Lufthansa unter Druck Golf-Linien gefährden die Zukunft der Frachtsparte

Die Golf-Linien Emirates, Etihad und Qatar setzen auch dem Frachtgeschäft der europäischen Airlines zu. Bei der Lufthansa Cargo, dem letzten großen Spieler auf dem Kontinent, kämpft Chef Peter Gerber um die Zukunft der Frachtlinie.

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Lufthansa Cargo kämpft um die Zukunft Quelle: dpa Picture-Alliance

Von den führenden Lufthansa-Managern könnte sich Peter Gerber noch am ehesten zurücklehnen. In seinem ersten Jahr als Chef des Cargo genannten Frachtgeschäfts meldete er für 2014 und das erste Quartal 2015 steigende Gewinne.

Tatsächlich aber hat der 51-Jährige den wohl kniffligsten Job in der Lufthansa-Führung, der auch seine Erfahrung als Schach-Profi auf Bundesliganiveau fordert. Der rotblonde Hesse muss seine Strategie ständig nach unerwarteten Zügen der Gegner anpassen. Das gilt nicht zuletzt auch für die eigene Muttergesellschaft, die Gerber etwa über einen Investitionsstopp seine wichtigsten Spielfiguren vom Brett genommen hat.

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Anders als das Passagiergeschäft kämpft die Flug-Logistik der Lufthansa (LH) trotz aktueller Erfolge um nicht weniger als ihre Zukunft. „Die Luftfracht ist ein undankbares Geschäft und extrem abhängig von der Konjunktur“, sagt Unternehmensberater Richard Vahrenkamp, der auch als Professor an der Universität Kassel über die Branche forschte. „Die Konkurrenz ist stärker, die Erträge kleiner und die Wachstumsaussichten sind schlechter als bei der Passage“, sagt Rene Steinhaus, Branchenspezialist der Beratung A.T. Kearney mit Sitz in Berlin.

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Für Druck sorgen wie im Passagierverkehr die LH-intern „GoBo“ abgekürzten Golf-Bosporus-Linien wie Emirates, Etihad, Qatar Airways und  Turkish Airlines. Sie haben mit bald 60 reinen Frachtfliegern nicht nur mehr als alle europäischen Airlines zu ihren besten Zeiten zusammen.

Auch ihre fast 800 Passagierjets – weitere 500 sind bestellt – sind in der Regel größer als die der europäischen Airlines und bieten damit massig Platz für Paletten. Platz, den sie dank niedriger Kosten billiger anbieten als LH und Co.

Und weil ihre Flughäfen rund um die Uhr offen sind, liefern sie eilige Ware trotz Zwischenstopps am Golf fast genauso schnell von Europa nach Asien wie die Lufthansa, deren Frachter wegen der Nachtflugverbote nicht nach dem Ende der Spätschicht in den Fabriken starten können. „Hieß es früher am Airport: ,Die Nacht gehört der Fracht‘, gilt jetzt: ,Die Nacht sinkt über die Fracht‘“, übt sich ein Lufthanseat in Galgenhumor.

Welche Chancen Lufthansa Cargo noch hat

Die meisten europäischen Frachtlinien haben gegenüber den Konkurrenten aus dem Nahen Osten kapituliert und ihre Lastenflieger verkauft. Sie füllen nur noch den Bauch ihrer Passagiermaschinen mit Paletten.

