Interview mit BBDO-Chef Frank Lotze "Ohne Ideen sind Daten nutzlos"

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Köpfe und Talente

Diese Sport-Stars machen mit Werbung Kasse
Eon & ErdingerMagdalena Neuner hat ihre Biathlon-Karriere 2012 zwar beendet. Für die Werbung ist sie aber auch nach dem Ende ihres sportlichen Schaffens interessant. Bei der einstigen Weltklasse-Sportlerin stehen die Sponsoren Schlange, sie kann sich ihre Verträge aussuchen. Zu den bekanntesten Partnern gehören die Techniker Krankenkasse, der Energielieferant Eon und die Brauerei Erdinger. Auch Audi und Adidas arbeiten mit Neuner zusammen. Gemeinsam mit dem Ex-Profifußballer Christoph Metzelder wirbt sie zudem für Allpresan.
Adidas, McDonald's und Ab-in-den-Urlaub.deMichael Ballack schickt schon seit 2009 Reisende ab in den Urlaub und das mit Erfolg. Die Zusammenarbeit mit den Online-Portal ab-in-den-Urlaub.de wurde im April 2014 bis 2017 verlängert. „Wir freuen uns über die weitere Zusammenarbeit mit Michael Ballack. Er gehört auch nach seinem Karriereende als aktiver Fußballprofi zu den bekanntesten deutschen Sportlern. Sein positives Image und seine hohe Bekanntheit passen perfekt zu ab-in-den-urlaub.de. Hinzu kommen seine große Professionalität und Beliebtheit, die ihn für uns zu einem wertvollen und sympathischen Partner machen“, so Geschäftsführer Andreas Prokop. In der Vergangenheit warb Micheal Ballack unter anderem für Sportartikel, Fast Food und war das Werbegesicht von Adidas und McDonald's. Quelle: PR
Hugo Boss, Red Bull und Puma Er hat gut lachen: Rund 2 Millionen Euro verdient Mario Gomez mit Werbeeinnahmen und durch Sponsoringverträge. Gomez hat bereits Hugo Boss, Red Bull und Puma sein Gesicht geliehen. Der Sporthersteller hat den Deal mit dem Bayern-Spieler allerdings Anfang dieses Jahres gekündigt – pro Jahr soll Gomez alleine durch Puma rund eine Million Euro verdient haben. Quelle: dpa
Adidas, Rewe und PrinzenrolleAuf der Website von Fußballer Lukas Podolski fällt zuerst die prominente Adidas-Werbung auf. Aber damit nicht genug: Der Spieler vom FC Arsenal hat außerdem noch Werbedeals mit Rewe, dem Solarstromtechnologiekonzern SolarWorld und – passend zu Prinz Poldi – der Prinzenrolle. Darüber hinaus macht sich „Poldi“ für die DKMS (Deutsche Knochenmarkspenderdatei) stark und war dort auf den Plakaten zu sehen. Mit seinen Werbeverträgen nimmt der Fußballer rund 2 Millionen Euro ein. Quelle: AP
Nintendo, Adidas und CEWEPhilipp Lahm macht vor allen Dingen gerne in eigener Sache Werbung. Zu seinen Partnern gehören unter anderen Nintendo, Adidas und das CEWE Fotobuch. Die Konzerne unterstützen den Abwehrspieler auch bei seinen beiden Projekten, der Philipp Lahm-Stiftung und dem Philipp Lahm-Sommercamp für Kinder. Insgesamt nimmt der Fußballprofi nur mit seinen Werbeeinnahmen rund 2 Millionen Euro ein. Quelle: dapd
Mercedes-Benz und NikeMario Götze verdient mit seinen Deal rund 2,5 Millionen Euro, er macht dabei unter anderem Werbung für Mercedes-Benz und Nike. Nach seinem Wechsel-Skandal trägt der Ex-BVBler, der zukünftiger bei Bayern spielen wird, im Spot für den Stuttgarter Autobauer vorsichtshalber ein Trikot, das die Gemüter nicht so erhitzt - das der Nationalmannschaft. Quelle: dapd
Müllermilch, Bifi und ReweEs „müllert“ überall. Thomas Müller (links im Bild) hat schon so einige gewinnbringende Werbedeals an Land gezogen. Mit Werbeeinnahmen von rund 2,5 Millionen Euro gehört der Bayern-Stürmer Thomas Müller zu den gut verdienenden deutschen Spitzensportlern in der Werbung. Quelle: AP

