Ziele wackeln Deutsche Bank kommt nicht vom Fleck

Die „Strategie 2015+“ kann die Deutsche Bank wohl nicht mehr halten. Das Umfeld ist schwierig, dazu kommen viele hausgemachte Probleme. Nun kündigt das Geldhaus die Überprüfung der Ziele im neuen Jahr an.

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Die Deutsche Bank kämpft mit Problemen an verschiedenen Fronten. Quelle: dpa

Frankfurt Anshu Jain und Jürgen Fitschen müssen nachsitzen. Gut zwei Jahre nach dem Amtsantritt der beiden Deutsche-Bank-Chefs erweisen sich ihre Ziele der damals ausgerufenen „Strategie 2015+“ als kaum mehr erreichbar. Denn das Umfeld ist wegen der anhaltenden Niedrigzinsen und der schwachen Konjunktur in Europa schwieriger, als das Duo noch im Sommer 2012 gedacht hatte. Außerdem ziehen sich die unzähligen Rechtsstreitigkeiten hin, in die Deutschlands größtes Geldhaus verwickelt ist und die mit vielen Milliarden auf der Bilanz lasten. Die Bank wolle deshalb eine ehrliche Bestandsaufnahme machen und ihre Planungen gegebenfalls überarbeiten, sagten zwei mit den Überlegungen vertraute Personen der Nachrichtenagentur Reuters.

Das Institut selbst erklärte am Donnerstag lediglich: „Wir haben stets deutlich gemacht, dass die Bank ihre Strategie im Laufe des kommenden Jahres überprüfen und weiterentwickeln wird.“ Unverantwortlich sei es allerdings, über einen Verkauf von Geschäftsbereichen zu spekulieren. Nach einem Vorabbericht des „manager magazin“ ist zumindest für den langjährigen Chef-Investmentbanker Jain auch ein Verkauf der seit 2010 mehrheitlich zum Konzern gehördenden Postbank kein Tabu mehr. Eingefädelt hatte das damals der langjährige Konzernlenker Josef Ackermann, der mit den 14 Millionen Kunden der Bonner das eigene Privatkundengeschäft stärken wollte. Der Zukauf blähte allerdings die Bilanz auf – in Zeiten strengerer Regulierung ein Nachteil. Denn die Eigenkapitalanforderungen an die Institute steigen. Je größer die Bilanz, desto mehr Eigenkapital ist nötig.

Den Insidern zufolge befindet sich die Neuformulierung der Ziele noch in einem frühen Stadium, bei großen Investoren sei aber schon entsprechend vorgefühlt worden. Das „manager magazin“ berichtete, das Führungsgremium wolle sich in den kommenden Wochen zu intensiven Beratungen treffen. Möglicherweise schon im März, spätestens aber zur Hauptversammlung am 21. Mai, sollten die Ergebnisse der Öffentlichkeit präsentiert werden.

Ein wichtiges Thema bei den Beratungen hinter verschlossenen Türen dürfte dabei auch der jüngste Vorstandsumbau sein. Denn vom Erzrivalen Goldman Sachs holt sich die Deutsche Bank Marcus Schenck als neuen Finanzchef, der im Frühjahr das Ruder übernehmen soll. Der bisherige Zahlenmeister Stefan Krause, der das Ressort seit sechs Jahren führt, soll sich künftig zusammen mit den Vorstandschefs um strategische Fragen kümmern. Aufsichtsratschef Paul Achleitner wünscht sich ohnehin, dass die Bank bei ihrer Neuausrichtung in die Puschen kommt.

Zu den wichtigsten Zielen der Bank im Rahmen ihrer bisherigen „Strategie 2015+“ zählen eine harte Kernkapitalquote von mehr als zehn Prozent, eine Senkung der jährlichen Kosten um 4,5 Milliarden Euro, eine Kostenquote von etwa 65 Prozent im Konzern und eine Eigenkapitalrendite nach Steuern von rund zwölf Prozent. Das Kapitalproblem hat die Deutsche Bank in diesem Jahr mit ihrer Kapitalerhöhung und mehreren Anleiheplatzierungen erst einmal gelöst – insgesamt sammelte sie 13 Milliarden Euro ein.

Doch die Kostenquote und das Renditeziel wurden bereits in diesem Sommer auf 2016 verschoben. Dann, hofft das Institut, könnten die unzähligen Sonderbelastungen endlich aufhören. Finanzkreisen zufolge stehen noch milliardenschwere Strafen der angelsächsischen Behörden etwa im Zinsskandal oder im US-Streit um mutmaßliche Sanktionsverletzungen aus. Außerdem liegen noch einige US-Hypothekenklagen auf dem Tisch. Um das Renditeziel halten zu können, müsste sich aber auch das Kerngeschäft Investmentbanking wieder nachhaltig beleben.

Als ob das alles noch nicht genug wäre, kommt die von Regulierern und Aufsehern geforderte Verschuldungsquote (Leverage Ratio) hinzu. Hier hievt sich die Bank im Moment gerade so über die Mindestschwelle von drei Prozent und kommt auf 3,3 Prozent. Ende 2015 sollen es 3,5 Prozent sein. Bei der Leverage Ratio wird das Eigenkapital ins Verhältnis zur gesamten Bilanzsumme gesetzt – egal, wie riskant die dahinter stehenden Geschäfte der Banken sind. Die Banken haben hier also weniger Spielraum, die Zahl zu beeinflussen.

Ein Verkauf der Postbank wäre womöglich ein cleverer Schachzug, würde er doch die Bilanzsumme der Deutschen Bank von rund 1,7 Billionen Euro um fast ein Zehntel verkürzen. Im Aufsichtsrat wurde das aber noch nicht konkret diskutiert, wie Insider unlängst berichteten. Vielleicht ist es momentan nur ein Gedankenspiel von Jain. „Denkverbote“ solle es jedenfalls bei der neuen Strategie nicht geben, schreibt das „manager magazin“. Die expansionshungrige spanische Großbank Santander erneuere regelmäßig ihr Interesse an einer Übernahme der Postbank. Santander wollte sich zu den Informationen nicht äußern.

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