Bahnstreik aktuell Das müssen Bahnkunden und Pendler jetzt wissen

Im Tarifstreit mit der Deutschen Bahn hat die Gewerkschaft GDL zu jeweils 35-stündigen Streiks im Personen- und im Güterverkehr aufgerufen. Quelle: imago images

Der Wellenstreik hat begonnen: 24 Stunden lang legt die GDL den Fern- und Nahverkehr der Deutschen Bahn lahm. Das müssen Sie jetzt wissen.

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Schon wieder streikt die GDL: Seit dem frühen Dienstagmorgen gibt es erhebliche Einschränkungen für Fahrgäste im Fern-, Regional- und S-Bahnverkehr der Deutschen Bahn. Erst am Sonntagabend hatte die Gewerkschaft über den anstehenden Ausstand informiert. Die Bahn appellierte an die GDL, künftige mögliche Streiks wieder mit mehr Vorlauf anzukündigen.

Wenige Tage zuvor hatte es einen 35-Stunden-Streik der GDL gegeben, der Auftakt der neuen „Wellenstreik"-Strategie von GDL-Chef Claus Weselsky. Alle wichtigen Entwicklungen zum Bahnstreik lesen Sie hier.

Was müssen Zugreisende wissen? Was sind Wellenstreiks? Alle wichtigen Fragen und Antworten im Überblick:

Wann findet der Bahnstreik statt?

Der inzwischen sechse Bahnstreik in der aktuellen Tarifrunde startete im Personenverkehr am Dienstag, 12. März, um 2.00 Uhr morgens. Er dauert 24 Stunden. „Wir werden am morgigen Mittwoch wieder sehr schnell zum Normalbetrieb übergehen und im Personenverkehr wieder das volle Programm für unsere Fahrgäste bieten“, sagte Bahnsprecher Achim Stauß. Bereits seit Montag um 18 Uhr läuft der Ausstand im Güterverkehr, der bis Dienstag um 18 Uhr dauern soll.

Was sind sogenannte Wellenstreiks?

Die GDL kündigt ihre Streiks nicht mehr mit einem 48-stündigen Vorlauf an. „Wir beginnen sogenannte Wellenstreiks“, sagte Claus Weselsky Anfang März. „Damit ist die Eisenbahn kein zuverlässiges Verkehrsmittel mehr.“ Bei einem Wellenstreik wird in einem Betrieb in einzelnen Abteilungen und Schichten zu jeweils verschiedenen Zeiten unterschiedlich lang die Arbeit niedergelegt. Die GDL plant mit vielen kürzeren und teils spontanen Arbeitsniederlegungen hintereinander.

Bahnstreik: Welche Züge fahren noch?

Nach Darstellung der Deutschen Bahn kann wieder ein Grundangebot von rund 20 Prozent des üblichen Fahrplans angeboten werden. Im Regionalverkehr sei das Angebot je nach Region unterschiedlich. Fahrgäste werden gebeten, sich über die Auskunftskanäle der Bahn über ihre Verbindungen zu informieren.

Ob ein Fern- oder Regionalzug fährt oder nicht, lässt sich in der Regel über die Bahn-App oder die Internetseite der Bahn einsehen.

Wird Ostern gestreikt?

Das ist nicht ausgeschlossen. Die GDL hat Arbeitskämpfe über die Feiertage nicht ausgeschlossen. „Ich äußere mich weder zu Ferien noch zu Feiertagen, ob da Streiks stattfinden oder nicht“, sagte GDL-Chef Weselsky dazu lediglich.

Kann ich auf andere Züge ausweichen?

Die Bahn bietet mehrere Kulanzregeln an:

  • Tickets für Fahrten im Streikzeitraum können auch zu einem späteren Zeitpunkt genutzt werden.
  • Fahrgäste haben die Möglichkeit, ihre Reise vorzuverlegen.
  • Die Zugbindung ist aufgehoben.
  • Sitzplatzreservierungen können kostenfrei storniert werden.
  • Im Regionalverkehr gilt: Wer über eine Fahrkarte für RE, RB, IRE und S-Bahn verfügt, aber Züge des Fernverkehrs wie IC/EC oder ICE nutzen muss, muss zunächst die zusätzlich erforderliche Fahrkarte bezahlen. Die Kosten werden später erstattet.

