Der Alarm wurde um 5.57 Uhr am Donnerstagmorgen ausgelöst, schildert Polizist Andreas Roßkopf von der Gewerkschaft der Polizei (GdP). Klimaaktivisten der „Letzten Generation“ durchschnitten einen Stacheldraht und kletterten über den Zaun zum Düsseldorfer Flughafengelände. Schon fünf Minuten später sei die Bundespolizei auf die sieben Aktivisten getroffen, von denen einige sich jedoch bereits auf der Rollbahn festgeklebt hatten, sagt Roßkopf.
Anschließend herrschte praktisch den ganzen Tag lang Ausnahmezustand am Flughafen Düsseldorf: Ausgerechnet in den nordrhein-westfälischen Sommerferien fielen Flüge aus und starteten oder landeten viele Maschinen mit Verspätung. Viele Reisende in der Check-In-Halle des Flughafens reagierten mit Verärgerung.
Nicht nur in Düsseldorf, auch am Flughafen in Hamburg klebten sich Klimaaktivisten auf dem Rollfeld fest – um für eine bessere Klimapolitik und gegen Subventionen der Luftfahrtindustrie zu protestieren, wie sie sagen. „Das ist ein gefährlicher Eingriff in den Luftverkehr. Das sind keine Kindereien, sondern schwere Straftaten“, sagt dagegen Polizeigewerkschafter Roßkopf, der Vorsitzender der GdP-Sparte Bundespolizei und Zoll ist.
Er fordert deswegen, deutsche Flughafengelände mit besserer Sicherheitstechnik zu überwachen. „Wir fordern modernste Überwachungstechnik mit einheitlichen Standards an allen Flughäfen“, sagt Roßkopf. Er schlägt vor, die Absperrungen sämtlicher bedeutender Airports mit Bewegungssensoren auszurüsten, Kameraüberwachung zu verstärken und den Einsatz von Drohnen zu prüfen.
Bislang ist die Sicherheitsausstattung großer deutscher Flughäfen offenbar auf unterschiedlichem Niveau: In Düsseldorf hätten die Aktivisten der „Letzten Generation“ beim Zerschneiden des Stacheldrahts einen Alarm ausgelöst, sagt Roßkopf. Die Bundespolizei sei dort deshalb vergleichsweise schnell am Ort des Protests gewesen. In Hamburg dagegen sei kein automatischer Alarm ausgelöst worden. Dort führte die Protestaktion zu größeren Behinderungen des Flugverkehrs als in Düsseldorf.
Eine Sprecherin des Flughafens Hamburg ließ unbeantwortet, ob der Airport über Bewegungssensoren an seinen Zäunen verfügt. Kameraüberwachung ergänze „an Fokuspunkten“ die Bestreifung durch Sicherheitskräfte, sagte sie. „Unsere Prozesse und Alarmsysteme haben gut funktioniert.“ Ein Sprecher der Bundespolizei machte keine Angaben zur Sicherheitstechnik am Flughafen Hamburg.
Die „Letzte Generation“ informierte nach eigenen Angaben die Behörden, sobald die Aktivisten das Gelände betreten hatten. In einem Video auf Twitter verkündet eine Person der Gruppe, die sich auf dem Gelände des Airports in Düsseldorf festgeklebt hatte: „Wir können nicht länger zusehen, wie unsere Erde brennt und die Bundesregierung jeden Tag mit ihrem fossilen Wahnsinn weiter Öl ins Feuer gießt.“ Ein Sprecher der Gruppe rechtfertigt den Protest unter anderem mit dem Hinweis, dass die vergangene Juli-Woche die heißeste seit Beginn der Aufzeichnung ist.
✈️ Rollbahnen der Flughäfen Düsseldorf und Hamburg seit 6 Uhr blockiert!
— Letzte Generation (@AufstandLastGen) July 13, 2023
👩⚖️ Wir protestieren gegen die Planlosigkeit und den Gesetzesbruch der Regierung in der Klimakrise. pic.twitter.com/9VUqyVitjI
„Ich verstehe die Verzweiflung, aber ich verstehe nicht, wozu sie treibt“, sagt GdP-Vorsitzender Roßkopf. Er fordert harte Strafen.
Keine hundertprozentige Sicherheit
Ein Sprecher des Flughafens Berlin-Brandenburg (BER), wo die „Letzte Generation“ bereits im November vergangenen Jahres die Rollbahn blockiert hatte, sagt, es werde nie eine vollständige Sicherheitsgarantie für derart große Flächen wie Flugfelder geben. Das sieht auch Polizeigewerkschafter Roßkopf so. Der teilweise 30 bis 40 kilometerlange Zaun sei das „Nadelöhr“, das am schwierigsten zu überwachen sei. „Wir haben unsere Zäune bereits mit Sensortechnik ausgestattet und ein engmaschiges Netz an Sicherheitskameras“, erläutert der Sprecher des BER. So sei es gelungen, die Aktivisten im November frühzeitig zu stoppen. Eine noch größere Sicherheit könne man nur mit Maßnahmen erlangen, „die nichts mehr mit deutscher Rechtsstaatlichkeit zu tun hätten“.
„Zum Glück waren es nur Klimaaktivisten und keine Terroristen, aber sie haben unter Beweis gestellt, wie einfach es ist, das Sicherheitskonzept zu umgehen“, sagt Michael Garvens, ehemaliger Chef des Flughafens Köln-Bonn und heutiger Berater in der Luftfahrtbranche. „In Deutschland geben wir nach meiner Schätzung jährlich 200 bis 300 Millionen Euro für die täglichen Sicherheitskontrollen des eigenen Flughafenpersonals aus. Das ist völlig überdimensioniert. Dort könnten wir Aufwand und finanzielle Mittel einsparen, um diese an anderer Stelle zu verwenden.“ Eine solche Stelle könnten die Zäune der Flughäfen sein.
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