Vor drei Jahren kündigten Sie an, dass BBDO in der Rangliste der kreativsten deutschen Agenturen unter die Top Drei kommen soll, heute stehen Sie tatsächlich auf Platz eins. Haben Sie Geld in einen Award-Etat gepumpt, um in Kreativ-Wettbewerben zu glänzen?

Nein, im Gegenteil: Wir liegen mit unseren Award-Ausgaben im unteren Drittel dessen, was lokale Agenturen hierzulande für die Teilnahme an Wettbewerben ausgeben. Ausschließlich ungebriefte Award-Ideen für Scheinkunden zu produzieren, vollkommen losgelöst vom Tagesgeschäft, ist nicht marktkonform. Wir haben stattdessen in Köpfe und Talente investiert. So hat die BBDO-Gruppe mit Wolfgang Schneider seit 2011 wieder einen gesamtverantwortlichen Kreativchef. Diese Strategie zahlt sich nun aus.

2014 vergeben viele Unternehmen ihre Werbeetats neu. Haben Sie Vorgaben aus der Zentrale in New York, wie viel Neugeschäft Sie an Land ziehen müssen?

Dazu brauchen wir keine Vorgaben, das ist für uns wie beim Fußball: Wenn wir antreten, wollen wir gewinnen. Bislang sind wir gut unterwegs: Keine andere Agentur hat in den vergangenen drei Jahren so viel Neugeschäft gewonnen wie wir. Vor zwei Wochen etwa haben wir den ARAG-Etat geholt – gegen starke Konkurrenz.

Der Gesamtverband der Werbeagenturen rechnet für 2014 mit einem Umsatzwachstum im Agenturgeschäft von 7,4 Prozent – wären Sie damit zufrieden?

Nein, das wäre ich nicht, denn unser Anspruch als Marktführer ist es, über dem Durchschnitt zu wachsen. Bis jetzt haben wir das auch geschafft. Wir haben den Umsatz und Gewinn in der Gruppe seit 2010 kontinuierlich gesteigert.

Dann müssten Sie die 500-Millionen-Umsatz-Schwelle bald erreicht haben?

Dazu möchte ich nichts sagen, weil unsere Konzernmutter in New York an der Börse notiert ist. Wir sind allerdings auf einem sehr guten Weg und profitieren davon, dass auch potenzielle Kunden BBDO wieder als erstklassige Kreativagentur wahrnehmen. Es gibt kaum einen großen Pitch, zu dem wir nicht eingeladen sind.

