Übernahmen Die immer gewinnen

Die wahren Profiteure von Übernahmen sind die Berater im Hintergrund: Investmentbanker, Rechtsanwälte, Wirtschaftsprüfer und PR-Profis.

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AP

Linde-Chef Wolfgang Reitzle war bester Laune, als er Anfang März sein Übernahmeangebot für den britischen Gasehersteller BOC präsentieren konnte: „Beide Unternehmen passen perfekt zusammen“, strahlte der Linde-Lenker. Die glückliche Eheschließung war keine Liebe auf den ersten Blick. Hinter den Kulissen war der Ankündigung die wochenlange Überzeugungsarbeit großer Beraterstäbe vorausgegangen: Die Vorteile des Kaufs haben die Investmentbanker von der Deutschen Bank und Morgan Stanley ausgelotet, die Vertragswerke die Anwälte von Freshfields Bruckhaus Deringer entworfen, die Kommunikationsstrategie die PR-Spezialisten der Agenturen Brunswick und CNC entwickelt, die Finanzierung die Investmentbanker von Deutscher Bank und Morgan Stanley und die Experten der Royal Bank of Scotland, der Dresdner Bank und der Commerzbank organisiert. „An der laufenden Übernahmewelle verdienen viele“, sagt Henry Gibbon, Chef für Mergers & Acquisitions (M&A), neudeutsch für Fusionen und Übernahmen, beim Informationsanbieter Thomson Financial. Denn auch Reitzles Gegner, BOC-Chef Tony Isaac, hatte Berater engagiert – schließlich hatte er sich lange gegen die Vereinnahmung durch den kleineren Rivalen aus Wiesbaden gewehrt. Isaac standen die Investmentbanken Merrill Lynch und J.P. Morgan, die Kanzleien Slaughter and May und Hengeler Mueller sowie die Kommunikationsberater Maitland und Hering Schuppener Consulting zur Seite. Immer wenn eine große Gesellschaft ihren Besitzer wechselt, helfen und verdienen Investmentbanker, Rechtsanwälte, Wirtschaftsprüfer und Kommunikationsexperten mit. Derzeit brummt ihr Geschäft, sie sind die wahren Profiteure bei Firmenübernahmen und Zusammenschlüssen. Schon 2005 war mit weltweiten Unternehmenskäufen und -verkäufen im Wert von knapp 2,3 Billionen Euro ein gutes Jahr für die Berater. Wenn im laufenden Jahr weiter so akquiriert und fusioniert wird wie in den ersten drei Monaten, wird 2006 als Rekordjahr in die M&A-Geschichte eingehen. Dann könnte das bisherige Rekordvolumen von 2,8 Billionen Euro aus dem Jahr 2000 übertroffen werden. „Wir werden in Europa weiter große Übernahmeangebote aus Osteuropa, Russland, China und Indien bekommen“, erwartet Nigel Higgins, Co-Chef des Investmentbankings bei Rothschild. Gerade deutsche Unternehmen sind in der letzten Zeit zu Treibern der internationalen Fusionswelle geworden. „Die heimischen Konzerne verfolgen wieder Wachstumsstrategien, die von einem günstigen Börsenumfeld unterstützt werden“, sagt Hermann Prelle, Investmentbanker bei der UBS in Frankfurt. Deutsche Unternehmen haben nach dem Börsencrash vor einigen Jahren ihre Bilanzen saniert und überflüssige Geschäftsbereiche abgeworfen. Sie haben genug Geld, um auf Einkaufstour gehen zu können.

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