WiWo Online: Herr Claßen, trinken Sie heimlich fertiges Sprudelwasser?
Torsten Claßen: Weder heimlich noch offiziell – zumindest nicht zu Hause. Dort trinke ich selbstverständlich gesprudeltes Leitungswasser. Da bin ich mit meiner Familie in bester Gesellschaft: Mit umgerechnet 300 Millionen Litern wird laut Gfk Panel mehr Sodastream-Sprudel als Flaschen-Mineralwasser in deutschen Haushalten getrunken. Wir sind damit Deutschlands größtes Markenwasser im In-Home-Bereich.
Das zeigen anscheinend auch die Geschäftszahlen aus dem dritten Quartal. Sowohl bei den Sprudlern als auch auch bei den Folgeprodukten wie Kohlensäurefüllungen und Sirups verzeichnen Sie ein Umsatzplus von mindestens 30 Prozent. Können Sie auch etwas zu den absoluten Zahlen sagen?
Wir sind im dritten Quartal wieder sehr erfolgreich und setzen damit unsere positive Geschäftsentwicklung der letzten Jahre fort. Das gute Ergebnis wird einzig durch negative Wechselkursentwicklungen und Kostensteigerungen getrübt, so dass wir auch an Preiserhöhungen leider nicht vorbeikommen. Absolute Zahlen kann ich leider nicht nennen.
Das heißt, Sie haben ein Umsatzplus, weil Sie die Preise erhöht haben?
Nein, das kann man so nicht sagen. Der Preis ist nicht der Treiber, sondern das massive Volumenwachstum, welches wir in den vergangenen Jahren hingelegt haben. Den Absatz unseres Glas-Wassersprudlers Crystal haben wir seit 2011 vervierzehnfacht und den gesamten Sprudlerabsatz mehr als verfünffacht. Da steht also schon ein tatsächliches Mengenplus dahinter und kein preisgetriebenes Umsatzplus.
Wie viele Menschen nutzen Sodastream?
Weltweit sind es in der Summe sieben Millionen Haushalte. Damit werden ungefähr 1,5 Milliarden Liter Trinkwasser erzeugt. In Deutschland haben im ersten Halbjahr 15 Prozent mehr Haushalte einen Sprudler benutzt, so dass es momentan 1,6 Millionen Haushalte in Deutschland sind. Da ist natürlich noch extrem viel Potenzial, das wir erschließen wollen.
Wie sieht der typische Sodastream-Kunde aus?
Das ist durch die Bank weg die gesamte Bevölkerung. Es fängt an beim Studenten, der nicht mehr die Kisten in seine WG schleppen möchte, über Familien bis hin zu Senioren. Wir haben eine breite Verteilung in der Gesellschaft durch alle Altersklassen.
"Unsere Kunden wollen keine Kisten schleppen"
Aber besonders preisbewusst können Ihre Kunden nicht sein: Wasser aus dem Discounter ist zu Spottpreisen zu haben. Geht Sodastream nicht auch günstiger?
Wir sind bei 13 Cent je Liter und belegen aktuell den Preiseinstiegspreispunkt. Der Hauptgrund für das Nutzen von Sodastream ist aber, dass die Kunden keine Kisten schleppen müssen. Der Preis ist da eher nebensächlich.
Die Gaszylinder muss sich der Kunde zusätzlich besorgen und wieder zurückbringen. Wäre ein Abo mit Lieferservice nicht eine Idee, um Kunden zu binden?
Von einem Abosystem halten wir aktuell nichts, weil es die Verbraucher zu etwas verpflichtet und bindet. Das mögen die Deutschen in der Regel nicht. Das schließt aber einen künftigen Online-Tausch nicht aus. Dieser ist jedoch recht komplex in der Abwicklung.
Was meinen Sie genau mit Online-Tausch?
Aktuell es ist es ja so, dass man mit einem leeren Zylinder in den Markt geht und dort einen vollen Zylinder zum Preis der Füllung bekommt. Dieses Prinzip könnte man auch online abbilden: mit etablierten Shops oder einem eigenen. Der Kunde bestellt online den Zylinder und der Zusteller nimmt bei der Auslieferung den leeren Zylinder wieder mit. Das muss dann ein 1:1-Tausch sein und der Kunde müsste zu Hause sein, was die ganze Sache natürlich erschwert. E-Commerce ist möglicherweise ein Thema für die Zukunft.
Bislang ist Sodastream ein Monopolist auf dem Markt für Wassersprudler in Deutschland. Machen Sie sich Sorgen, dass der gerade in den USA auf den Markt gebrachte Keurig Kold Drinkmaker Ihnen hierzulande Konkurrenz macht?
Ganz im Gegenteil. Wir sind froh über jede Konkurrenz. Trinkwasser zu Hause aufzubereiten ist die Zukunft. Das Konzept von Keurig sehen wir eher skeptisch. Am Ende ist es das Preis-Leistungsverhältnis, das nicht überzeugen kann. Das zeigen die ersten Kundenrezensionen in den USA.
Normalerweise macht die Konkurrenz die eigenen Preise kaputt. Wie kann man sich dann über Mitbewerber freuen?
Als Marktführer sehen wir uns gut aufgestellt. Momentan sind wir die Einzigen, die die Branche mit großen Investments nach vorne treiben. Das kann man sicherlich auf mehrere Schultern verteilen. Dann ändert sich das Spiel. Es gewinnt der, der den besseren und schöneren Sprudler hat, das bessere Marketing. Das macht es interessant und spannend. Wettbewerb macht uns nur noch besser. Konkurrenz belebt das Geschäft.
Haben Sie als Markführer noch Zukunftsvisionen?
Unsere Vision ist, die Menschen vom Schleppen zu befreien und die Erde vom Plastikmüll – oder zumindest einen Beitrag dazu zu leisten. Sprudler soll es wie Toaster in jeder guten deutschen Küche geben. Wir sehen gute Voraussetzungen dafür, dass es in den nächsten Jahren in jedem fünften Haushalt einen Sprudler gibt.