Köche dringend gesucht Verband der Köche befürchtet Restaurant-Sterben

Immer weniger Deutsche wollen Koch werden. Und selbst wer die Ausbildung anfängt, bricht sie häufig wieder ab. Andreas Becker, der Präsident des deutschen Kochverbands, befürchtet nun ein Ende vieler Restaurants.

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Was in deutschen Restaurantküchen passiert, trifft nicht jedermanns Geschmack. Der Nachwuchs hat das Interesse am Kochberuf verloren. Quelle: dpa

Zumindest der Brei dürfte bald immer gelingen. Zu viele Köche, die ihn laut Sprichwort verderben könnten, wird es in Zukunft wohl nicht mehr geben. In den vergangenen Jahren hat sich die Zahl der Azubis fast halbiert. Begannen 2006 noch 17.974 Menschen eine Ausbildung zum Koch, waren es 2013 lediglich 9.750. „Das ist eine Katastrophe“, sagt Andreas Becker, Präsident des Verbands der Köche Deutschlands (VKD) gegenüber der WirtschaftsWoche Online.

Die Auswirkungen des Nachwuchsmangels könnten Restaurantbesucher schon bald spüren. Wenn der Trend anhält, werden in den kommenden Jahren viele Restaurants schließen, glaubt der Köche-Präsident.  

Lücken im Personal müssten bald mit unerfahrenen und nicht ausgebildeten Kräften geschlossen werden. Für die Qualität des Essens sei die Entwicklung katastrophal. „Die Gäste bekommen dann nur noch Einheitsbrei“, so Becker. „Wenn es keine Fachkräfte gibt, wird bald überall das Gleiche gekocht und Essen nur noch aufgewärmt.“

Gewerkschaft kritisiert Ausbildung

Das Nachwuchsproblem der Köche kommt von zwei Seiten. Während die Zahl derjenigen die die Ausbildung anfangen schnell sinkt, ist der Anteil der Abbrecher seit Jahren extrem hoch. Laut den Zahlen des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB) schmeißt fast jeder zweite angehende Koch hin.

„Die Ausbildungszahlen im Gastgewerbe sinken nicht von ungefähr: Die Wirtschaftsverbände und Arbeitgeber haben die Zeichen der Zeit allzu lange nicht erkannt“, sagt Michaela Rosenberger, Vorsitzende der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG). „Junge Menschen können sich heute aussuchen, welche Ausbildung sie machen wollen. Wenn sie aber fürchten müssen - leider immer noch häufig zu Recht - schlechte Ausbildungsbedingungen vorzufinden und nicht ausgebildet zu werden, sondern eher als billige Arbeitskraft genutzt zu werden, wählen sie eben lieber eine andere Ausbildung.“

Die Ausbildung zu Köchin und Koch würde von den Jugendlichen schon fast traditionell als besonders hart und besonders schlecht bezahlt bewertet, so die NGG-Vorsitzende. Zwei Dinge halten den Nachwuchs aus Rosenbergers Sicht vom Koch-Beruf ab: „Die Aussicht auf eine im Vergleich sehr harte Ausbildung mit schlechter Bezahlung und unregelmäßigen Arbeitszeiten und – noch wichtiger -die fehlende beruflichen Perspektive nach der Ausbildung.“

Dass der Job ungemein stressig ist, sagt auch Becker: „Wir arbeiten, wenn andere feiern.“ Überstunden gehören für Köche ohnehin zum Alltag. „Aus 40 Stunden in der Woche werden schnell 50 oder mehr.“ Von Vorurteilen wie einem derben Umgangston am Herd und ausbeuterischen Bedingungen für den Nachwuchs will der Verbandspräsident jedoch nichts wissen. Solche Zustände gebe es schon lange nicht mehr. „In der Küche wird nicht mehr rumgebrüllt. Das können sich die Unternehmen doch heut gar nicht mehr leisten.“

Branche leidet unter Preisdumping

TV-Stars wie Horst Lichter lassen den Kochberuf kinderleicht erscheinen. Doch der Beruf ist in Wahrheit sehr stressig. Quelle: dpa

Becker führt die hohe Abbrecherquote vor allem auf falsche Erwartungen an den Beruf zurück. Statt Glanz und Glamour eines Fernseh-Kochs erwartet die Anfänger eine harte Ausbildung mit viel Theorie.

Trotzdem mahnt Verbandspräsident die Unternehmen dazu, den Nachwuchs bei Laune zu halten. Der Beruf müsse interessant und spannend vermittelt werden. „Klar geht es am Anfang häufig um Hygiene-Vorschriften. Aber die Inhalte kann man auch spannend verpacken“, glaubt der Verbands-Präsident.

Dass der Knochenjob nicht gerade lukrativ ist, macht auch Becker zu schaffen. „Ein ausgebildeter Koch muss doch mehr als 1.200 Euro brutto im Monat verdienen“, fordert er. Derartige Löhne sind in manchen Gastronomiebereichen offenbar üblich. Im Schnitt verdient ein Koch laut einer Umfrage von Lohnspiegel.de und der Hans-Böckler-Stiftung 2047 Euro. Keine ganz rosigen Aussichten.

Die niedrigen Löhne machen sich beim Einstieg deutlich bemerkbar. 672 Euro bekommt ein angehender Koch laut BIBB im Westen Deutschlands monatlich, 557 Euro im Osten. Damit verdient er mehr als Auszubildende in Backstuben und Frisör-Salons, aber deutlich weniger als der Durchschnitt.

Restaurants sparen am Personal

Becker macht dafür das Preisdumping verantwortlich, das in der Branche herrsche: „Muss es ein Schnitzel mit Pommes für fünf Euro geben?“ In anderen europäischen Ländern, wie Frankreich oder Luxemburg, würde für das Essen im Restaurant wesentlich mehr Geld verlangt.  „Die Geiz-ist-geil-Mentalität macht uns kaputt“, sagt der VKD-Mann.

Weil die Preise selbst für Billig-Lebensmittel irgendwann nicht mehr weiter fallen könne, würde einfach massiv am Personal gespart. Das müsse sich ändern. Und wenn schon nicht direkt über das Gehalt, dann müsse der Koch eben anderweitig Wertschätzung erfahren. Becker empfiehlt junge Menschen mit guten Weiterbildungsmaßnahmen oder Sondern-Zuwendungen wie einem Dienstwagen zu locken.

Außerdem hält er eine Spezialisierung des Nachwuchses für sinnvoll. So wie aus dem Automechaniker der Kfz-Mechatroniker mit zusätzlichen Kenntnissen wurde, kann sich Becker nach der Grundausbildung eine vertiefende Ausbildung hin zum Experten für vegane Speise und bestimmten Zubereitungsarten vorstellen. So, das glaubt der Verbandspräsident, würde das Berufsbild wieder modern und attraktiv.

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