"Umparken im Kopf" - Wenn Firmen neugierig machen wollen
„Umparken im Kopf“Die Welt ist voller Missverständnisse – das greift die Werbekampagne „Umparken im Kopf“ auf ihren zahlreichen Plakaten in deutschen Innenstädten auf: „Aus Sicht der Physiker kann die Hummel unmöglich fliegen – Der Hummel ist das egal“ heißt es auf dem einen Plakat, auf dem anderen  „68 Prozent der Männer halten rothaarige Frauen für  feuriger – 90 Prozent davon haben noch nie eine kennen gelernt.“ Die dazugehörige Internetseite zeigt Videos von Prominenten, die sich über Vorurteile aufregen. Das werbende Unternehmen dahinter kommt nicht zum Vorschein. Dabei handelt es sich um eine sogenannte „Teaser“—Kampagne, die Neugier wecken will. In solchen Fällen folgt meist eine Auflösungs-Kampagne, die klar stellt wer oder was dahinter steckt. Hierbei soll es der angeschlagene Autobauer Opel sein, der dies jedoch nicht bestätigt. Werbeexperte Ronald Focken sieht darin einen Versuch, Opel von seinem staubigen Image zu befreien: „Opel hat seit seiner Neuaufstellung gute Kampagnen gemacht, aber konnte mit den herkömmlichen Werbemechanismen nicht von den alten Vorurteilen loskommen“, sagt der Geschäftsführer der Münchner Werbeagentur Serviceplan, die nicht in der Opel-Kampagne involviert ist. Solche Neugier weckenden Kampagnen lohnen sich immer dann, wenn es darum geht, eine alte Marke neu zu entdecken, oder neue Marken vorzustellen. Dies zeigen folgende Beispiele. Quelle: Screenshot
Ich bin ON Quelle: imago/Enters
Don't be a Maybe Quelle: imago / steinach
Daewoo und DuSchon 1995 bediente sich der südkoreanische Autohersteller Daewoo einer Teaser-Kampagne, um sich den deutschen Kunden vorzustellen. Die damals unbekannte Automarke bewarb sich, indem rote Lippen vor weißem Hintergrund eingängig „Daewoo! Daewoo und Du! Daewoo und Du, eine Freundschaft beginnt!“ sangen. Die Stimme dahinter kam von Popstar Jennifer Rush. Daraufhin wurde der Text eingeblendet: „Wenn Sie wissen wollen, wer oder was sich hinter Daewoo verbirgt, rufen Sie bis zum 27.02.1995 an und gewinnen Sie eine Reise nach Fernost.“ Auch hier sollte die Neugier wieder für eine ganze Marke geweckt werden, erklärt Ronald Focken von der Werbeagentur Serviceplan. „Wegen ihrer hohen Kosten gibt es Teaser-Kampagnen meist nie für einzelne Produkte, sondern immer für ganze Markenauftritte.“ Grundsätzlich gehen solche Kampagnen zurück – vor allem sind sie nicht mehr in dem großen Ausmaß zu finden, wie bei E.On 2002. Opel ist aktuell etwa mit weniger Plakaten vertreten und setzt stattdessen stärker aufs Internet.  „Marketingchefs haben heutzutage gar nicht mehr das Budget, in eine Kampagne mit so vielen Plakaten und Printanzeigen zu investieren, die letztlich nur Neugier schaffen soll.“ Quelle: Screenshot

Liegt das nicht eher daran, dass immer mehr Werbekunden ihre Etats auf Großagenturen konzentrieren?

Ja, das wirkt sich positiv für uns aus. Alles andere wäre aber auch am Markt vorbeigedacht. In der globalisierten und digitalisierten Produkt- und Marketingwelt findet eine Konzentration auf die großen Agenturzentralen statt. Natürlich haben auch lokale Agenturen ihre Berechtigung. Und das ist auch gut so. Aber bei weltweiten Etats – wie dem von ITG – bleiben lokale deutsche Agenturen meist außen vor.

Warum?

Weil sie nicht die internationale Expertise haben, weil ihnen das globale Netzwerk fehlt und weil sie nicht so breit aufgestellt sind, um das gefragte Leistungsspektrum zu bieten. Kommunikation lässt sich nicht mehr auf Landesgrenzen oder einzelne Kanäle beschränken. Wir leben in einem Verdrängungswettbewerb, und der wird härter. Budgets werden gebündelt und wachsen nur noch bedingt. Gleichzeitig müssen Agenturen in der Lage sein, viel mehr Kanäle zu bespielen. Früher gab es praktisch nur TV, Funk, Print und Plakat. Heute liegt der Anteil dieser klassischen Medien bei großen, internationalen Etats oft nur noch bei 30 bis 40 Prozent. Das Gros fließt in digitale und dialogische Maßnahmen.

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