Was Piloten bei Lufthansa, Condor & Co. verdienen
Pilot müsste man sein: Die ganze Welt sehen und dafür noch ordentlich Geld bekommen. Doch Pilot ist nicht gleich Pilot. Zwischen den einzelnen Fluggesellschaften gibt es ein deutliches Preisgefälle. Laut Pilotenvereinigung Cockpit bekommt ein Erster Offizier oder Kopilot anfangs ein Monatsgehalt zwischen 1500 Euro und 5000 Euro brutto. „Ein Kapitän – das wird man nach etwa 3 bis 20 Jahren als Erster Offizier – erhält je nach Luftverkehrsgesellschaft ein Anfangsgehalt zwischen 3000 Euro und 10.000 Euro“, so die Gewerkschaft. Quelle: dpa, Handelsblatt, Unternehmen Quelle: dpa
RyanairDie Piloten des irischen Billigfliegers gehören im Vergleich eher zu den Niedrigverdienern der Branche. 25.000 Euro bezahlt Ryanair seinen Kopiloten zu Beginn. Flugkapitäne ab dem 12. Berufsjahr erhalten anfangs 53.000 Euro. Ihr Maximalgehalt beläuft sich auf 85.000 Euro. Quelle: dpa
Air BerlinDie zweitgrößte deutsche Fluggesellschaft zahlt seinen Kopiloten zum Einstieg 45.000 Euro. Piloten bekommen bei Air Berlin zu Beginn 80.000 und in der Spitze bis zu 115.000 Euro. Quelle: dpa
Condor5050 Euro bekommt ein Condor-Kopilot zum Einstieg im Monat. Das macht eine jährliche Gesamtvergütung von 60.600 Euro. Ein Kapitän verdient zunächst 8700 Euro im Monat beziehungsweise 104.400 Euro im Jahr. In der Spitze kann sein Gehalt auf 135.600 Euro klettern. Quelle: dpa
British AirwaysDas Einstiegsgehalt der BA-Co-Piloten liegt bei 61.000 Euro. Piloten ab dem 12. Berufsjahr erhalten zunächst 77.000 Euro im Jahr. Im Laufe der Zeit kann ihr Gehalt auf bis zu 181.000 Euro steigen. Quelle: REUTERS
LufthansaLufthansa-Kapitäne gehören zu den Bestverdienern und können in der Spitze ein Jahresgehalt von bis zu 255.000 Euro bekommen – Zulagen inklusive. Schon zum Einstieg verdient ein Erster Offizier / Kopilot rund 55.500 Euro, mit Zulagen bis zu 73.000 Euro. Das Einstiegsgehalt eines Flugkapitäns ab dem 12. Berufsjahr beträgt 120.000 Euro. Quelle: dpa

Die Lufthansa hingegen genießt einen guten Ruf, besonders beim Transport empfindlicher Güter, die keine Erschütterungen oder Temperaturschwankungen vertragen. Aber auch die Kranich-Linie prüft mittlerweile, einen Teil der Frachter abzustoßen.

Helfen würde das nur kurzfristig. Zwar ist der Transport von Ladung im Bauch der Passagiermaschinen billiger als in Lastenjets. „Doch mit eigenen Frachtern kann man auch Gefahrgüter transportieren, die an Bord von Passagierflugzeugen verboten sind“, sagt Cargo-Chef Gerber.

Dazu zählen Chemikalien oder Lithium-Akkus, die sich selbst entzünden könnten. Als umfassender Premiumanbieter kann Lufthansas Frachtsparte auch für Massenware höhere Preise erzielen, laut einer Schätzung aus Aufsichtsratskreisen bis zu 100 Millionen Euro im Jahr bei einem Cargo-Gesamtumsatz von gut 2,4 Milliarden Euro. Denn vielen deutschen Exportunternehmen ist die lufthanseatische Zuverlässigkeit einen Aufpreis wert.

Um den Vorteil trotz zunehmender Konkurrenz zu erhalten, will Gerber auf mehr Qualität setzen: „Wir sind in einem harten Wettbewerb und müssen handeln“, sagt er. Doch Gegenmaßnahmen, die schnellere Lieferung und niedrigere Kosten bringen sollen, haben in der Praxis ihre Tücken. So sollte die Zusammenarbeit mit All Nippon aus Japan dank abgestimmter Abfertigung für schnellere Lieferungen sorgen. Doch der Verbund wickelte in den ersten sechs Monaten nur 750 Sendungen ab.

Und auf das geplante neue Frachtzentrum in Frankfurt muss Gerber noch zwei Jahre warten. Eigentlich sollte der Bau in diesem Jahr starten, doch nun braucht die Passagiersparte das Geld für neue Jets.

Die Verzögerung dürfte ihn ärgern. Denn nur wenn er bei der Fracht Erfolg hat, hat Gerber eine Chance, in den Konzernvorstand aufzusteigen. Das gelang bisher immerhin dreien seiner vier Vorgänger.

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