Was bedeutet das für Inhaber des Deutschlandtickets?

Die Kulanzregel im Regionalverkehr gelte nicht für erheblich ermäßigte Fahrkarten wie das Deutschlandticket oder Länder-Tickets, teilte die Bahn mit.

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Welche Rechte haben Fahrgäste bei Ausfällen und Verspätungen?

Auch im Streikfall gelten die gesetzlichen Fahrgastrechte. Ab 60 Minuten Verspätung gibt es 25 Prozent des Fahrpreises erstattet, bei mehr als zwei Stunden sind es sogar 50 Prozent.

Kann ich mit dem Taxi fahren, wenn meine Zugverbindung ausfällt?

Unter bestimmten Bedingungen erstattet die Deutsche Bahn die Weiterfahrt mit alternativen Verkehrsmitteln bis zu einer Höhe von 120 Euro. Hierfür gelten besondere Bedingungen, welche der Konzern in seinen Fahrgastrechten festgehalten hat.

Ein anderes Verkehrsmittel (z.B.) nutzen darf, wer

  • planmäßig zwischen Mitternacht und 5 Uhr am Zielbahnhof ankommen soll.
  • mit einer erwartbaren Verspätung von mindestens 60 Minuten am Zielbahnhof ankommt oder
  • wegen eines Zugausfalls das geplante Reiseziel auch mit Hilfe anderer Verkehrsmittel nicht mehr bis 24 Uhr erreichen kann.
  • sich bei der Deutschen Bahn vor Ort am Bahnhof erkundigt hat und kein alternatives Verkehrsmittel durch die Deutsche Bahn bereitgestellt bekommt.
  • aus vertretbaren Gründen nicht mit dem Personal vor Ort in Kontakt treten kann.

Grundsätzlich gilt: Von der Deutschen Bahn zur Verfügung gestellte alternative Verkehrsmittel oder Übernachtungsmöglichkeiten haben immer Vorrang. Wer die Voraussetzungen für eine Erstattung nicht genau befolgt, riskiert am Ende auf den Kosten sitzenzubleiben.

Gibt es Alternativen zu den Zügen der Deutschen Bahn?

Privatbahnen werden von der GDL nicht bestreikt und können von Reisenden weiterhin genutzt werden. Ansonsten ist auch der Umstieg auf den Fernbus oder den Mietwagen möglich. Auf das Flugzeug auszuweichen, ist wegen der Streiks bei der Lufthansa schwierig. Die wichtigsten Informationen zum Lufthansa-Streik finden Sie hier.

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Wer zahlt die Hotelkosten, wenn ich meine Reise nicht antreten kann?

In Extremfällen übernimmt die Deutsche Bahn die Kosten für eine Hotelübernachtung. Diese kann nötig werden, wenn eine Weiterfahrt zum Zielort nicht möglich oder nicht zumutbar ist. Das ist vor allem nachts der Fall. Auch hier gilt, dass die Bahnreisenden zunächst vor Ort prüfen müssen, ob die Deutsche Bahn nicht bereits Übernachtungsangebote zur Verfügung stellt. Erst dann ist ein eigenständiges Einchecken im Hotel die letzte Alternative.

Was gilt bei Verspätungen am Arbeitsplatz?

Der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin trägt das sogenannte Wegerisiko. Mehr dazu lesen Sie hier: Warum Arbeitnehmer trotz Streik in der Pflicht stehen ins Büro zu fahren

Warum streiken die GDL-Lokführer?

