wirtschaft eingesetzt. Am Montag hat das Gremium nun seinen Vertrag mit dem Bundesjustizministerium gekündigt.

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Heinz-Joachim Neubürger: Der DRSC-Präsident fordert eine

DÜSSELDORF/FRANKFURT. Hintergrund sind Querelen um die Finanzierung des Komitees sowie der Streit um die Kompetenz dieser Einrichtung. "Das ist ein ziemliches Desaster", kommentiert ein hochrangiger Bilanzierungsfachmann die Entscheidung, "und eine Blamage für die deutsche Wirtschaft."

Das Deutsche Rechnungslegungsstandards Committee (DRSC) ist von der Bundesregierung beauftragt, die deutsche Rechnungslegung internationaler zu machen und bei der Weiterentwicklung internationaler Bilanzierungsnormen die deutschen Interessen zu vertreten. Finanziert wird das Komitee freiwillig von 130 Unternehmen und Wirtschaftsprüfungsfirmen. Große Dax-Konzerne und die führenden Prüfer zahlen 50 000 Euro Beitrag pro Jahr, kleine Mitglieder weniger.

Die Mitgliedschaft hindert die Großen aber nicht daran, in Brüssel oder beim IASB in London ihre eigene Meinung zu vertreten. Seit Jahren kritisieren Beobachter daher, dass die heimische Wirtschaft nicht mit einer Stimme spricht. Frankreich und Großbritannien machen das geschickter - und setzen sich damit auch besser durch.

Für den deutschen Mittelstand hat das DRSC wenig Bedeutung, solange die nicht-börsennotierten Unternehmen nach HGB und BilMoG bilanzieren. "Das DRSC hat ein Akzeptanzproblem", sagt Christian Zwirner von der Kanzlei Kleeberg. Das Gremium erhalte in der Breite nicht die gleiche Anerkennung wie etwa das Institut der Wirtschaftsprüfer in Deutschland (IDW).

Existenzgrundlage geht verloren

DRSC-Geschäftsführerin Liesel Knorr räumt ein, es werde "Zeit, über Sinn und Zweck nachzudenken." Der Präsident der Einrichtung und ehemalige Siemens-Manager Heinz-Joachim Neubürger spricht von einer "inhaltlichen Neupositionierung." Das Justizministerium hofft darauf, dass sich die Wirtschaft auf "einen neuen Rahmen für die künftige Arbeit eines deutschen Standardsetters" verständigt, heißt es auf Anfrage. Aus Sicht von Bilanzierungsexperten wäre es gut, wenn künftig ein öffentlich anerkanntes Gremium die Interessen der Unternehmen mit einer Stimme verträte. Das IDW, das durch die Wirtschaftsprüfer mit einem deutlich größeren Etat finanziert wird, steht vor allem für die Prüfer-Perspektive.

Neubürger wie Knorr mussten zuletzt mit dem Klingelbeutel durch die Mitgliederreihen gehen, um Geld für zusätzliche Aufgaben einzusammeln. So erwartet etwa die European Financial Reporting Advisory Group (EFRAG) von Deutschland etwa 350 000 Euro Mitgliedsbeitrag, die das DRSC bislang aber nicht zahlen konnte. Deutschland war dadurch zwar in Brüssel vertreten - durfte aber nicht abstimmen.

Demnächst klafft beim DRSC nach eigenen Angaben eine Finanzierungslücke von gut einer Mio. Euro. Mitgliedsbeiträge ergeben rund 1,7 Mio. Euro, der Etat wird bei drei Mio. Euro liegen. Wichtige Industriekonzerne haben angekündigt, über Beiträge hinausgehende Zahlungen 2011 einzustellen. Zum Jahresende gehen die Aufgaben zurück an das Justizministerium. "Wenn keine neuen Aufgaben für das DRSC gefunden werden, dürfte sich der Verein wohl nächstes Jahr auflösen", sagte ein Mitglied.

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