Freytags-Frage

Wie funktionieren Kartelle am besten?

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Der Staat als Unterstützer wettbewerbswidrigen Verhaltens privater Unternehmer

Hier ist der Fall noch deutlicher. Durch seine Handelspolitik wird der Staat zu einem willigen Unterstützer wettbewerbswidrigen Verhaltens privater Unternehmer. Gerade die Anti-Dumping Politik ist dafür anfällig. Auch in anderen Industrien gibt es Fälle, die dem Anti-Dumping-Kartell der chemischen Industrie ähneln.

So wichtig ist die Autoindustrie für Deutschland

Was hat das alles nun mit der Autoindustrie zu tun?

Die Beispiele legen nahe, dass eine Kartellbildung und wettbewerbsbeschränkendes Veralten in der Automobilindustrie nicht ausgeschlossen sind. Denn die deutsche Automobilindustrie genießt in der deutschen Politik außergewöhnliche Vorrechte. Darunter fällt zunächst das Dienstwagenprivileg, also die steuerliche Subventionierung von Dienstwagen. Mehr als die Hälfte der in Deutschland zugelassenen Kraftfahrzeuge der gehobenen Kategorie sind Dienstwagen. Davon profitieren die fünf deutschen Autohersteller naturgemäß am meisten.

Der Volkswagenkonzern gehört sogar zu einem signifikanten Anteil dem Land Niedersachsen, das deswegen besondere Stimmrechte genießt. Ob so eine Konstruktion zu Interessenkonflikten beim Staat als Eigentümer auf der einen und Kontrolleur auf der anderen Seite führt, ist offen. Ausgeschlossen ist es aber nicht.

Schließlich – und das ist im vorliegenden Fall besonders relevant – ist die Automobilindustrie ein Vollprofi darin, der Bundesregierung immer wieder allzu ambitionierte Umweltauflagen auszureden, selbst wenn diese technisch umsetzbar waren. Älteren Lesern sind vielleicht die Gymnicher Gespräche von 1975 ein Begriff. Auch in jüngster Zeit haben deutsche Wirtschaftsminister zum Beispiel in Brüssel regelmäßig die Interessen der deutschen Hersteller vertreten.

All das ist kein Beleg für ein aktuelles Fehlverhalten der Automobilhersteller. Wie gesagt: darum geht es nicht. Doch all das zeigt, dass die Bedingungen und Anreize für Kartellbildung in der Automobilindustrie recht hoch sind.  Die Lehre daraus ist keineswegs neu: Der Staat sollte sich als Akteur aus den Märkten so weit wie möglich zurückziehen. Dennoch ist er noch immer in viel zu vielen Märkten aktiv, sei es als Eigentümer oder als Regulierer. Die nächste Bundesregierung hat hier eine interessante Aufgabe vor sich.

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