Größter Streitpunkt ist die von der GDL geforderte Verkürzung der Arbeitszeit auf 35 Stunden pro Woche. Bislang gilt für die Lokführer eine wöchentliche Arbeitszeit von 38 Stunden, häufig im Schichtbetrieb. Außerdem verlangt die GDL eine Lohnerhöhung von mindestens 555 Euro im Monat sowie eine Inflationsprämie von 3000 Euro.

Lokführer verdienen bei der Deutschen Bahn nach eigenen Angaben durchschnittlich zwischen 44.500 und 53.400 Euro brutto im Jahr. Da es neben der GDL auch noch die EVG als Gewerkschaft gibt, die wiederum eigene Tarifverträge mit der Deutschen Bahn ausgehandelt hat, ist das Durchschnittsgehalt der Lokführer nicht ganz so leicht zu beziffern. Der Rahmentarifvertrag der Lokführer bei der GDL weist ein monatliches Grundgehalt von 3127 Euro aus, für Mitarbeiter mit mehrjähriger Berufserfahrung auch bis zu 3825 Euro. In dieses Grundgehalt nicht mit eingerechnet sind Zulagen wie Prämien oder Weihnachtsgeld.

Warum wurden die Verhandlungen zwischen GDL und Bahn vorzeitig beendet?

Seit Monaten ringen GDL und Bahn um einen neuen Tarifvertrag. Zuletzt hatten sich beide Seiten Anfang Februar nach dem vierten Bahnstreik zusammengerauft und waren an den Verhandlungstisch zurückgekehrt. Bis zum 3. März hätten die Gespräche gehen sollen – eigentlich. Denn am 29. Februar hatte die Bahn dann überraschend das Scheitern der Verhandlungen mitgeteilt. Die GDL habe diese abgebrochen. „Wir waren bereit, Schritte bei der Arbeitszeitverkürzung zu gehen, die weit über unser letztes Angebot hinausgehen“, teilte DB-Personalvorstand Martin Seiler mit. „Es ist unfassbar, dass die Lokführergewerkschaft trotzdem vom Tisch aufsteht.“

Die Gewerkschaft warf der Bahn vor, sich an das vereinbarte Stillschweigen nicht gehalten zu haben: „Diese Informationen sind gezielt vom DB-Management durchgestochen worden, um es dann der Gewerkschaftsseite anzuhängen“, teilte die Gewerkschaft mit.

Ausschlaggebend für das Scheitern war laut Bahn erneut die Forderung der GDL nach einer Reduzierung der Wochenarbeitszeit von 38 auf 35 Stunden für Schichtarbeiter bei gleichbleibendem Gehalt. Seit Beginn der Tarifrunde im November gilt diese Kernforderung als Knackpunkt der Verhandlungen.

Selbst externe Vermittler konnten in den vergangenen Wochen keinen Kompromiss erzielen: Die Bahn hatte den früheren Bundesinnenminister Thomas de Maizière hinzugerufen. Für die GDL vermittelte der schleswig-holsteinische Ministerpräsident Daniel Günther. In früheren Tarifrunden hat eine solche Schlichtung schon öfter zum Erfolg geführt. Dieses Mal nicht.

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Wer ist Claus Weselsky?

Claus Weselsky ist seit 2008 Bundesvorsitzender der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL). Der gebürtige Dresdner und gelernte Dieselmotorenschlosser hat in der DDR selbst viele Jahre als Lokführer gearbeitet. Weselsky ist für seine konfrontative Art bekannt: Er scheut keine Auseinandersetzungen mit dem großen Bahn-Konzern und kritisiert diesen öffentlich immer wieder mit scharfen Worten. Erst kürzlich warf Weselsky dem Konzern eine „Arroganz der Macht“ vor. Für seinen harten Kurs erntet der Gewerkschaftsvorsitzende regelmäßig viel Kritik. Ein häufiger Vorwurf ist, dass er nicht ausreichend kompromissbereit sei und leichtfertig zu Streiks als Druckmittel greife. Im WirtschaftsWoche-Interview sagte Weselsky dazu erst kürzlich: „Es ist der Sinn eines Streiks, dem Arbeitgeber zu schaden.“

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