Schadenersatzklage Milliardenprozess gegen die Hypo Real Estate beginnt

Die Verstaatlichung der Hypo Real Estate könnte für den Bund noch teurer werden. Zahlreiche ehemalige Aktionäre fordern Schadenersatz für die Verluste mit ihren HRE-Aktien. Heute beginnt der Prozess.

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Der Hypo Real Estate könnte für den Bund teuer werden. Quelle: ap

Mehr als fünf Jahre nach der Notrettung der Immobilienbank Hypo Real Estate (HRE) beginnt ein milliardenschwerer Musterprozess um Schadenersatz für ehemalige Aktionäre. Das Verfahren vor dem Oberlandesgericht München ist nicht nur für die Betroffenen interessant: Auch der Bund als Eigentümer der HRE dürfte es aufmerksam verfolgen - denn belastet würden bei einem Erfolg der Aktionäre letztlich die Steuerzahler. Am Montag beginnt das Verfahren.

Worum geht es in dem Prozess?

Ehemalige Aktionäre werfen der HRE vor, zu spät auf ihre Probleme durch die Finanzkrise hingewiesen zu haben. Am 15. Januar 2008 hatte der Konzern in einer Pflichtmitteilung massive Belastungen bekanntgegeben und damit die Börse geschockt. Innerhalb eines Tages brach die Aktie um mehr als ein Drittel ein und sackte danach weiter ab. Viele Aktionäre verloren dadurch ein Vermögen. Tatsächlich hat das Management um den damaligen Chef Georg Funke nach Ansicht der ehemaligen Aktionäre aber bereits vor Weihnachten 2007 von den Problemen gewusst, die Öffentlichkeit aber nicht informiert. Die Hypo Real Estate als Beklagte sieht das anders. „Nach Überzeugung der HRE war die Kommunikation zu jedem Zeitpunkt angemessen. Diese Position werden wir vor Gericht vertreten“, sagte ein Sprecher.

Warum haben die Anleger überhaupt Geld in die HRE gesteckt?

Die Hypo Real Estate galt als ein solides Unternehmen. Die Aktie war vor ihrer Krise im Dax notiert, also in der ersten Liga der Börse in Deutschland. Viele Anleger dachten, dass ihr Geld besonders gut angelegt ist, weil die Hypo Real Estate auf die Finanzierung großer Immobilienprojekte weltweit spezialisiert war. Im September 2008 geriet die HRE aber in größte Not, weil ihre irische Tochter Depfa Geld langfristig verliehen und sich extrem kurzfristig refinanziert hatte. Nach der Lehman-Pleite ging diese Rechnung nicht mehr auf und sie kam nicht mehr an Geld: Es fehlten plötzlich 35 Milliarden Euro. Nach der Notrettung mit Steuermilliarden wurde die HRE verstaatlicht. Die Aktionäre mussten ihre Papiere zum Preis von 1,30 Euro an den Bund abgeben.

Warum wird ein Musterprozess geführt?

Am Landgericht München gingen nach dem HRE-Drama unzählige Schadenersatzklagen ehemaliger Anleger ein. Statt jede einzeln zu verhandeln, werden zentrale Fragen der Beweisaufnahme nun in dem Musterverfahren geklärt. Die anderen Verfahren liegen solange auf Eis. „Ist das Musterverfahren abgeschlossen, ist die Feststellung, die allen gemeinsam ist, bindend für alle Verfahren“, sagt Gerichtssprecherin Inga Hansen. „Der Prozess ist deshalb richtungsweisend“, sagt die Anwältin Daniela Bergdolt, die zahlreiche HRE-Anleger in anderen Verfahren vertritt. Grundlage für das Musterfahren ist das „Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz“.


„Mir wird Unsinniges unterstellt“

Muss auch der frühere Chef Georg Funke zum Prozess kommen?

Georg Funke soll in dem Verfahren vernommen werden und ist für den 6. Februar geladen. Der Manager war nach dem Desaster bei der HRE von München nach Mallorca gezogen und handelt dort mit Ferienimmobilien. Der Gerichtstermin wäre sein erster öffentlicher Auftritt in Deutschland seit der Krise. In Interviews wehrte er sich aber aus der Ferne gegen den Vorwurf, für das HRE-Drama verantwortlich gewesen zu sein. „Mir wird Unsinniges und Falsches unterstellt“, ließ er über die „Bild-Zeitung“ wissen. Ein Neustart in Deutschland sei ihm deshalb nicht mehr möglich. „Ich werde als schlimmster Gier-Banker, Zocker und Pleitier beschimpft.“

Wer ist der Kläger in dem Prozess?

Musterkläger ist der Jurist Christian Wefers aus Nordrhein-Westfalen, der für mehrere Kapitalanlagefonds aus Deutschland und anderen Ländern auftritt. Rund 90 Häuser hatten ihre Ansprüche von insgesamt rund 900 Millionen Euro an ihn abgetreten. Dieses Geld plus Zinsen wollen sie zurück. Damit geht es inzwischen um eine Summe von mehr als einer Milliarde Euro. Wefers wird vor Gericht von dem Anwalt Andreas Tilp vertreten, der auf derartige Prozesse spezialisiert ist.

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