Reaktionen auf EZB-Bankenprüfung Politiker warnen nach Stresstest vor Euphorie

Nur eine deutsche Bank ist beim Stresstest der EZB durchgefallen – ein Grund, sich zurück zu lehnen? Keinesfalls, warnen Finanzexperten aus allen politischen Lagern. Das Kreditsystem sei noch lange nicht gesundet.

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Besonders in der Finanzmetropole Frankfurt hofft man nun auf Belebung im europäischen Kreditgeschäft. Quelle: dpa

Berlin Finanzpolitiker sehen nach dem EZB-Stresstest trotz positiver Bilanz keinen Grund zur Entwarnung bei den deutschen Banken. Politiker aus dem Regierungs- wie dem Oppositionslager sprachen am Sonntag lediglich von einem Zwischenergebnis. Sie sehen noch Schwachstellen, etwa die vielen faulen Kredite in den Bankenbilanzen. „Das ist nur eine Etappe und kein Grund für eine voreilige Entwarnung“, sagte der Obmann der Unionsfraktion im Bundestags-Finanzausschuss, Hans Michelbach, der Nachrichtenagentur Reuters. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble reagierte indes erleichtert. „Die Ergebnisse bestätigten meinen Eindruck, dass die deutschen Banken gut vorgesorgt haben“, sagte er. SPD-Fraktionsvize Carsten Schneider hofft, dass die Institute nun mit dem durch den Stresstest gestärkten Vertrauen mehr Kredite vergeben und damit für mehr Wachstum sorgen.

Bei dem Stresstest fielen zum Stichtag 31. Dezember des Vorjahres 25 Banken durch, für die die Europäische Zentralbank (EZB) eine Kapitallücke von insgesamt 25 Milliarden Euro ermittelte. Zwölf dieser Institute, darunter der Immobilienfinanzierer Münchener Hypothekenbank als einziges deutsches Geldhaus, haben dieses Loch aber inzwischen mit neuem Kapital geschlossen. Durchgefallen beim Test sind vor allem Institute aus Süd- und Südosteuropa, wie aus Italien, Zypern, Griechenland und Slowenien sowie auch zwei aus Belgien.

Bundesfinanzminister Schäuble wies darauf hin, dass die europäischen Banken, die nun schnell ihre Kapitallücke schließen müssen, kaum auf Staatsgelder hoffen dürfen. Erst müssten sie ihre eigenen Möglichkeiten nützen, dann nach der verabredeten Haftungskaskade würden Gläubiger und Großanleger herangezogen. „Staatliche Mittel stünden dabei an letzter Stelle“, unterstrich Schäuble. Die Minister für Wirtschaft und Finanzen von Hessen, Tarek Al-Wazir und Thomas Schäfer, äußerten die Hoffnung, dass nun mehr Vertrauen in die Bilanzen der Banken zurückehrt. Hessens Metropole Frankfurt ist der wichtigste Finanzplatz im Lande.

Griechenlands Regierungschef Antonis Samaras sprach davon, dass die Test-Ergebnisse für die Banken seines Landes - obwohl nicht alle ihn bestanden - alle Erwartungen übertroffen hätten. Auch Spaniens Regierungschef Mariano Rajoy reagierte erleichtert auf die Bewertung der Institute seines Landes.


Damoklesschwert der faulen Kredite

In den Reaktionen deutscher Finanzpolitiker überwog bei aller Erleichterung die Vorsicht. Als Alarmsignal, das „wie ein Damoklesschwert über den Bankenbilanzen schwebt“ bezeichnete Michelbach die rund 880 Milliarden Euro an faulen Krediten, die laut EZB auf die geprüften 130 Institute entfallen.

Unionsfraktionsvize Ralph Brinkhaus betonte, die Kapitalausstattung und die Liquidität der Institute müssten weiter verbessert werde. „Es besteht kein Anlass zur Beruhigung“, lautete sein Fazit. Brinkhaus' SPD-Kollege Schneider forderte die Banken auf, namentlich in Deutschland, mit dem erhaltenen Vertrauensvorschuss nunmehr ihre Kreditvergabe auszuweiten und damit das Wachstum anzukurbeln. Im Übrigen müsse mehr getan werden, um das Bankensystem in den Ländern zu stärken, in denen Geldhäuser den Stresstest nicht bestanden haben. Wie Schäuble warnte auch er diese Banken vor der Hoffnung auf Staatsgelder. Die EU-Kommission müsse strikt darauf achten, dass nicht unerlaubte Staatsbeihilfen fließen.

Der Grünen-Finanzpolitiker Gerhard Schick nannte den EZB-Stresstest einen „Zwischenschritt“ bei der Stabilisierung des europäischen Bankensystems. Der Test zeige, dass bei vielen Banken in Europa das Eigenkapital noch nicht ausreiche. Generell seien Europas Geldhäuser zu niedrig kapitalisiert - gerade auch die deutschen. Der Linken-Finanzpolitiker Axel Troost sprach von einem „relativ glimpflichen“ Ausgang des Stresstests für die Branche. Dass gerade in den Euro-Krisenländer etliche Institute durchgefallen seien, habe mit der von Deutschland in Europa durchgesetzten Sparpolitik zu tun.

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